Donnerstagmorgen gegen 9.30 Uhr vor dem Rathaus in Castrop-Rauxel. Etwa 200 Beschäftigte aus dem Rathaus und vom EUV stehen in kleinen Gruppen zusammen. Obwohl die Temperaturen um den Gefrierpunkt liegen, sind viele dem Aufruf zum Warnstreik gefolgt. In den Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst startet am Montag, 17.02., die zweite Verhandlungsrunde. Viele junge Menschen stehen am Donnerstag mit gelber Weste und Trillerpfeife ausgerüstet vor dem Rathaus.
Acht Prozent mehr Lohn
Den Beschäftigten geht es nicht nur um mehr Geld, die Gewerkschaften fordern acht Prozent mehr Lohn, mindestens aber 350 Euro mehr monatlich. Sie fordern Entlastungen für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst. Verdi-Gewerkschaftssekretär Christian Seyda spricht am Donnerstag kämpferisch ins Mirko: „Ich weiß, dass ihr am Anschlag seid.“ Deswegen fordert Verdi drei zusätzliche freie Tage im Jahr für die Beschäftigten. Er kritisiert, dass viel Personal im öffentlichen Dienst fehle und deswegen die verbliebenen Mitarbeiter mehr arbeiten müssen. „Die wenigen Stellenausschreibungen, die es gibt, werden dann häufig nicht besetzt, weil Bewerberinnen und Bewerber in die Privatwirtschaft abwandern.“
Auch Bürgermeister Rajko Kravanja (SPD) macht einen Abstecher zur Demonstration und spricht zu den Beschäftigten der Stadtverwaltung, von DSW und dem Stadtbetrieb EUV: „Die Arbeitswelt hat sich weitergedreht und wir als Verwaltung kriegen unsere Stellen teilweise nicht mehr besetzt.“ Laut Rajko Kravanja brauche es mehr Vereinbarkeit von Beruf und Familie, sowie Flexibilität, damit der öffentliche Dienst noch mit der Privatwirtschaft mithalten könne. Er lobte den Einsatz der Streikenden: „Es ist wichtig, dass ihr alle auf die Straße geht.“

Die erste Tarifrunde zwischen Verdi, dem mitverhandelndem Deutschen Beamtenbund und den Arbeitgebern hatte am 24. Januar stattgefunden und war ohne Ergebnis geblieben. Verdi-Gewerkschaftssekretär Christian Seyda kritisiert die Gegenseite deutlich: „Wer nach Potsdam zu den Verhandlungen kommt und noch nicht mal ein Angebot dabei hat, sondern nur alle unsere Vorschläge abschmettert – Das ist respektlos gegenüber den eigenen Mitarbeitern.“
Streiks seien „unverhältnismäßig“
Karin Welge, Präsidentin der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände, bezeichnete die Warnstreiks als „unverhältnismäßig“. Bundesinnenministerin Nancy Faeser, die für den Bund die Verhandlungen führt, nannte die Tarifrunde „schwierig“, zeigte sich jedoch zugleich zuversichtlich.
Für die Stadt Castrop-Rauxel würden die Forderungen durchaus teuer werden. Auf Anfrage teilt Stadtsprecherin Nicole Fulgenzi mit: „Der jährliche Mehraufwand pro Prozentpunkt wäre rund 460.000 Euro für die ca. 1000 Beschäftigten der Stadtverwaltung (ohne EUV).“
Bei acht Prozent würde das für die Stadt 3.680.000 Euro an Mehrausgaben bedeuten. Die Kämmerei plane Gehaltserhöhungen zwar ein, aber im nächsten Haushalt ist lediglich eine Lohnsteigerung um fünf Prozent vorgesehen.

Der Streik trifft in Castrop-Rauxel mehrere Bereiche. Das Hallenbad blieb am Donnerstag geschlossen. Auch im Ablauf der Stadtverwaltung konnte es Störungen geben. Weil auch die Busfahrerinnen und Busfahrer der DSW an dem Streik beteiligt waren, fielen in Castrop-Rauxel immer wieder Busse aus. Betroffen waren die Linien 480, 481, 482 und NE11. Auch die Fahrten von DSW21 auf der gemeinsam mit der Vestischen betriebene ExpressBuslinie X13 (Dortmund – Waltrop – Datteln) fielen aus. Der Müll wurde vom EUV am Donnerstag nur aus Krankenhäusern oder Pflegeheimen abgeholt. Auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der städtischen Kitas streikten.