Würde man die Angelegenheit sportlich einordnen wollen, und das darf man bei Sven Mosdzien, der lange aktiver Handballer war und aktuell Vorsitzender des Recklinghäuser Handball-Vereins (HTV 95/28) ist, sehr wohl, dann würde man ihn vermutlich als Rückraumspieler sehen, der im entscheidenden Moment in die Lücke stößt. Das muss nicht immer klappen, aber es ist möglich.
Schon 2019 zog er sich auch zur Überraschung einiger SPD-Genossen selbst aus dem Hut und formulierte einen überaus kessen Anspruch: Sven Mosdzien wollte nicht weniger als Bürgermeister werden, doch letztlich wurde er auf dem Weg in den Ring von seiner eigenen Partei ausgebremst. Stadtverbandschef Andreas Becker setzte sich bei der parteiinternen Kandidatenkür durch und trat letztlich 2020 für die SPD an. Der Rest ist bekannt: Amtsinhaber Christoph Tesche (CDU) landete einen Kantersieg, Becker kam lediglich auf knapp 17 Prozent der Stimmen. „Vielleicht hätte ich ja mehr geholt“, sagt Sven Mosdzien heute nur zu diesem Thema.
Ohnehin ließ sich Letzterer nicht wirklich von seinem politischen Weg abbringen, und so holt er jetzt zum nächsten Coup aus: Diesmal soll es nicht das Recklinghäuser Rathaus sein, sondern gleich der Berliner Bundestag. Und wieder muss er dafür zunächst interne Konkurrenz beiseite räumen – und das ist in diesem Fall das SPD-Schwergewicht Frank Schwabe, der 2025 seit mittlerweile zwei Jahrzehnten im deutschen Parlament sitzen wird. Sven Mosdzien hat davor ganz ausdrücklich einen „Riesenrespekt“, doch deswegen wird er vor der Wahldelegiertenkonferenz, die am 21. September stattfinden wird, garantiert keinen Rückzieher machen. Doch wer ist dieser Sven Mosdzien eigentlich?
Der 49-Jährige hat alles andere als eine klassische Politkarriere vorzuweisen, er ist erst 2010 in die SPD eingetreten. Und der Grund dafür war der Umstand, dass damals sein gesamtes privates Umfeld eher mit Skepsis und Ablehnung auf die Politik geblickt hat („Die sind doch alle korrupt“) – „da wollte ich selbst wissen, ob das wirklich so ist“.

Und so machte er seine ersten Erfahrungen im Ortsverein König Ludwig/Röllinghausen im Recklinghäuser Südosten, zunächst als einfaches Mitglied, später als Kassierer, inzwischen als Vorsitzender. Zwischenzeitlich wurde er zudem sportpolitischer Sprecher der Fraktion, als sachkundiger Bürger saß er im städtischen Sportausschuss. Und die dabei erlangten Erkenntnisse fasst er heute so zusammen: „Man muss nur lange genug dranbleiben, dann kann man auch etwas bewegen.“ Das mag vor allem für Sachfragen gelten, aber es könnte auch seine ganz persönliche Motivation beschreiben.
Sicher ist, dass Sven Mosdzien bei seinem Griff zu den Sternen immer noch als Gegenentwurf zum hoch etablierten Frank Schwabe gelten darf, obwohl er mittlerweile gemeinsam mit der Landtagsabgeordneten Anna Teresa Kavena den Vorsitz im Stadtverband in Recklinghausen innehat. „Ich stecke nicht in irgendwelchen Routinen, ich schaue genau hin, was passiert und was ich daraus mache“, sagt er von sich selbst: „Ich bin der Herausforderer, aber ich bin kein Polit-Profi.“

Im Gegenteil: Sven Mosdzien steckt im ganz normalen beruflichen Alltag, er arbeitet als Teamleiter bei der Agentur für Arbeit in Dortmund. Doch bevor er dort zur Landung angesetzt hat, bedurfte es einiger Umwege: Nach dem Abitur am Recklinghäuser Freiherr-vom-Stein-Gymnasium studierte er Sport, er schloss schließlich als Diplom-Sportwissenschaftler mit dem Schwerpunkt Sport-Management ab. Schon während der Zeit an der Uni arbeitete Sven Mosdzien in Freizeitbädern, Autokinos und Sportstudios, und im Großbereich Fitness fand er schließlich auch seine erste professionelle Heimat.
Doch weil zwischenzeitlich eine Tochter und ein Sohn in sein Leben getreten waren, war Sven Mosdzien latent auf der Suche nach einem solideren beruflichen Hafen. Er selbst schielte da eher auf die Sportämter im Land, doch zufällig wurde es dann die Bundesagentur für Arbeit, die nach Mitarbeitern mit Führungsverantwortung fahndete. Und das passte: „Ich mag es, mit Menschen umzugehen, Prozesse zu erarbeiten und umzusetzen. Wichtig dabei ist: Man muss alle mitnehmen.“
„Ich habe definitiv die Nase im Wind“
Und das zählt gleichermaßen für seinen politischen Anspruch: „Ich habe definitiv die Nase im Wind. Ich will wissen, was die Leute beschäftigt. Wenn mir jemand sagt, dass er sich nicht mehr abends auf den Neumarkt in Recklinghausen-Süd traut, dann ist das sehr ernst zu nehmen.“ Und ja, in diesem Zusammenhang müsse man auch wieder mal über mehr Polizei-Präsenz reden.
Doch Sven Mosdzien, der auch im Recklinghäuser Süden wohnt, weiß, dass es nicht damit getan ist, nur der Kummerkasten für die Nachbarschaft zu sein: „Natürlich sind vor allem die innere und äußere Sicherheit sowie die Kommunalfinanzen meine Themen. Die Altschuldenbremse muss kommen, sonst bluten die Städte aus.“

Seine Bewerbung für die Bundestagskandidatur im Wahlkreis 120, der neben Recklinghausen auch Castrop-Rauxel und Waltrop umfasst, hat er auch umgehend zu den anderen SPD-Stadtverbänden geschickt, „weil das natürlich eine Frage des Anstands ist“. Gern würde er sich den Leuten in Waltrop und Castrop präsentieren, „doch bislang habe ich noch keine Anfrage erhalten“, so Sven Mosdzien.
So läuft möglicherweise alles auf einen Showdown am 21. September hinaus und auf die Reden, mit denen sich Schwabe und Mosdzien an die Wahldelegierten wenden: „Und ja, da darf man auch mal ein bisschen nervös sein“, sagt „Molle“, wie ihn Sport- und andere Freunde nennen. Und wie sieht er seine Chancen? „Schwer einzuschätzen. Alle aus Recklinghausen werde ich wohl nicht mitnehmen können, aber vielleicht kann ich ja ein paar Leute aus Waltrop oder Castrop für mich gewinnen“, erklärt Sven Mosdzien: „Ich denke da gar nicht strategisch, ich denke einfach geradeaus.“