Darf man Tiere töten, um sie zu essen? Fleischer Christoph Grabowski streitet sich im Radio

Grabowski streitet im Radio: Darf man Tiere töten, um sie zu essen?
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Der Deutschlandfunk hatte zum Streitgespräch geladen: In der Sendung Streitkultur ging es am Samstag (15.3.2025) um die Frage, ob es legitim ist, Tiere zu töten, um sie zu essen. Anlass ist ein neues Rechtsgutachten und mehrere Strafanzeigen der Tierschutzorganisation PETA gegen Schlachtbetriebe. Dazu waren zwei Kontrahenten mit unterschiedlichen Blickwinkeln aufs Thema eingeladen: Einer davon der Fleisch-Sommelier und Metzgermeister Christoph Grabowski aus Castrop-Rauxel. Ob er den Streit gewonnen hat?

Hörer sprachen hinterher von einem Tribunal, in dem sich der Castrop-Rauxeler standhaft gezeigt und gut geschlagen hätte. „Deine Argumentation war super. Ich bin der Meinung, dass die Kontrahenten nicht wirklich Ahnung von Tierhaltung, Rassen und verschiedenen Möglichkeiten der Schlachtung haben“, meinte ein anderer.

DLF-Moderatorin Dörte Hinrichs führte ins Gespräch ein mit dem Hinweis, dass Grabowski in der Branche „Der Fleischflüsterer“ genannt werde. Sein Widersacher durfte den Aufschlag machen: Ammar Bustami, Rechtsanwalt und Experte für Tierschutzrecht aus Hamburg, zitierte das Tierschutzgesetz, in dem geregelt sei, dass ein vernünftiger Grund vorliegen müsse, um Tiere töten zu dürfen. Mit dem heutigen Wissen und den Möglichkeiten sei Fleischkonsum nicht notwendig, da man seinen Nährstoffbedarf ohne Fleisch decken könne; vor allem in der Massentierhaltung stünde dem ein unermessliches Tierleid mit negativen Klimafolgen gegenüber. Es fehle ein vernünftiger Grund, Tiere zu essen.

Grabowski entgegnete, dass er das Schlachten 1983 gelernt habe und Fleisch seit jeher zur Lebens- und Esskultur gehöre; solange man es in dem Bewusstsein tue, ein Genussmittel zu sich zu nehmen.

Christoph Grabowski, Fleischer-Sommelier mit Diplom und Fleischermeister aus Castrop-Rauxel, war jetzt zu Gast im Deutschlandfunk. Er vertrat im Streitgespräch die Meinung, dass Fleischgenuss erlaubt bleiben solle.
Christoph Grabowski, Fleischer-Sommelier mit Diplom und Fleischermeister aus Castrop-Rauxel, war jetzt zu Gast im Deutschlandfunk. Er vertrat im Streitgespräch die Meinung, dass Fleischgenuss erlaubt bleiben solle. © privat

Der Begriff „vernünftiger Grund“ sei Auslegungssache, gab Bustami zu, den Behörden, am Ende Gerichte zu entscheiden hätten. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz sei ein guter Gradmesser. Grabowski entgegnete, dass man trotz aller Alternativen die Umgewöhnung hinkriegen müsse und dass der Fleischkonsum deutlich abgenommen habe: von über 100 Kilo pro Person und Jahr in den 80er-Jahren auf 52 Kilo heute. Es sei ein Genussmittel, kein Luxusprodukt, und am Ende eine politische Frage.

Bustami warf ein, dass die Deutsche Gesellschaft für Ernährung trotz aller Reduzierung noch weniger Fleischkonsum empfehle. Man müsse aus rechtlicher Sicht nicht die Lage vor 100 oder 50 Jahren betrachten, sondern die Gegenwart und die Zukunft.

„Das Gericht wird entscheiden“, so Grabowski mit Verweis auf die Klagen. „Aber wie wollen wir das Fleischessen, Genuss und Vielfalt in der Ernährung verbieten? In Deutschland? In Europa? Wir sollten aufhören, den Konsumenten zu gängeln, wir sollten ihn aufklären.“ Der Verbraucher könne nach dieser Sendung zu seinem eigenen Entschluss kommen. Veganismus und Vegetarier hätten zur Sensibilisierung der Gesellschaft eine große Bedeutung.

„Natürlich haben wir früher zu viel Fleisch gegessen“, so der Castrop-Rauxeler, „aber ich habe nicht das Recht, dem einen oder anderen zu sagen, was er zu essen hat.“ Er selbst esse wenig Fleisch. „Die Hauptrolle auf dem Teller darf nicht das Fleisch spielen, sondern das Gemüse. Ein Viertel darf Fleisch sein“, sagte der Fleischermeister.

Für die Aufnahme fuhr Grabowski in den Sender in Köln.
Für die Aufnahme fuhr Grabowski in den Sender in Köln. © Grabowski

Man müsse den Respekt vor dem Tier wieder erlernen. Beim Sonntagsbraten habe man ihn früher noch gehabt, aber heute diene Fleisch oftmals dem Sattmachen. „Darum gibt es Fleisch-Sommeliers“, so Grabowski: „Wertschätzung durch Wertschöpfung – wenn man ein Tier tötet, muss man es auch ganz verwerten. Wir haben es in der Intensivhaltung übertrieben.“ Man habe dabei das Fleisch anonymisiert, zu einem reinen Produkt gemacht. Und der Fleischer, der das Tier noch kenne und schätze, der sterbe aus.

Er selbst bilanzierte das Gespräch bei Facebook: „Ich war trotz einer Grippe dort, wollte nicht kneifen und hatte starkes Lampenfieber. Mein Gesprächspartner war kompetent, da es ja sein Fachgebiet ist. Ich glaube, dass ich ab und zu aus dem Konzept kam. Die Journalistin war Vegetarierin, aber das hatte ich mir schon gedacht. Das Gespräch endete nach 45 Minuten, es wurde auf 25 Minuten gekürzt.“ Er fühle sich bei solchen Aufnahmen, wie ein Versager, sei mit sich nie zufrieden. Seine Freunde auf Facebook sehen das anders: Er habe es gut gemacht.