Stadtwerke Castrop-Rauxel gegen Eon vor Gericht Urteil gibt Stadtwerken vollumfänglich Recht

Stadtwerke siegen gegen Eon vor Gericht: Urteil gibt Langensiepen Recht
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Der Energieriese Eon gegen die kleinen Stadtwerke Castrop-Rauxel: ein ungleiches Duell, das nun vor Gericht ausgetragen wurde. Das Landgericht Bochum hat jetzt ein Urteil gesprochen, und das gibt dem „David“ gegen den „Goliath“ Recht. Die Stadtwerke haben mit ihrer Massenkündigung der Energielieferverträge zum Jahresende kein Recht gebrochen, so das Urteil.

In einer ersten Begründung des Gerichts heißt es: „Der Entscheidung liegt im Wesentlichen die Überlegung zu Grunde, wie ein situationsangemessen aufmerksamer Durchschnittverbraucher den Vorschlag der Beklagten verstehen durfte. Die Kammer ist davon ausgegangen, dass bei einer Kündigung eines Strom-/Gasvertrages der Verbraucher, der durch frühere Pressemeldungen über Erhöhungen bereits sensibilisiert ist, ein solches Schreiben mit einiger Aufmerksamkeit liest und trotz vorhandener kleinerer Unklarheiten und Unvollständigkeiten das Angebot der Beklagten richtig versteht.“

Der Kniff mit der Rückkehr-Vollmacht

Was bedeutet das im Klartext? Eon hatte gegenüber den Stadtwerken geklagt wegen unlauteren Wettbewerbs. Die Stadtwerke hatte nämlich in einem ziemlich einzigartigen Vorgehen allen Bestandskunden mit Laufzeitverträgen für Gas- und Stromlieferungen im Spätherbst gekündigt. Der spezielle Kniff dabei: Dem Kündigungsschreiben, das in der Energiekrise in dieser Branche kein Einzelfall war, lag eine Vollmacht bei.

Der Kunde konnte darin den Stadtwerken eine automatische Rückholaktion gestatten, wenn der Preis der Stadtwerke Castrop-Rauxel, der phasenweise weit über dem das Grundversorgers Eon lag, wieder unter dem Grundversorgungstarif fällt. Genau das, was die Stadtwerke prognostizierten, trat nach den vollzogenen Kündigungen zum 31.12.2022 am 1.6.2023 ein.

In der Energiebranche wurde dieses Vorgehen des kleinen Stadtwerks mit seinen rund 4700 so gekündigten Verträgen gegen den Riesen-Konzern mit Millionen von Kunden als Coup betrachtet. Das rief auch den Zorn der Konzernleitung bei Eon hervor.

Dr. Filip Thon (l.), Vorstandsvorsitzender von Eon, drohte im Winter Jens Langensiepen, Geschäftsführer der Stadtwerke Castrop-Rauxel, in einem Schreiben schon rechtliche Schritte an. Langensiepen reagierte darauf gelassen: Man habe die Aktion gründlich rechtlich geprüft und sei sich darum recht sicher, mit diesem Vorgehen im Sinne des Kunden und rechtlich sauber zu handeln.

Kunden zahlten nie mehr als 32 Cent

In den vergangenen Wochen meldeten die Stadtwerke, erst vor rund zehn Jahren gegründet, rund 500 vorübergehend entlassene ehemalige Gaskunden wieder neu bei den Stadtwerken an. Gleiches geschah bei rund 1500 Stromkunden. Für sie zahlte sich die Vollmacht aus: Sie zahlten bis Jahresende rund 28 Cent pro Kilowattstunde Strom bei den Stadtwerken, danach rund 31 ct/kWh beim Grundversorger und ab dem 1.6. nun 31,99 ct/kWh bei den Stadtwerken. Bei Eon würden sie heute deutlich mehr zahlen.

Das Landgericht erkannte an, dass die Stadtwerke darüber unter dem Druck der Energiekrise wettbewerbsrechtlich sauber informiert habe. Für die Kundinnen und Kunden sei das Schriftstück, ein vierseitiges Kündigungsschreiben inklusive Vollmacht, klar und verständlich ausgefallen. Auch die empfehlenden Worte des Bürgermeisters Rajko Kravanja seien rechtmäßig gewesen. Der Beklagte (Stadtwerke) habe keinen Einfluss genommen, der Bürgermeister als Vertreter einer Gesellschafterin (Stadt Castrop-Rauxel) ein eigenes Interesse daran, so die Begründung des Bochumer Landgerichts.