Die „Nautilus-One-Man-Band“ fährt mit einem goldfarbenen und überdies Feuer spuckenden U-Boot musizierend übers Gelände, die zeitreisenden Bauchtänzerinnen der „Indie Cats“ zeigen ihren „Fantasy Dance“ und die Gruppe „Steampunk Vest“ präsentiert ihre Kunst - zum Beispiel ein „Mario Kart“, das zu einem dampfenden „Steampunk-Racer“ umgebaut wurde - unter dem Motto: „Alles geht, nichts muss - und Hauptsache es macht Spaß!“
Es ist schon eine höchst ungewöhnliche Szene, die sich am Wochenende am Schiffshebewerk Henrichenburg eingefunden hat, um im Rahmen eines „Steampunk Jubilee“ den 125. Geburtstag des großartigen Bauwerks zu feiern. Und sie hat richtig Spaß. Mehrere tausend Besucher sind es am Ende, resümiert Organisatorin Sybille Nix. Höhepunkt des Events: natürlich der Besuch von Kaiser Wilhelm II. und seiner Gemahlin Auguste Victoria am Sonntag.
Die Steampunks „entwerfen eine alternative Gegenwart“, erläutert Nix das Schauspiel am Schiffshebewerk. Inhaltlich geht es darum, wie sich die viktorianische Gesellschaft - also Menschen, die etwa von 1850 bis 1905 lebten - die Zukunft vorgestellt haben. Inspirieren lässt sich die Szene dabei von Autoren wie H.G. Wells oder Jules Verne. Und so schlendern die Männer mit Zylinder, Weste oder Gehstock übers Gelände am Oberwasser, die Frauen mit schweren Reifröcken und Fächern - Kleidung, inspiriert durch die damalige Zeit. Strom spielte bei den Zukunftsvisionen der viktorianischen Gesellschaft offenbar keine Rolle - und so sind die hier zu sehenden Erfindungen alle dampfbetrieben, vom U-Boot bis zum Fernseher.

Höfliche Umgangsformen und gute Manieren
„Die Verbindung zwischen der ‚Steampunk‘-Szene und dem Schiffshebewerk stellt der Dampf her“, sagt Dr. Arnulf Siebeneicker. „Im Gebäude am Unterwasser, im Kraftwerk, hatten wir früher ja auch große Dampfmaschinen, die Strom fürs Schiffshebewerk produziert haben. Und natürlich fährt hier heute auch unser historischer Dampfer Cerberus“, so der Leiter des LWL-Museums weiter.
Das „Steampunk Jubilee“ mit Walk-Acts, Livemusik und Tanz-Workshops sowie Kostümwettbewerb und buntem Marktgeschehen ist der Höhepunkt des Jubiläumsjahres - und der Abschluss der „Local-Hero-Woche“. Denn das Waltroper LWL-Museum stand in den vergangenen Tagen auch als Ankerpunkt der Route der Industriekultur im Blickpunkt, welche in diesem Jahr ihr 25-jähriges Bestehen feiert.
Dass jetzt, im Anschluss an das „Steampunk Jubilee“, groß aufgeräumt werden muss, ist übrigens nicht zu erwarten: Die Szene ist bekannt für ihre höflichen Umgangsformen und guten Manieren.