Es ist eine unscheinbare Produktionshalle, unweit vom Castrop-Rauxeler Hauptbahnhof, in der eine ungewöhnliche Firma ansässig ist. Am Eingang steht ein Warnschild, das den Zutritt für Minderjährige verbietet. Die Firma EvilToys stellt BDSM-Möbel und Szene-Accessoires, wie Fesseln und Knebel her.

BDSM - Ein teurer Fetisch
Die Abkürzung „BDSM“ steht für eine Gruppe von sexuellen Fetisch-Typen. Die Buchstaben stehen für „Bondage & Discipline“ (BD), also Fesseln und Disziplinieren, „Dominance & Submission“ (DS), also Dominanz und Unterwerfung, und „Sadism & Masochism“ (SM), also Sadismus und Masochismus. Bei dem Ausleben eines BDSM-Fetisches wird zwischen den Partnern eine einvernehmliche Macht-Asymmetrie hergestellt. Oft sind Lustschmerz und Fesselspiele ein Teil der sexuellen Fantasien.
EvilToys Inhaber Denis Sangkuhl (48) wird hier konkret: „BDSM hat klare Regeln. So gilt der Grundsatz der Einvernehmlichkeit und der Sicherheit. Außerdem gibt es im Regelfall klare Absprachen über die Rollenverteilung. Wir reden hier von respektvoller Erfüllung sexueller Bedürfnisse außerhalb des Mainstreams.“
Um das gewünschte Machtgefälle herstellen zu können, wird in der BDSM-Szene oft auf besondere Möbelstücke und zweckmäßige Accessoires zurückgegriffen. Denis Sangkuhl hat vor Jahren hier seine Marktlücke gefunden, wie er selbst erklärt. In seiner Fabrikhalle an der Von-Hofmann-Straße 3c, im Castrop-Rauxeler Stadtteil Bladenhorst, stellt er die Möbel für den BDSM-Bedarf mit drei weiteren Mitarbeitern her und vertreibt sie über seinen Online-Shop.

Die Möbel von EvilToys werden aus Stahl gefertigt. Je nach Möbelstück kommt noch eine Lederpolsterung dazu. Jedes Möbelstück kann nach Belieben konfiguriert werden. Hier noch eine Fessel, da noch eine Vibratorhalterung - den Kundenwünschen kommt der 48-Jährige so gut es geht entgegen. Auch die Lederfarbe für die Polsterung kann den Wünschen entsprechend angepasst werden. Er achtet bei der Zusammenstellung und bei Extrawünschen besonders auf die Gewährleistung von Sicherheit.
Qualitätsmöbel aus Handarbeit
Denis Sangkuhl ist gelernter Maler und Lackierer. Auf dem zweiten Bildungsweg lernte er Konstruktionstechnik mit der Fachrichtung Schweißen. Wie er mit Stahl umgehen muss, hat er also gelernt. Im Jahr 1992 verschlug es den gebürtigen Sachsen-Anhalter nach Nordrhein-Westfalen. 2009 gründete er seine Firma EvilToys. Erstmal werkelte er in seinem heimischen Keller. Seine erste Produktionsstätte befand sich in Bochum, dann kam er nach Castrop-Rauxel. „Castrop-Rauxel hat das goldene Andreaskreuz im Wappen, wir passen hier eigentlich perfekt rein“, scherzt der Inhaber. Aber wie kommt man zu dieser speziellen Geschäftsidee?
„Zusammen mit meiner damaligen Partnerin wollte ich mir einen eigenen Spielraum einrichten“, im Jahr 2006 sei allerdings das Möbelangebot noch sehr gering gewesen, beschreibt der Inhaber. Die vorhandenen Möbel haben dem Anspruch der beiden nicht genügt. Deshalb habe er damals angefangen, selbst einzelne Möbelstücke für den Eigenbedarf herzustellen. Da kam ihm dann die Idee: „Da dachte ich, dass man vielleicht ein Geschäft daraus machen kann.“

Er beschreibt, er habe sein Hobby zum Beruf gemacht. Die Firma sei sein Herzensprojekt. Er legt bei seinen Möbeln viel Wert auf qualitative Handarbeit und Sicherheit der Möbel. Haken müssen sicher verschweißt sein, aus Fesseln müssten sich die Kunden im Ernstfall schnell lösen können, und vor allem müssen die Möbel stabil sein. „Unsere Betten könnte man vererben“, sagt Denis Sangkuhl bezogen auf die hohe Qualität der Möbel. Auch die Szene-Accessoires werden selbst hergestellt.
Bei den Möbelstücken ist aber nicht nur Qualität und Sicherheit wichtig. Bei den Fetisch-Möbeln wird auch auf die Gemütlichkeit geachtet. Die meisten Produkte sind gepolstert und bieten den optimalen Komfort.
Die Möbel und Accessoires vertreibt EvilToys hauptsächlich über ihren Online-Shop. Jedes Möbelstück ist detailliert von der Ausstattung bis zu Erweiterungsmöglichkeiten beschrieben. Begleitet wird die Beschreibung von vielen Bildern. Weitere Extrawünsche und Maßanfertigungen können per Mail bei EvilToys angefragt werden.
„Gut 70 Prozent unserer Exponate sind Sonderanfertigungen nach Kundenwunsch. Unsere Produkte im Sortiment sind Konfigurationsartikel. Unsere Kunden können sich so im Online-Shop individuell ihre Wünschmöbel selbst zusammenstellen.“ Die Möbel werden auch erst nach Bestellung hergestellt, „Möbel von der Stange verkaufen sich schlecht“, Kunden müssen sich nach Bestellung auf eine Lieferzeit von etwa vier Wochen einstellen.

Der Showroom
Wer sich online nicht sicher ist, welche Kombinationen am besten passen oder sich von der Qualität überzeugen möchte, kann an der Von-Hofmann-Straße 3c die zwei Showrooms besichtigen. In den Räumen sind die verschiedenen Möbel mit allen Kombinationsmöglichkeiten aufgestellt.
Bei persönlichen Kundengesprächen achtet Denis Sangkuhl auf Diskretion. Die Vor-Ort-Termine finden stets einzeln statt. „Die Kunden erfüllen sich teilweise Lebensträume mit den Möbeln“, sagt Sangkuhl „die Kunden freuen sich wie kleine Kinder, wenn ihre Möbel fertig sind.“
Die Handarbeit spiegelt sich auch im Preis der Fetisch-Möbel wider. Der Universal-Strafbock kostet zum Beispiel rund 1300 Euro. Die BDSM-Betten kosten zwischen 1800 und 3300 Euro pro Stück. Die Zubehör- und Accessoire-Preise sind vergleichbar mit anderen Anbietern.
Universal-Möbelstück ist Verkaufsschlager
Die Kundschaft der EvilToys Gmbh & Co. KG weiß, was sie möchte. „Die Kunden wissen in den meisten Fällen, was sie haben wollen“, sagt der Inhaber. Manche würden sogar eigene Zeichnungen mitbringen. Andere Kunden wiederum lassen sich von Möbelstücken in Filmen für Erwachsene inspirieren. „Man weiß nie, was kommt“, sagt Sangkuhl. Auch entsprechende Film-Produktionsfirmen seien Kunden von EvilToys. Die Kundschaft komme aus aller Welt.
Verkaufsschlager unter den Möbeln sei der Universal-Strafbock. Dieser sei besonders beliebt bei den Kunden, da er in bis zu 30 verschiedene Varianten umgebaut werden kann, erklärt Denis Sangkuhl. Die Idee für den Universal-Strafbock entstand über die Jahre, durch viele verschiedene Kundenwünsche. Hier habe man alles vereint und könne eventuell auch Erweiterungen nachkaufen. „Die Möbel müssen auch einen Entertainmentfaktor haben“, erklärt der Inhaber.

Personalsuche
Besonders zu Weihnachten boomt das Geschäft, „da wissen wir manchmal gar nicht, wo vorne und hinten ist.“ Denis Sangkuhl produziert mit einem seiner Mitarbeiter in der Produktionshalle die Möbelstücke. Gerne hätte er noch eine weitere helfende Hand in der Produktion, doch die Suche gestaltet sich nicht leicht. Er brauche jemanden, der sich mit der Szene auskennt. Bewerber aus der Szene würden den Arbeitsplatz allerdings oft als „Spielwiese“ ansehen und schnell unproduktiv werden. Deshalb sei die Suche nach Personal oft herausfordernd.