Die Stadtwerke Castrop-Rauxel kündigen allen Kunden, über 4000, mit Preisgarantie-Verträgen. Sie bieten ihnen aber an, sie automatisch wieder aufzunehmen, wenn sich der Energiemarkt beruhigt hat und man wieder günstiger ist als der Grundversorger Eon.
Der Wirbel ist groß. Wir stellten Geschäftsführer Jens Langensiepen Fragen, die aufgekommen sind.
Herr Langensiepen, eine der Kritiken, die wir in diesen Tagen gehört haben: „Alle Kunden werden zum 31.12. gekündigt, aber diese nehmen Sie neu auf. Wie passt das zusammen?“ Es geht um Mieter dreier Mehrfamilienhäuser am Sonnenschein, die tagelang keine Heizung hatten. Was sagen Sie dazu?
Zunächst zu den Kündigungen: Wir haben ausschließlich die Lieferverträge gekündigt, die eine Preisgarantie vorsehen. Das betrifft einen Großteil unserer Kunden. Die Kündigung war leider notwendig, da für uns eine Preisgarantie in der aktuellen Lage nicht mehr wirtschaftlich tragbar ist. Einige Kunden hatten bereits in der Vergangenheit keine Preisgarantie in Anspruch genommen und wurden somit auch nicht gekündigt. Diese werden ohne Neuvertrag weiterbeliefert, haben aber eine Preisanpassung erhalten.
Und die Sonnenschein-Mieter, die nun einige Tage gar keine Gaslieferungen mehr erhalten haben?
Wir haben die Lieferstelle kurzfristig bei uns in die Versorgung genommen. Westnetz hat schnell und sehr kooperativ grünes Licht gegeben, die Anlagen wieder in Betrieb nehmen zu dürfen. Am Mittwochabend ist ein Kollege aus dem Feierabend noch ins Quartier gefahren und hat die Versorgung wieder aufgenommen. Aber wir sehen bei ihnen keine Preisgarantie vor. Insofern besteht auch keine Notwendigkeit, den Vertrag zum Jahreswechsel zu kündigen.
„Im Interesse unserer Kunden“
Sie haben sich zu einem generell ungewöhnlichen Vorgehen entschieden, aber ernten im Internet viel Kritik. Wie schätzen Sie das ein?
Wir wissen, dass die von uns kommunizierten Preise ausgesprochen hoch sind. Da wir den Markt beobachten, ist uns aufgefallen, dass der Grundversorger derzeit noch ausgesprochen günstig am Markt anbietet. Wir möchten unsere Kunden auf der einen Seite natürlich nicht verlieren. Auf der anderen Seite haben wir als kommunaler Versorger auch im Blick, dass Energie für die Menschen bezahlbar bleiben muss.
Daher haben wir all unseren Kunden angeboten, sie solange in die Grundversorgung zu bringen, bis der Markt es uns möglich macht, wieder günstigere Preise als die Grundversorgung anbieten zu können, was wir perspektivisch erwarten. Dafür haben wir eine Vollmacht beigefügt, mit der wir uns um alles Notwendige kümmern. Dieses Angebot machen wir ausschließlich im Interesse unserer Kunden.
Klingt clever und kundenorientiert. Wie erklären Sie sich dann den Wirbel?
Wir haben einen sehr starken Zulauf im Kundenbüro. Dort sind die Reaktionen durch die Bank positiv, was damit zusammenhängen dürfte, dass die Leute die Vorgehensweise spätestens nach dem Beratungsgespräch verstehen und nachvollziehen können. Die Reaktionen in den sozialen Medien zeichnen ein ganz anderes, aber nicht repräsentatives, Bild, was meiner Ansicht nach damit zu tun hat, dass es uns nicht überall gelungen ist, die Situation und die möglichen Optionen verständlich zu machen. Das war bei der Komplexität der Sache leider auch nicht zu erwarten. Daher die Einladung zu einer Informationsveranstaltung kommenden Dienstag.
Um Kunden alle Fragen beantworten zu können, laden die Stadtwerke zu einer Infoveranstaltung in die Stadthalle am Europaplatz ein. Sie beginnt am Dienstag, 22.11., um 19 Uhr. Dafür bitten die Stadtwerke um eine Anmeldung unter veranstaltung@swcas.de oder auf der Webseite unter www.swcas.de/info
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