Sie habe beim Kaffee mit ihrer Familie gesessen und wollte sich einen schönen Nachmittag machen, als sie einen Anruf ihres Chefs bekam. Christian Schickentanz war dran. Er überbrachte ihr die unerwartete Nachricht, dass sie ab morgen nicht mehr zur Arbeit kommen muss. „Der Tag war dann nicht mehr so gut“, erzählt die Frau spürbar betrübt.
„Wir haben tatsächlich erst am Tag vorher erfahren, dass Schluss ist. Da war ich so schockiert, ich habe erstmal angefangen zu weinen.“ So schildert eine langjährige Mitarbeiterin der Bäckerei Schickentanz unserem Reporter den Moment, in dem sie von der Schließung der Filialen in Dortmund und Castrop-Rauxel erfahren hat.
Mehr als 30 Jahre lang hatte die Frau in der Bäckerei gearbeitet. Namentlich will sie nicht genannt werden. Sie hat Sorge, dass sie keinen neuen Job findet, wenn sie sich öffentlich zu ihrer Kündigung äußert. Sie habe mit sich gehadert, ob sie etwas zur Insolvenz ihres Arbeitgebers sagen soll. Die Kurzfristigkeit des Rausschmisses hat sie schließlich dazu gebracht.
Kündigung per Text und Telefon
„Am Freitag war ich noch ganz normal arbeiten“, sagt die Frau. „Samstag hatte ich frei.“ Am Montag ist sie ihren Job los. „Ich muss das erstmal verarbeiten“, sagt sie. Insgesamt bestehe das Team aus etwa ein Duzend Kolleginnen – die meisten davon seien genauso lange dabei gewesen wie sie. „Ich habe meine Ausbildung hier gemacht, ich kenne gar nichts anderes.“ Nun muss sich die Fachverkäuferin nach Alternativen umschauen.

Am Freitag (22.3.) wurde ein Insolvenzverfahren gegen die „Schickentanz Backwaren Handelsgesellschaft“ eröffnet. Das geht aus einer öffentlichen Insolvenzbekanntmachung des Amtsgerichts Dortmund hervor. Die Nachricht von der Schließung habe sie kalt erwischt, erzählt die langjährige Mitarbeiterin. „Ich habe das wirklich überhaupt nicht kommen sehen.“
Zur Begründung habe ihr Chef am Telefon gesagt, dass es finanziell einfach nicht mehr klappe. „Ich hätte das gerne persönlich von ihm gehört“, sagt die Mitarbeiterin. „Es wäre respektvoller gewesen, uns das ins Gesicht zu sagen.“ Das gehöre sich so, wenn man so lange dort gearbeitet habe, findet die Frau. Einige andere hätten nicht mal einen Anruf, sondern lediglich eine Nachricht via WhatsApp erhalten.
Drohende Existenzängste
Sie habe jetzt echte Existenzängste, erzählt die Frau: „Ich weiß gar nicht, wie ich jetzt über die Runden kommen soll, wie ich meine Miete, meine Stromrechnung bezahlen soll.“ Als Vollzeitkraft bricht nun ihr Einkommen vom einen auf den anderen Tag komplett weg. „Ob ich mein Gehalt für diesen Monat wenigstens noch bekomme, weiß ich nicht. Ich habe ja noch kein Kündigungsschreiben bekommen bisher.“
Für solche und andere Nachfragen war die Firma Schickentanz für unsere Redaktion am Montag (25.3.) nicht zu erreichen. Die betroffenen Mitarbeiterinnen stehen auch miteinander in Kontakt, versuchen sich beizustehen. „Wir fühlen uns alle im Stich gelassen.“ Die meisten ihrer Kolleginnen hätten sich bereits heute beim Arbeitsamt gemeldet.
„Für mich ist das alles neu, ich habe ja immer gearbeitet“, sagt die Ex-Mitarbeiterin. „Wenn ich einen neuen Job finde, weiß ich gar nicht, ob ich einem neuen Chef dann noch mal mein Vertrauen schenken kann, nachdem was passiert ist.“ Dass sie vom einen auf den anderen Tag entlassen wurde, hat Spuren hinterlassen. Bei Schickentanz wird sie nie wieder hinter dem Tresen stehen. Dazu fällt der Frau letztlich nur ein Wort ein: „traurig.“

Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel erschien ursprünglich am 25. März 2024.