Martina Tielker wird Ende April ihre Buchhandlung Leselust in der Altstadt von Castrop schließen. Unsere Nachricht schlug ein: Viele Kommentare unserer Leser erreichten uns. Auch in der Leselust selbst meldeten sich am Freitag (31.1.) viele Kunden per Mail – oder sie kamen vorbei.
„Das hätten wir nicht erwartet“, sagt Renée Weber, eine der Mitarbeiterinnen. Es habe kaum Zeit zum Luftholen gegeben. „Das könnt ihr nicht machen“ oder einfach nur ein großes „Warum“ eröffnete die meisten Gespräche. „Wo sollen wir den jetzt unsere Bücher kaufen?“ Andere Kundinnen und Kunden erzählen, wie sie schon zu Hause geweint hätten und auch im Laden an der Münsterstraße gab es nicht nur einmal feuchte Augen. „Sie haben mir also das Frühstück versaut“, sagt ein Kunde, mit einem leichten Augenzwinkern, bei unserem Besuch in der Leselust.
Eine Kundin brachte zum Trost gleich zwei Flaschen Sekt und Süßigkeiten mit, erzählt Martina Tielker. Eine Mail erreichte sie aus den USA: „Die Leselust war immer Heimat für mich“, schrieb eine Castrop-Rauxelerin aus ihrem neuen Zuhause.
Viele Kommentare auf Facebook gehen in die gleiche Richtung. „Sehr schade. Sie hat sich vor allem für die Innenstadt eingesetzt und sie liebenswerter gemacht“, schreibt beispielsweise Yasemin Breilmann. „O nein! Das ist wirklich seit Langem die Schließung, die mir am meisten leid tut!“, kommentiert Simone Coring, ähnlich formuliert es Sandra Stegemann: „Die traurigste (bedauernswerteste) Schließung seit ,immer‘“ und Christian Beisenherz spricht von „einem großen Verlust“. „Oje, wie traurig ... mit der Leselust verliert unsere Altstadt mehr als einfach nur einen Buchladen“, schreibt Holger Schelte.
Eine kleine Hoffnung hat Martina Tielker noch: Dass sich jemand findet, der die Buchhandlung weiterführen will, oder jemand, der für zwei Jahre ins Team kommt. Dann werde sie diese Zeit noch weitermachen. Das hoffen auch ihre Kunden. „Es wäre so schön, wenn sich ein(e) Nachfolger-/in für diesen tollen Laden finden würde. Das ist ein echter Verlust für diese Stadt“, schreibt Tanja Langwald auf Facebook.
Einzelhändler äußern sich
Die Leselust gehört zu den wenigen inhabergeführten Einzelhandelsgeschäften in der Altstadt. Vera Kopitetzki, die am Biesenkamp „Bääähm – Die Kinderschuhprofis“ betreibt, kommentiert: „Sehr, sehr schade“.
Zwei weitere Einzelhändler äußern sich im Gespräch mit unserer Redaktion. Für Max Zimmer, Inhaber von Manufakturschmuck Zimmer, ist die baldige Schließung sehr bedauerlich: „Gerade der inhabergeführte Einzelhandel macht die Innenstadt aus. So Persönlichkeiten wie Martina Tielker bieten den Mehrwert einer Stadt.“ Für das Stadtbild sei es ein Verlust. Leider setze sich damit ein schleichender Prozess fort, so Max Zimmer, der sich allerdings nicht nur in Castrop-Rauxel zeige.
Jens Reiter, der am Markt gleich gegenüber von Zimmer sein Geschäft „Fashion Reiter“ hat, sieht es ähnlich. „Es ist schade, um jeden, der die Stadt verlässt“, sagt er. Beide Einzelhändler betonen, dass es strukturelle Veränderungen brauche, damit Innenstädte wie die in Castrop lebendig bleiben. Händlern würde es nicht leicht gemacht. Dazu brauche es der Anstrengung aller, vor allem auch der Politik. Max Zimmer: „Es wird zu wenig getan, dass es einen Anreiz gibt, sich selbstständig zu machen.“