Karsten Rybiak hat zweifellos ein gewisses schauspielerisches Talent. Der 47-Jährige mimt in gleich mehreren Videos den Kapitän des Museumsschiffs „Franz-Christian“. Und in einem davon „tue ich so, als ob ich über ein Tau stolpern würde“, erzählt der Dattelner - und fügt grinsend hinzu: „Wie Lee Majors.“ Also wie der US-amerikanische Schauspieler, der einst den Stuntman Colt Seavers in „Ein Colt für alle Fälle“ verkörperte. „Wir wollen damit zeigen, wie wichtig es ist, dass auf einem Schiff ordentlich aufgeräumt wird“, erzählt „Kapitän Karsten“ weiter. „Und wie man so ein Tau praktisch ‚aufschießt‘, also aufrollt.“ Denn am Ende, so Rybiak, „muss es aussehen wie eine Lakritzschnecke“.

Es gibt einen neuen, inklusiven Mediaguide für das LWL-Museum Schiffshebewerk Henrichenburg. Mit diesem können Besucher das Museumsgelände und die Dauerausstellung erkunden. Der Guide enthält Audioführungen in deutscher und englischer Sprache sowie einen Rundgang mit Videos in Deutscher Gebärdensprache. „Einen Höhepunkt der neuen App stellen sicherlich die Videos in Einfacher Sprache dar“, sagt Sophia Sökeland, die die App maßgeblich mit konzipiert und umgesetzt hat und als wissenschaftliche Volontärin im LWL-Museum arbeitet. Sie erklären „super verständlich und unterhaltsam“ alle möglichen Fakten und Begriffe rund ums Hebewerk - oder auch, wie bestimmte Ausstellungsstücke funktionieren. Die Schauspieler in den Videos sind Klienten der Diakonie im Kirchenkreis Recklinghausen. So wie Karsten Rybiak.
Der Dattelner gehört zu einer Gruppe von Gästebegleitern mit verschiedenen Handicaps aus den Recklinghäuser Werkstätten, die am Schiffshebewerk Henrichenburg seit 2016 Gruppenführungen in leichter Sprache anbieten. „Was ist für einen unwissenden Besucher einfacher zu verstehen?“, fragt Rybiak rhetorisch: „Wenn ich ‚Fahrstuhl für Schiffe‘ sage - oder ihm den Fachausdruck ‚Fünf-Schwimmer-Hebewerk‘ um die Ohren haue?“ Eben.
„Auf die Einfache Tour“
Die Gästeführer um Rybiak hätten das Schiffshebewerk vor einigen Jahren „für sich erobert“, sagt Birgit Holtz von den Recklinghäuser Werkstätten. „Sie haben geschaut, wie alles funktioniert, und das für sich nochmal übersetzt. Und das bedeutet dann auch für viele andere Menschen einen Aha-Effekt.“ Diese Gruppenführungen, die es immer noch gibt, waren gewissermaßen der Vorläufer des App-Angebots „Auf die Einfache Tour“ - und die dort zu findenden Videos sollen jetzt auch die Museumsbesuche von Menschen ohne Handicap bereichern. Zumal sie wirklich Spaß machen. Sicherlich dank der professionellen Regiearbeit eines Theaterpädagogen und der finanziellen Unterstützung der „Aktion Mensch“. Aber eben auch, „weil die Darsteller ganz viele eigene Ideen eingebracht haben“, wie Inga Eifert (Wissenschaftliche Referentin für Bildung und Vermittlung) betont.
Für eine Führung kann man ihn nachts wecken
Karsten Rybiak arbeitet im Förderturm I der Recklinghäuser Werkstätten - und dort beim Scan-Service. Seine große Leidenschaft ist aber das Schiffshebewerk. Um eine Führung zu machen, könne man ihn nachts wecken, sagt der 47-Jährige, der gerne noch viel mehr Besuchern das LWL-Museum nahebringen würde.
In den Videos der App trägt er eine beeindruckende Kapitänsuniform. Die durfte er nach den Dreharbeiten mit nach Hause nehmen: „Eine ganz tolle Ehrenauszeichnung.“ Zum Pressetermin hat der Gästeführer zumindest seine Pfeife mitgebracht. Die darf nie fehlen. Auch in den Videos nicht. Aber für markige Sätze wie „Moin, moin und ahoi ihr lieben Landratten“ nimmt er sie dort natürlich gerne aus dem Mund. Oder wenn er einem „Schiffsjungen“ mal eine klare Ansage machen muss - in ganz einfacher Sprache, versteht sich.
Info: Die App „LWL Museum Schiffshebewerk“ kann über den Play Store von Google oder den App Store von Apple kostenlos aufs eigene Smartphone heruntergeladen und genutzt werden. Noch befindet sie sich in einer Testphase. Anregungen nehmen die Museumsmitarbeiter gerne entgegen.