Dieser Text ist ursprünglich im Sommer 2021 erschienen. Anlässlich des Veganuary, veröffentlichen wir ihn hier noch einmal.
Eigentlich hatte es als ein Experiment in der Fastenzeit begonnen, aber jetzt lebt die Castrop-Rauxelerin Anna Stehmann schon seit drei Jahren vegan. Wenn sie die Bilder aus der Tiersammelstelle in Werne sieht, fühlt sie sich in ihrer Entscheidung bestätigt. Dort hatten Mitarbeiter kranke oder verletzte Tiere geschlagen und gequält. „Wenn ich so was sehe, dann kommen mir die Tränen. Da fehlen mir die Worte.“
Zusammen mit ihrer Mutter hatte die Castroperin angefangen, sich beim Fasten vegan zu ernähren und ist dabei geblieben. Schon seit sie 14 Jahre alt ist, lebt sie durch ihre Mutter vegetarisch, aber lange Zeit hatte sie es nicht übers Herz gebracht, sich auch von Quark oder anderen Milchprodukten zu verabschieden. Die Triathletin hat, bevor sie Veganerin wurde, lange mit einer befreundeten Ärztin gesprochen: „Ich wollte keine Fehler machen und natürlich auch beim Sport keine Nachteile haben.

Sie rät jedem, der mit dem Veganismus liebäugelt, sich vorher gut über die Ernährung zu informieren. Anders als bei Vegetariern, die Fleisch einfach weglassen, müssen sich Veganer besser überlegen, wo sie alle Nährstoffe und Vitamine herbekommen: „Alles, was der menschliche Körper braucht, kann ich aus allen möglichen Nüssen, Hülsenfrüchten oder Gemüse bekommen. Bis auf Vitamin B12 ist alles dabei.“
Besonders wichtig sei es, sich bei verschiedensten Kochbüchern, Blogs oder YouTubern zu informieren. Auf ihrem Weg zur Veganerin sei der Autor Niko Rittenau mit seinem Buch „Vegan-Klischee ade!“ sehr wichtig gewesen. „Ich kann nur immer wieder auf ihn zurückkommen. In dem Buch steht alles drin, was man am Anfang wissen muss.“

Sich nicht entmutigen lassen
Zu Beginn sei eines besonders wichtig: „Ausprobieren, ausprobieren, ausprobieren und sich nicht entmutigen lassen, wenn mal etwas nicht funktioniert.“ Anna Stehmann: „Ich habe das schon oft erlebt, dass Leute sich dann eine Hafermilch kaufen und wenn die nicht schmeckt, heißt es sofort: Vegan schmeckt nicht, aber man muss einfach alles ausprobieren.“
Dabei ernährt sich die 27-Jährige nicht einfach von veganen Ersatzprodukten, sondern hat sich lieber ganz neue Lösungen gesucht: „Die Ersatzprodukte sind in Ordnung, aber es gibt da so viel mehr.“ Einer ihrer liebsten veganen Brotaufstriche besteht nur aus Cashewkernen und Kräutern. 100 Gramm Cashews werden über Nacht in Wasser eingeweicht. Am nächsten Morgen kommen die Cashews aus dem Wasser und werden noch mal abgewaschen, damit kein bitterer Geschmack zurückbleibt. Dann gehen die Kerne mit frischen Kräutern nach Wahl in den Mixer und fertig ist der Brotaufstrich. Anna Stehmann nimmt gerne Petersilie oder Bärlauch. Bei Bedarf kann noch gesalzen werden.

Für die Studentin ist das Leben als Veganerin gesünder als Fleischkonsum: „Die pflanzlichen Eiweiße sind viel besser für unseren Körper. Mir geht es gut. Meine Blutwerte sind super.“ Auch beim Sport fühle sie sich durch die vegane Ernährung leichter und besser im Einklang mit ihrem Körper. Veganerin zu sein hat sie außerdem viel experimentierfreudiger gemacht: „Früher als Kind war ich mit Gemüse total schwierig, aber durch das vegane Essen lernt man das nochmal ganz neu kennen.“
Über das Klischee des Veganers, der sein Umfeld um jeden Preis von Veganismus überzeugen will, kann Anna Stehmann nur müde lächeln: „Ich bin da relativ entspannt. Solange die anderen meinen Standpunkt akzeptieren, ist ja alles gut. Irgendwann kommt die Erleuchtung bei jedem.“ Natürlich sei Ernährung trotzdem oft ein Thema: „Ich werde total viel nach Tipps gefragt. Man merkt oft, dass das Interesse da ist. Das ist der erste Schritt.“
Sie ist der Ansicht, dass viele Menschen bereits irgendwo wüssten, dass Fleischkonsum „falsch“ ist. Anna Stehmann: „Die Leute rechtfertigen sich dann oft vor mir und erzählen, dass sie nur ganz wenig Fleisch essen würden, aber ich habe gar nicht danach gefragt. Es interessiert mich auch nicht.“ Für sie ein Ausdruck schlechten Gewissens. „Viele merken auch gar nicht, wie viel Fleisch sie essen. Da übersieht man dann schnell, dass die Wurst zum Frühstück ja auch schon Fleisch ist.“
Den Vorwurf, vegan zu leben sei kompliziert, kann sie nicht vollends entkräften: „Natürlich ist das am Anfang manchmal schwierig und viele Produkte sind gar nicht vegan, selbst wenn man es denkt. In Chips ist zum Beispiel Milchpulver, aber wenn man dann als Anfänger da mit der Chipstüte steht, reißt einem ja niemand den Kopf ab.“ Fehler machen gehöre am Anfang auch dazu. Nach drei Jahren als Veganerin vermisst Anna Stehmann nichts mehr. „Am Anfang war das noch die Kinderschokolade oder der Quark, aber jetzt kann ich daran vorbeigehen und brauche das nicht mehr.“
Gerade wenn sie die Bilder und Videos von den Tierquälern aus Werne sieht, weiß sie wieder, wofür sie Veganerin geworden ist: „Ich mache das für die Tiere. Ich und mein Körper profitieren zwar auch davon, aber ich mache es vor allem für die Tiere.“
Vegan leben ist nicht immer leicht. Das gibt auch Anna Stehmann gerne zu. Umso wichtiger sei es sich zu informieren. Hier eine Auswahl ihrer liebsten Blogs und Köche.
- Kochbuch: Vegan-Klischee ade! von Niko Rittenau erhältlich auf nikorittenau.com
- Blog: Im Blog von Bianca Zapatka gibt es viele vegane Rezepte. Sie schreibt aber auch Kochbücher.
- Youtube: Der Kanal „Hier kocht Alex“ beweist, dass veganes Essen auch deftig sein kann.
- Youtube: Auf dem Kanal von Sebastian Copien gibt Tipps und Tricks für die vegane Küche.
- Youtube: Der Kanal „Vegan ist ungesund“ beschäftigt sich humorvoll mit den Hintergründen veganer Ernährung.
- Rezepte: Auf dem Instagram Account „Anni backt vegan“ gibt es viele Rezepte rund ums vegane backen.
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