Seit einem Jahr einsatzbereit, aber nicht am Strom Uwe Hoffmann verzweifelt an Solaranlage

Kein Anschluss ein Jahr nach Kauf: Uwe Hoffmann verzweifelt an Solaranlage
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Endlich nochmal Sommer und Sonne. Das kurze Aufblitzen des Spätsommers in der vergangenen Woche war nicht gut für das Gemüt, sondern verhalf auch einer ganzen Menge Solar- und Photovoltaikanlagen, die es in Castrop-Rauxel schon gibt, zur Stromproduktion.

Das hätte auch Uwe Hoffmann gern gesehen. Der Castrop-Rauxeler hat sich im vergangenen Jahr eine Solaranlage auf dem Garagendach installieren lassen. Das Problem: Sie konnte die sonnigen Tage bislang nicht nutzen, da sie noch nicht an das Stromnetz angeschlossen werden konnte. Aber von vorn.

Anlage seit 2022 auf dem Dach

Im Sommer vergangenen Jahres treffen die Hoffmanns aus Ickern eine wichtige Entscheidung. Sie möchten eine eigene Solaranlage. „Zum einen natürlich aus finanziellen Gründen“, sagt Uwe Hoffmann. Der Strompreis gehe ja gefühlt immer nur in eine Richtung. Da erscheint es natürlich klug, sich seinen eigenen Strom zu produzieren. „Nebenbei steigert das ja auch den Wert der Immobilie“, ist sich Uwe Hoffmann sicher.

Auch das große Ganze hatten er und seine Frau Claudia im Blick. „Wir wollten das natürlich auch der Umwelt zuliebe tun und bei der Energiewende mithelfen“, sagt sie. Im Juli 2022 schließen sie daher einen Vertrag über die Installation einer Solaranlage mit einem Unternehmen. Dafür greifen die Eheleute tief in die Tasche: 36.000 Euro kostet sie die Anlage.

Zunächst geht es dann auch relativ zügig voran. Die Solarpanele werden geliefert und im Oktober 2022 ist die Anlage auf dem Garagendach installiert. Zwölf Module sollen Strom für das Einfamilienhaus der Hoffmanns neben der Garage liefern.

Zu sehen ist das Garagendach mit den istallierten Solarmodulen.
Seit Oktober liegen zwölf Solarmodule auf dem Garagendach der Hoffmanns. Eigentlich könnte hier schon Strom produziert werden. © privat

Solar-Boom in Castrop-Rauxel

So weit, so gut. Doch dann sei nicht mehr viel passiert, beklagt Uwe Hoffmann. Damit die Anlage Strom produzieren kann, muss sie ans Stromnetz angeschlossen werden. Es sei aber schlicht unmöglich, an einen Termin mit einem Elektriker zu kommen, sagt Uwe Hoffmann. „Deshalb ist monatelang überhaupt gar nichts passiert.“

Dass keine Termine mit Technikern zu bekommen sind, liegt unter anderem daran, dass Solar- und Photovoltaikanlagen aktuell in der gesamten Stadt einen Boom erleben. Das zeigen Zahlen des Marktstammdatenregisters, eines amtlichen Registers für alle stromerzeugenden Anlagen. Demnach sind in Castrop-Rauxel bis Ende August dieses Jahres insgesamt 500 Photovoltaikanlagen ans Netz gegangen. Das ist neuer Rekord und bereits deutlich mehr als im gesamten Jahr 2022.

Woran scheitert es konkret?

Die Anlage der Hoffmanns kann noch nicht an den Start gehen, weil ein wichtiger Teil der für die Inbetriebnahme notwendigen Elektronik entweder fehlt oder nicht angeschlossen werden kann. Etwa die Notstrombox. Sie soll dafür sorgen, dass Uwe und Claudia Hoffmann im Falle eines Stromausfalls ihre Solaranlage weiter für die Energieversorgung ihres eigenen Hauses nutzen können.

Eine solche Notstrombox haben Hoffmanns schon. „Wir haben es dann sogar irgendwann geschafft, einen Termin mit einem Elektriker zu bekommen“, berichtet Uwe Hoffmann. „Der hat die Box an die Wand bekommen, konnte sie aber nicht anschließen, weil er die notwendige Schulung nicht hatte“, erzählt Uwe Hoffmann. Die hohe Nachfrage nach Photovoltaik (PV) kann von dem vorhandenen Fachpersonal sichtlich nicht gestemmt werden.

An einer Wand hängt eine Notstrombox.
Eine Notstrombox haben Hoffmanns schon. Aber noch nutzt sie ihnen nichts. © privat

Das Unternehmen, mit dem die Hoffmanns den Vertrag geschlossen haben, bestätigt auf Anfrage die Schwierigkeiten beim Finden von qualifiziertem Personal. Es gebe derzeit deutschlandweit eine Knappheit an Elektrofachkräften. Hinzu kämen Lieferschwierigkeiten bei Bauteilen und unzuverlässige Lieferanten: „Zahlreiche Lieferanten hatten uns ihre Lieferung von Produkten fest zugesichert, eine Lieferung erfolgte jedoch nicht“, schreibt das Unternehmen.

Ein weiterer Punkt, der häufig zu Verzögerungen des gesamten Projektes führe, sei die Bearbeitungszeit der Netzbetreiber. „Deutschlandweit gibt es über 900 Netzbetreiber, von denen jeder mitunter andere Formulare und Verfahren bezüglich der Anmeldung von Erzeugungsanlagen hat.“

Die Hoffmanns empfinden das als Hin- und Hergeschiebe von Verantwortung. „Wir haben einen Komplettvertrag mit diesem Unternehmen abgeschlossen. Aber die sagen nur, dass die von ihnen beauftragten einzelnen Firmen und Elektriker für die Installation der Anlage zuständig sind“, so Uwe Hoffmann. „Einem wird nur gesagt, dass man die Firma anrufen soll, die den Auftrag hat.“

An einer Wand hängt eine geöffnete Notstrombox.
Hier müssen Elektriker mit Fachkenntnis von Solar- und PV-Anlagen ran. Aktuell gibt es von ihnen aber noch viel zu wenige. © privat

„Es ist wirklich ärgerlich“, beschwert sich Uwe Hoffmann. „Die Anlage liegt auf dem Dach, wir könnten ja einspeisen.“ Auf der Stromrechnung, die das Ehepaar noch zahlen muss, bis die Anlage läuft, bleiben Hoffmanns natürlich sitzen. „Wir haben wegen der mangelnden Einspeisung leider keinen Schadensersatzanspruch“, sagt Uwe Hoffmann.

Von dem Gesamtanbieter fühlt er sich im Stich gelassen. „Man wird immer nur hingehalten, wenn überhaupt noch jemand ans Telefon geht“, beklagt sich Hoffmann. „Die werben mit fix und schnell, aber wenn man erstmal angezahlt hat, dann ist man nicht mehr so wichtig.“ Das Unternehmen wehrt sich gegen diesen Eindruck. Man bemühe sich aber auf das Unverständnis und die „aufkommenden Nachfragen zufriedenstellend“ zu reagieren, schreibt das Unternehmen.

Die Hoffmanns wünschen sich nur noch, dass ihre Anlage endlich ans Netz gehen und Strom produzieren kann. Ein wichtiges Bauteil fehlt noch komplett: Der Stromzähler. Privatiers, die eine Photovoltaikanlage nutzen, benötigen einen Zweirichtungszähler. Damit kann nachverfolgt werden, wie viel Strom dem öffentlichen Stromnetz entnommen, bzw. in dieses eingespeist wird.

Den alten Zähler einfach rückwärts laufen zu lassen, ist nach aktueller Rechtslage nicht erlaubt. Das Unternehmen, das den Hoffmanns die PV-Anlage verkauft hat, sei für den Austausch des Stromzählers aber nicht verantwortlich, schreibt das Unternehmen auf Anfrage. Der Zählerwechsel müsse vom Netzbetreiber vor Ort umgesetzt werden. Auf viele der Hoffmann’schen Kritikpunkte habe man daher nur geringen Einfluss.

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