Ende Oktober hat der 20-jährige Selim Korkutan seine Kandidatur für den Stadtrat in Castrop-Rauxel öffentlich gemacht. Er ist seit Jahren in der Grünen Jugend aktiv und engagiert sich in der Stadt. „Ich möchte in den Castrop-Rauxeler Stadtrat“, schreibt Selim in einem Post, den er unter anderem auf TikTok veröffentlicht.
Innerhalb weniger Stunden sammeln sich unter dem Video etliche rassistische Kommentare. Mehr als 8000 Menschen haben den Post gesehen, viel mehr als die anderen Beiträge der Grünen Jugend bei TikTok. Mittlerweile hat die Partei die Kommentare gesperrt, eine Auswahl wurde aber in einem Statement veröffentlicht. „Geh sterben“, „Den Türken jagen wir durch Castrop-Rauxel“ oder „Ein Moslem in einem deutschen Stadtrat. Armes Deutschland“, heißt es da.

Selim Korkutan hätte niemals mit dieser Reaktion gerechnet: „Das hat einem schon Angst gemacht.“ Einige Kommentare können durchaus auch als Drohung verstanden werden. Ein Nutzer schrieb: „Ich bin Castroper und weiß, wo der wohnt.“
Der 20-Jährige will auf jeden Fall bei seiner Kandidatur bleiben: „Ich habe aber nicht damit gerechnet, dass es persönliche Angriffe, Drohungen und rassistische Hetze gegen mich als Person in dem Umfang geben wird. Für mich ist klar: jetzt erst recht.“ Selim Korkutan hat die deutsche und die türkische Staatsbürgerschaft. Immer wieder hat er in der Vergangenheit auch öffentlich über seine Erfahrungen und seine eigene Migrationsgeschichte gesprochen.
Offener Umgang mit Attacke
Auch der Vorstand der Grünen in Castrop-Rauxel unterstützt ihn bei seiner Entscheidung und verurteilt die Angriffe scharf. „Zum einen ist uns wichtig, jedem Betroffenen zu zeigen, dass wir geschlossen hinter der betroffenen Person stehen. Zum anderen möchten wir durch den offenen Umgang zeigen, dass wir mehr Zivilcourage dieser Art von Hass und Hetze entgegensetzen wollen und müssen“, heißt es von Karsten Zygowski, dem Vorsitzenden der Grünen.
Mittlerweile hat die Partei ein weiteres Video veröffentlicht, in dem Selim Korkutan auf den Vorfall reagiert. Ein rauer Tonfall sei für ihn in der Politik in Ordnung, aber es gebe Grenzen: „Man kann mich kritisieren und hart in der Sache attackieren. Das gehört auch zur Kommunalpolitik dazu. Doch persönliche Angriffe gehen zu weit. Ich lasse mich nicht einschüchtern.“ Mittlerweile hat der 20-Jährige viel Solidarität bekommen, Nachrichten über die Partei- und Stadtgrenzen von Castrop-Rauxel hinweg.
Selim Korkutan ist klar, dass – wenn er in den Stadtrat gewählt werden sollte–, der Hass noch mehr werden könnte. „Doch jetzt kann ich mich darauf einstellen“, sagt er. Die vielen positiven Nachrichten haben ihm außerdem gezeigt, dass die hasserfüllten Kommentare nur eine Minderheit seien.