Es dürfte am Abend der Bundestagswahl (23. Februar) in ganz Deutschland nicht sonderlich viele Sozialdemokraten mit gehobener Laune gegeben haben. Zu niederschmetternd war der Schlag in die Magengrube, den das Wahlvolk der SPD versetzt hatte. Frank Schwabe mag da eine echte Ausnahme gebildet haben, schließlich konnte er sich über ein persönliches Erststimmenergebnis freuen, das annähernd zehn Prozentpunkte über dem Resultat der hiesigen SPD lag.
Vor allem aber bescherte ihm das einmal mehr den Sieg im Wahlkreis Recklinghausen I (Castrop-Rauxel, Recklinghausen, Waltrop). Was bedeutet: Auch in den nächsten vier Jahren wird der 54-jährige Castrop-Rauxeler damit im Berliner Bundestag sitzen. Kein Wunder also, dass Schwabe sein persönliches Abschneiden „fantastisch“ fand: „Das mag einem engagierten Wahlkampf geschuldet sein, aber vielleicht lag es auch ein wenig daran, was ich in den vergangenen Jahren politisch so gemacht habe.“

Im Castrop-Rauxeler Agora-Kulturzentrum war Frank Schwabe gegen 19.30 Uhr mit großem Applaus begrüßt worden. Und schon zu diesem frühen Zeitpunkt war klar, dass das Rennen im Wahlkreis entschieden ist. Und wenn es nach Schwabe geht, dann dürfte in der Bundeshauptstadt durchaus an einer großen Koalition (CDU/SPD) gefeilt werden: „Ich glaube, die Leute wollen das.“
Aber auch ansonsten hat sich erst einmal nicht viel verändert. Michael Breilmann (CDU), der am Morgen bei der Stimmabgabe in der Castrop-Rauxeler Elisabethschule noch die zarte Hoffnung gehegt hatte, „den traditionellen SPD-Wahlkreis“ endlich einmal knacken zu können, war erneut nur zweiter Sieger. Aber auch sein Ergebnis war ehrenwert – es lag rund 1,5 Prozent über dem der CDU selbst. Ob Platz 18 auf der NRW-Liste der CDU einmal mehr für die Dauerkarte nach Berlin reicht, war zunächst noch nicht klar. Wie schon 2021 wurde es auch diesmal eine Zitterpartie für Breilmann.
Recklinghäuserin zieht in den Bundestag ein
Ab 18.51 Uhr waren die ersten Resultate eingetrudelt. Ein Wahllokal in Recklinghausen hatte den Anfang gemacht. Und schnell war im Anschluss klar, dass sich ein Bundestrend auch im Wahlkreis RE I durchsetzen wird. Die Rede ist vom Erstarken der AfD: Letztlich lag die Partei auch hier bei knapp über 20 Prozent, was vor allem die Direktkandidatin Dr. Anna Leonore Labitzke Rathert freute. Denn damit war klar, dass die Juristin aus Recklinghausen künftig im Bundestag sitzen wird. Rund 20 AfDler aus NRW werden künftig in Berlin wirken, Listenplatz 11 war da für Dr. Anna Rathert ein echtes Ruhekissen.
Sie hatte die Verkündung des Bundesergebnisses auf einer AfD-Wahlparty in Gelsenkirchen miterlebt, wo die ganz große Stimmung erst aufkam, als ARD und ZDF die AfD auf mehr als 20 Prozent hoben. „Ich bin überaus zufrieden“, erklärte Dr. Rathert, „mit meinem persönlichen Resultat und mit dem Ergebnis auf Bundesebene.“
Auf eine Fahrgemeinschaft mit Frank Schwabe sollte sie allerdings eher nicht setzen, weil Letzterer schon am Wahlabend ein politisches Ziel der nächsten Jahre formuliert hat: „Ja, es stimmt, dass rund 20 Prozent der Leute rechtsextrem gewählt haben, aber das bedeutet auch, dass 80 Prozent das nicht wollen. Ich will diesen braunen Sumpf austrocknen.“
Überaus zufrieden gab sich auch Erich Burmeister (Die Linke), der schon im Vorfeld angekündigt hatte, dass seine Partei im Bund auf „acht Prozent“ kommen werde, was sogar noch ein wenig übertroffen wurde: „Damit kann ich bestens leben.“

Grünen-Vertreterin Regina Weyer pickte sich derweil die kargen Rosinen aus dem Kuchen: 9,7 Prozent im Wahlkreis RE 1 lagen noch ein gutes Stück unter dem Bundesergebnis (12,1 Prozent). Ihr persönliches Resultat lag mit 6,8 Prozent sogar noch ein bisschen darunter. „Das Ampel-Aus hat uns sehr geschadet, es war zuletzt ein schwieriges Fahrwasser für die Grünen“, so Weyer.
Für Mathias Richter (FDP) dürfte es hingegen ein ganz schwarzer Abend gewesen sein: Den Einzug in den Bundestag haben die Liberalen verpatzt, im hiesigen Wahlkreis sah es mit 3,6 Prozent der Stimmen noch böser aus. Richter bewahrte dennoch Haltung: „Wir müssen genau hinschauen, was der Wähler wirklich will.“