Windrad-Pläne für die Brandheide stoßen auf Kritik Bürger sorgen sich nicht nur um die Tiere

Windrad-Pläne stoßen auf Kritik: Bürger sorgen sich nicht nur um Tiere
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Die Planungen sind zwar schon weit gediehen, doch der formale Prozess steht erst am Anfang. Nach einer fast dreistündigen Bürgerinfo-Veranstaltung in der Gesamtschule Suderwich am Montag (22.4.) war klar: Das weitere Verfahren wird nicht widerstandslos über die Bühne gehen.

Rund 100 Menschen waren in die Aula gekommen – und die, die ihre Stimme erhoben, waren fast ausnahmslos Skeptiker, Kritiker oder gar erklärte Gegner der Idee der Emschergenossenschaftstochter Betrem und den Stadtwerken Recklinghausen, im südlichen Teil der Brandheide zwei jeweils 261 Meter hohe Windenergieanlagen zu errichten.

Der auf rund 50 Minuten angesetzte Info-Block, in dem Vertreter der potenziellen Windrad-Betreiber sowie von Stadt Recklinghausen und „NRW.Energy4Climate“, einer landeseigenen GmbH für Energie und Klimaschutz, über Windenergie im Allgemeinen und im Speziellen in der Brandheide sprachen, dauerte am Ende gut eineinhalb Stunden, immer wieder unterbrochen von ohrenbetäubendem Lärm aus der störanfälligen Lautsprecheranlage. Erst dann bekamen die Bürgerinnen und Bürger Gelegenheit, ihre Fragen und Bedenken vorzubringen.

Luftaufnahme samt Planskizze der geplanten Windräder in der Brandheide in Recklinghausen
Dieser Plan zeigt, wo genau in der Brandheide zwei Windenergieanlagen entstehen sollen. Zur Orientierung: Oben mittig ist der Erlenweg zu erkennen, die Emscher windet sich in dieser Ansicht als graues Band südlich des Waldgebietes entlang, am oberen rechten Bildrand befindet sich das inzwischen fertiggestellte Emscherland. © Kathrin Grochowski

Angst vor brennenden Rotorblättern

Und Wortmeldungen gab es einige. Gabi Halfar etwa brachte gleich einen ganzen Fragenkatalog vor – es ging um Fragen der Anlieferung der Windrad-Elemente, aber auch um Sicherheitsaspekte. Sie erinnerte an brennende Rotorblätter in Holland und den Einsturz eines Windrades in Haltern. Gleich mehrere Bürgerinnen und Bürger zielten auf die mögliche Gefährdung der Tierwelt im Naherholungsgebiet Brandheide und an der frisch renaturierten Emscher samt Erlebnispark ab: Brütende Kiebitze wurden ebenso angeführt wie durchziehende Störche und Uhus, die im Waldstück gesichtet worden sein sollen. Ralf Simon, der nicht nur Vorsitzender der SPD Suderwich ist, sondern auch passionierter Taubenvater, brachte seine Sorge um seine Brieftauben zum Ausdruck.

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Kritik gab es auch an den geplanten Dimensionen der Windräder, aber auch am vorgesehenen Standort: Warum könnten solche Anlagen nicht beispielsweise auf dem ehemaligen Blumenthal-Areal entstehen? Michael Brunsiek, städtischer Fachbereichsleiter für Stadtplanung, erklärte dies mit der (zu dicht) angrenzenden Wohnbebauung. Und er betonte, dass Photovoltaik-Anlagen mit ähnlichem Ertrag ein Vielfaches an Platz benötigten. Den stärksten Applaus des Abends erntete aber eine Bürgerin mit einer eindeutigen Frage: „Wie können wir das verhindern?“

Luftaufnahme der überfluteten Brandheide in Recklinghausen zum Jahreswechsel 2023/2024
Aus der Luft betrachtet: Auf aktuell landwirtschaftlich genutzten Flächen in der Brandheide – diese standen zum Zeitpunkt der Aufnahme zum Jahreswechsel 2023/24 nach Dauerregen unter Wasser – sollen zwei Windräder gebaut werden. © Jörg Gutzeit (Archiv)

Dagmar Dörtelmann, Geschäftsführerin der Betrem GmbH, die eines der Windräder betreiben will, nahm die Einwände der Menschen zur Kenntnis, beteuerte aber, „dass wir das Vorhaben sicher und umweltgerecht umsetzen wollen“. Zudem verwies sie auf die „kommunale Wertschöpfung“ – neben Castrop-Rauxel, das ebenfalls im Einzugsbereich liege, würde Recklinghausen auch finanziell von der Anlage profitieren.

Maßnahme im Bemühen um weniger CO₂

Der Erste Beigeordnete Ekkehard Grunwald, nach dem Weggang von Norbert Höving und bis zum Dienstantritt der neuen Beigeordneten Christina Kutschaty Anfang Mai auch amtierender Stadtbaurat, machte deutlich, dass der Rat der Stadt dem Verfahren zur Änderung des Flächennutzungsplanes hinsichtlich des Windanlagenbaus bereits „mit großer, großer Mehrheit“ zugestimmt habe.

Stadtplaner Brunsiek unterstrich das „überragende öffentliche Interesse“ an erneuerbaren Energien, erklärte aber zugleich, „dass wir in Recklinghausen keine großen Möglichkeiten haben“. Mit Blick auf den Klimawandel und die Bemühungen um weniger CO₂-Ausstoß seien neue Windräder notwendig und politisch gewollt. Dass neue Anlagen entstehen, sei sicher – aber noch könne die Stadt Recklinghausen das Wo und Wie selbst beeinflussen.

Bis zum 31. Mai haben die Menschen noch die Möglichkeit, im Rahmen der frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung die Pläne im Foyer des Technischen Rathauses, Westring 51, oder online über die Internet-Seite der Stadt Recklinghausen einzusehen und Stellungnahmen zu dem Vorhaben abzugeben.