Die präsidialen 50 Sekunden des Bürgermeisters Rajko Kravanja erklärt Stadtwerke-Strategie

Präsidiale Ansprache: Bürgermeisters Kravanja erklärt Stadtwerke-Strategie
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Rund 4700 Kunden haben von den Stadtwerken eine Kündigung erhalten. Zum Jahresende fliegen sie automatisch aus ihren Liefer-Verträgen für Strom oder Gas. Sie landen dann beim derzeit deutlich günstigeren Grundversorger oder müssen bei den Stadtwerken die höheren Tarife bezahlen.

Das ist verbunden mit einer Rückkehr-Garantie, ein ziemlich einmaliger Schritt der Stadtwerke: Wer eine Vollmacht unterschreibt, bekommt die Zusage, dass die Stadtwerke ihn sofort wieder unter Vertrag nehmen, wenn der Grundversorgungstarif bei Eon teurer ist als der Vertragstarif. Von einer Preissteigerung kann man auch dort auf Dauer ausgehen.

Trotz dieser Garantie sind die Reaktionen in der Bevölkerung überwiegend kritisch. Darum ergreift nun Bürgermeister Rajko Kravanja das Wort. Auf Facebook veröffentlichte er am Mittwochabend ein 50-Sekunden-Video und einen schriftlichen Beitrag.

Darin heißt es, die Risiken seien für die Stadtwerke zu groß geworden. Darum könne man die Preisgarantie „leider nicht verlängern“. Mit den neuen Preisen ab Januar 2023 lägen die Stadtwerke „auf dem aktuellen Marktniveau“.

Bürgermeister-Rede im Wortlaut

„Die Energiekrise hat auch Castrop-Rauxel und die Stadtwerke Castrop-Rauxel erreicht“, sagt er an seinem Schreibtisch im Rathaus. „Wir können nicht mehr die Preise halten, um Sie günstig mit Strom zu versorgen, was unser Anspruch ist. Darum gehen wir einen ungewöhnlichen Weg und bitten um Ihre Vertrauen.“

„Mit Ihrer Unterschrift geben Sie uns die Möglichkeit, Sie wieder zurückzuholen, wenn wir Ihnen wieder günstiger Strom und Gas anbieten können als der Grundversorger. Wir bitten um Ihr Vertrauen, damit wir Ihnen auch weiterhin das Beste für Sie, unsere Bürgerinnen und Bürger, anbieten können. Das ist unser Auftrag, den Sie uns gegeben haben.“

Dann endet das 50-Sekunden-Video, das ziemlich präsidial wirkt, auch weil neben Kravanja ein Stadtwimpel steht und er vor sich auf dem Schreibtisch die Hände faltet. Im Beitrag darunter heißt es unter anderem: „Klingt verrückt, geschieht aber aus Verantwortungsbewusstsein und Fürsorge.“

Hintergrund ist die Verknüpfung von Stadt und Stadtwerken: Die Stadtwerke wurden vor neun Jahren gegründet. „Die langfristig vereinbarte Partnerschaft sorgt für Kontinuität, Sicherheit und Zuverlässigkeit in der örtlichen Energieversorgung“, heißt es auf der Internetseite. Dieses Gebot haben die Stadt, 50,1 Prozent Anteile, und die Gelsenwasser AG, 49,9 Prozent Anteile, damals abgegeben. Nun verlassen sie erstmals diesen Pfad.

Allerdings sind sie damit nicht allein: In den vergangenen Wochen haben praktisch alle Gas- und Stromanbieter ihre Preise „angepasst“. Hintergrund ist die Energiekrise durch den Krieg in der Ukraine.

Die 50-Sekunden-Ansprache und was die Stadt dazu bei Facebook schreibt auf rn.de/castrop

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