Hat Rochus-Führung sich wirklich um die Rettung bemüht? Mitarbeiterin: „Das ist Heuchelei!“

Hat Rochus-Führung sich um Erhalt bemüht? Mitarbeiterin äußert Zweifel
Lesezeit

Die Geschäftsführung der Katholischen St. Paulus-Gesellschaft sagt, sie habe vieles versucht. Doch es sei vergeblich gewesen. „Das Thema Geburtshilfe ist sensibel, das haben wir darum ja auch lange aufrechterhalten“, sagt Clemens Galuschka am Tag nach dem Rochus-Schock in Castrop-Rauxel. Man habe „nie einen Euro damit verdient, sondern haben es immer als unsere Aufgabe als Geschäftsführung und Aufsichtsrat angesehen, die Geburtshilfe zu erhalten.“ Doch künftig habe man Gesellschaft nicht mehr die Möglichkeiten, „im Rochus anderweitig so viel Geld zu verdienen, das querzusubventionieren“, so der Geschäftsführer am Freitag im Gespräch mit unserer Redaktion.

Aber haben sie wirklich alles versucht? Daran werden nach Bekanntgabe der Entscheidung erhebliche Zweifel laut. Es gibt heftige Kritik an der Führung des St. Rochus-Hospitals in Castrop-Rauxel. Eine Mitarbeiterin gibt anonym Einblick.

Die Entbindungsstation der Klinik für Frauenheilkunde im Rochus-Hospital: Drei Kreißsäle und eine Neugeborenenstation gehören dazu.
Die Entbindungsstation der Klinik für Frauenheilkunde im Rochus-Hospital: Drei Kreißsäle und eine Neugeborenenstation gehören dazu. © Tobias Weckenbrock (A)

Sie sei sauer, enttäuscht, hoffe aber, dass ihr in der Krankenhaus-Gesellschaft eine Weiterbeschäftigung in Aussicht stehe. „Was ich am Schlimmsten finde, ist die Heuchelei der Geschäftsführung, die immer wieder betont hat, wir könnten ihnen vertrauen“, erzählt sie gegenüber unserer Redaktion. „Und jetzt sagen sie, sie hätten sich bemüht. Alles Neue haben wir bis jetzt aber immer zuerst aus der Presse erfahren müssen.“

Die Belegschaft habe schon vor der Verabschiedung der Krankenhausreform darum gekämpft, dass die in die Jahre gekommene Station renoviert wird, um sie für Patienten und Schwangere wieder attraktiver zu machen. „Aber ständig gab es Ausreden, warum nicht renoviert werden konnte. Schranktüren brechen teilweise aus den Angeln, und das ist nur ein Beispiel. Wie oft haben wir gesagt, dass nicht unbedingt jedes Zimmer eine Dusche brauche, aber die ganze Station dringend eine neue Einrichtung nötig hätte? Nur für einen Eimer Farbe hat es gereicht.“

„Wenn man mal was investiert hätte“

Die Patienten lobten das Team und die Arbeit im Rochus rund um die Entbindungen. „Viel gutes Feedback für uns, aber das schlechte Feedback zum Interieur und der Wunsch der Patienten nach einer Neugestaltung wurde immer wegignoriert.“ Sie sei der Überzeugung: „Wenn man da mal etwas investiert hätte, wären sicherlich wieder mehr Patienten gekommen. Dann wären es mehr Geburten gewesen.“

Mehr aber noch: Das zweite Manko sei eine schlechte „Außenpolitik“ der Führungsebene, meint die Mitarbeiterin. „Seit den ersten Gerüchten, ob das Rochus schließt, haben wir gekämpft und beraten. Unsere Ärzte haben oft mit niedergelassenen Ärzten gesprochen, um die Unsicherheit zu vertreiben. Aber die Führung tat nichts. Auch das schürt Unsicherheit und führt zu einem Rückgang der Patientenzahlen, da viele Ärzte dann vom Rochus abgeraten haben.“

Als er hier noch das Sagen hatte, da wurde in die Frauenheilkunde investiert: Unter dem Ärztlicher Direktor Dr. Michael Glaßmeyer wurde aus der alten Kapelle eine Station mit drei Kreißsälen.
Als er hier noch das Sagen hatte, da wurde in die Frauenheilkunde investiert: Unter dem Ärztlicher Direktor Dr. Michael Glaßmeyer wurde aus der alten Kapelle eine Station mit drei Kreißsälen. © Michael Fritsch (2014)

Chefarzt hat sich selten gezeigt

Auch der neue Chefarzt habe die Abteilung „stiefmütterlich behandelt“ und sich „nur äußerst selten bei uns gezeigt“. Christoph Hemcke kam im Mai 2023 als Nachfolger seines langjährigen Castrop-Rauxeler Vorgängers Michael Glaßmeyer auch im Rochus in die Verantwortung. Auch, denn: Er war schon Chefarzt am St.-Josefs-Hospital in Dortmund, das ebenfalls zur Paulus-Gesellschaft zählt. Sein Hauptsitz blieb aber Hörde, sein Fokus lag nicht auf Castrop-Rauxel. Glaßmeyer hingegen, selbst sogar im Kirchenvorstand der Gemeinde St. Lambertus aktiv, war immer ein Fürsprecher der Gynäkologie im Rochus-Hospital. Und nur dafür.

„Oft haben wir gedacht, wir als Personal sind die einzigen, denen die Station wichtig ist“, sagt die Mitarbeiterin. „Wir haben zeitweise auch andere Patienten anderer Fachrichtungen übernommen, damit wir etwas zum Erhalt beitragen können.“

Zum Thema

Erzählen Sie uns von Ihrer Verbindung zum Rochus

Sie haben ein Kind zur Welt gebracht oder hatten eine Behandlung in der Frauenheilkunde? Sie wollen sich zum Thema äußern oder von Ihren persönlichen Erfahrungen mit dem Rochus-Hospital berichten? Dann schreiben Sie uns an castrop@lensingmedia.de.

So sei aus der Runde am Freitag bei der Mitarbeiterversammlung, in der die Beschäftigten vom Aus erfuhren, eine Frage geäußert worden, was nach der Schließung mit der Station passieren soll. „Das konnte man uns nicht beantworten. Da stehen dann also Räumlichkeiten leer, die nicht mal eben schnell umfunktioniert werden können, wie zum Beispiel der Kreißsaal. Und das ist dann wirtschaftlich?“

Auf die Frage nach dem Warum habe es lapidar geheißen: Weil zu wenig Zuschuss vom Land kommt, trotz der Zusage für den Erhalt der Geburtshilfe und Frauenheilkunde von der Politik.

Svea hieß das Neujahrsbaby 2020 im Castroper Rochus-Hospital.
Svea hieß das Neujahrsbaby 2020 im Castroper Rochus-Hospital. © Rochus-Hospital

„Datteln und Witten stoßen an Grenzen“

Auch das Marienhospital in Lünen müsse weiter bangen, heißt es aus der Rochus-Belegschaft. Dafür gab Clemens Galuschka, der auch Chef des Lüner Krankenhauses ist, aber grünes Licht: Auf Anfrage der Ruhr Nachrichten hieß es am Freitag, man werde die Geburtshilfe dort erhalten und gab eine Fallzahl von rund 750 an. Dienstag (25.3.) wolle er dort über die Zukunft informieren.

Das Knappschaftskrankenhaus Dortmund stellt seine Entbindungsstation auch ein: Das Ende hier steht schon Ende März ins Haus. Das beunruhigt auch die Beschäftigten im Rochus: „Dass Datteln und Witten schon jetzt teilweise oft an ihre Grenzen stoßen mit der Patientenzahl, will man nicht sehen. Dass die Patientinnen gerade zu uns kommen, weil sie bei uns nicht nur eine Nummer sind, sondern bei uns nebenbei noch Zeit für Beratungen ist, wird nicht gesehen.“

Dr. Michael Glaßmeyer (l.) geht, Dr. Christoph Hemcke kommt
Dr. Michael Glaßmeyer (l.) geht, Dr. Christoph Hemcke kommt: Der Chefarzt-Wechsel 2023 an der Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe war auch ein Teil der Geschichte. Hemcke habe sich nur selten sehen lassen, lautet die Kritik aus der Rochus-Belegschaft. Sein Fokus galt wohl eher dem Krankenhaus der Gesellschaft in Hörde. © Ronny von Wangenheim (2023)

„Die Geburt eines Kindes ist ein besonderer Moment – und wir hätten uns gewünscht, diesen Moment auch weiterhin hier in unserem Haus begleiten zu können“, betonten Chefarzt Christoph Hemcke und Standortleiter und Pflegedirektor Axel Westermann in einem schriftlichen Statement. Clemens Galuschka aber unterstrich auch, dass diese Entscheidung der Stabilisierung des Rochus-Hospitals am Standort Castrop-Rauxel generell diene.


Was wir in den vergangenen Tagen zum Rochus berichtet haben (Chronologie von neu nach alt):