Wichtige medizinische Untersuchungen nicht möglich Lieferengpässe in ungekanntem Ausmaß

Wichtige medizinische Untersuchungen teilweise nicht möglich
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Schilddrüsenerkrankungen, eine verringerte Herzmuskeldurchblutung, Tumorerkrankungen im Skelett, der Brust oder Prostata – Mediziner ordnen in diesen Fällen spezielle Untersuchungen an. Seit einigen Wochen sind diese Untersuchungen aber nicht immer durchführbar. Der Grund: Lieferengpässe.

Wie die Fachärztin für Nuklearmedizin und Radiologie Dr. Sonja Liebeskind vom Medizinischen Versorgungszentrum Prof. Uhlenbrock (MVZ) erklärt, informierte der Berufsverband BDN Anfang November über Lieferengpässe von Radionukliden.

Radionuklide brauchen die Mediziner, um Stoffwechselprozesse im Körper erkennen zu können. Die schwach radioaktiv markierte Substanz wird dem Patienten injiziert. Die ausgelöste Strahlung wird dann in einem diagnostischen Bild, dem Szintigramm, sichtbar. Auf diese Weise lassen sich zum Beispiel Tumore erkennen oder die Durchblutung im Herzen messen.

Mehrere Reaktoren außer Betrieb

Die radioaktiven Substanzen für die unterschiedlichen Untersuchungen haben kurze Halbwertszeiten, das heißt, sie zerfallen innerhalb weniger Stunden und strahlen nicht lange. Die Vorstufe dieser Zerfallsprodukte wird an nur wenigen Standorten weltweit hergestellt. Und da liegt das Problem.

Dr. Sonja Liebeskind: „Es ist nicht nur ein Reaktor ausgefallen“. In der belgischen Stadt Mol ist der Reaktor wegen technischer Probleme nicht im Einsatz. Wegen Wartungsarbeiten seien zusätzlich die übrigen europäischen Reaktoren in Tschechien, Polen und den Niederlanden außer Betrieb, wie der BDN-Vorsitzende Detlef Moka mitteilte.

Dr. Sonja Liebeskind ist Fachärztin für Nuklearmedizin und Radiologie am MVZ Prof. Uhlenbrock in Dortmund und Castrop-Rauxel.
Dr. Sonja Liebeskind ist Fachärztin für Nuklearmedizin und Radiologie am MVZ Prof. Uhlenbrock in Dortmund und Castrop-Rauxel. © MVZ Prof. Dr. Uhlenbrock und Partner

„In dem Ausmaß nicht erlebt“

„Manche Untersuchungen mussten wir leider absagen“, sagt die Radiologin. Für Patienten in Castrop-Rauxel und Dortmund bedeutet das vor allem eines: warten. Teilweise konnte man den Patienten nur sehr kurzfristig absagen, so Sonja Liebeskind. „Sie haben das ein, zwei Tage vorher erfahren.“

Am Standort Phoenix See habe man ein Viertel der geplanten Untersuchungen mit Radionukliden absagen müssen, schätzt die Medizinerin. Am Standort Kampstraße habe man zwischenzeitlich keine „Aktivitäten“ gehabt, damit sind die radioaktiven Substanzen gemeint. In Castrop-Rauxel mussten ebenfalls einige Patienten eine Absage hinnehmen. Vor allem bei Untersuchungen der Schilddrüse habe man Termine abgesagt, beziehungsweise verschoben.

„In dem Ausmaß habe ich das bislang nicht erlebt“, sagt die Radiologin. Dank der vielen Standorte des MVZ könne man manche Patienten aber auch woanders untersuchen. Notfalluntersuchungen seien so immer möglich.

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