Radwege in Castrop-Rauxel zu gefährlich: Radfahrer sind frustriert

© Dieter Düwel

Radwege in Castrop-Rauxel zu gefährlich: Radfahrer sind frustriert

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Autos fahren auf der Straße. Fußgänger nehmen den Gehweg. Und Radfahrer? Das ist nicht so einfach. Es gibt verschiedene Wege. Wie sicher sind sie? Wir haben Castrop-Rauxels Straßen getestet.

Castrop-Rauxel (CAR)

, 04.12.2021, 14:55 Uhr / Lesedauer: 3 min

Das Fahrrad ist ganz klar auf der Überholspur. Der Radverkehr hat auf unseren Straßen stark zugenommen. Aber wo müssen oder dürfen Radfahrer fahren? Klar ist: Radfahrer müssen auf Radwegen fahren, wenn diese entsprechend ausgeschildert sind. Gibt es zwar einen Radweg, aber ein entsprechendes Schild fehlt, müssen Radfahrer diesen nicht benutzen.“

Sicheres Radfahren im Mischverkehr?

Da es nur wenige ausgeschilderte Radwege gibt, ist der Mischverkehr auf der Fahrbahn für den Radverkehr der Regelfall. Viele Radfahrer fühlen sich dort unsicher, obwohl die Unfallforschung zeigt, dass das Fahren auf der Straße objektiv sicherer ist.

Das bestätigt Lothar Widlitzki, der fast täglich auf den Straßen in Castrop-Rauxel mit dem Rad unterwegs ist: „Im Mischverkehr fühle ich mich relativ sicher, da ich als Radler von den Autofahrern besser gesehen werde.“

Dieses Gefühl teilen jedoch nicht alle Radfahrer. Da oft der Sicherheitsabstand von den Autofahrern nicht eingehalten wird, fühlen sie sich auf der Fahrbahn unsicher. Aber gibt es Alternativen für den Alltagsradler?

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Sonderwege für den Radverkehr

Es gibt Sonderwege für den Radverkehr, wie zum Beispiel den benutzungspflichtigen Radfahrstreifen. Er wird durch eine durchgezogene Linie von Autoverkehr getrennt und mit Fahrrad-Piktogrammen kenntlich gemacht.

Das Verkehrszeichen für den Radfahrstreifen. Radfahrer müssen ihn benutzen. Autos dürfen hier nicht fahren, halten oder parken.

Das Verkehrszeichen für den Radfahrstreifen. Radfahrer müssen ihn benutzen. Autos dürfen hier nicht fahren, halten oder parken. © Dieter Düwel

Idealerweise sind diese Wege vollflächig rot eingefärbt, wie zum Beispiel auf der Dortmunder Straße am Schweriner Berg.

Anika Levin, passionierte Radfahrerin, bevorzugt diese Wege: „Am sichersten fühle ich mich auf ausreichend breiten, farbig markierten Radwegen.“

Lothar Widlitzki bemängelt allerdings den Zustand der Radfahrstreifen im Castrop-Rauxeler Stadtgebiet: „Diese Radwege sind oft zu schmal, und die Markierungen verblassen schnell. Sie sind dann an vielen Stellen kaum noch sichtbar. Außerdem fehlen Einfärbungen an Kreuzungen oder Einfahrten.“

Gefährliche Schutzstreifen

Der größte Dorn im Auge der meisten Radfahrer sind die Schutzstreifen. Sie sind am Fahrbahnrand durch eine gestrichelte Linie und Fahrrad-Piktogramme gekennzeichnet.

Der Schutzstreifen an der Ickerner Straße. Gefahren für Radfahrer drohen durch sich öffnende Autotüren.

Der Schutzstreifen an der Ickerner Straße. Gefahren für Radfahrer drohen durch sich öffnende Autotüren. © Dieter Düwel

Autos dürfen bei Bedarf auf dem Schutzstreifen fahren und das Halten auf dem Streifen ist mit Einschränkungen erlaubt.

Barbara Sealiti, die oft mit dem Rad und ihrer Tochter unterwegs ist, kann sich mit diesen „Radwegen“ gar nicht anfreunden: „Auf den Schutzstreifen fühle ich mich überhaupt nicht sicher. Sehr häufig kommt es zu Schnittpunkten mit Autofahrern, die den Schutzstreifen gar nicht wahrnehmen.“

Beate Sealliti ist häufig mit dem Fahrrad und ihrer Tochter unterwegs.

Beate Sealliti ist häufig mit dem Fahrrad und ihrer Tochter unterwegs. © Dieter Düweol

„Dooring“ gefährdet Radfahrer

Für Anika Levin sorgt das Phänomen des „Dooring“ entlang der Schutzstreifen für zusätzliche Gefahren: „Neben den Streifen parkende Autofahrer öffnen die Autotüren oft, ohne nach hinten zu schauen und vorbeifahrende Radfahrer wahrzunehmen.“

Lother Widlitzki rät den Autofahrern zum „holländischen Griff“: „Man sollte mit der rechten Hand die Fahrertür öffnen, dann sieht man automatisch sich nähernde Radfahrer.“

Lothar Widlitzki kennt sich auf Castrop-Rauxels Radwegen aus. Er sieht an der Oststraße ein Problem: hier geht der Radfahrstreifen auf einen Gehweg über.

Lothar Widlitzki kennt sich auf Castrop-Rauxels Radwegen aus. Er sieht an der Oststraße ein Problem: hier geht der Radfahrstreifen auf einen Gehweg über. © Dieter Düwel

Radfahrer und Fußgänger auf gemeinsamen Wegen

Aber nicht nur auf der Fahrbahn warten Gefahren auf den Radfahrer. Statt mit dem Autoverkehr auf der Fahrbahn wird der Radverkehr an vielen Stellen mit dem Fußverkehr auf Gehwegen gemischt. Hier kann es wegen der unterschiedlichen Geschwindigkeiten zu Konflikten kommen.

Das Verkehrszeichen weist auf einen gemeinsamen Geh- und Radweg hin. Es zeigt, welche Wegseite von welchem Verkehrsteilnehmer genutzt werden muss.

Das Verkehrszeichen weist auf einen gemeinsamen Geh- und Radweg hin. Es zeigt, welche Wegseite von welchem Verkehrsteilnehmer genutzt werden muss. © Dieter Düwel

Die gemeinsamen Geh- und Radwege müssen von Radfahrern benutzt werden. Dabei gibt es zwei Möglichkeiten. Entweder der Weg ist in je eine Seite für den Radfahrer und eine Seite für den Fußgänger aufgeteilt oder Radfahrer und Fußgänger nutzen den Weg gemeinsam. Erhöhte Vorsicht und gegenseitige Rücksichtnahme sind unerlässlich.

Das Verkehrszeichen weist darauf hin, dass der Weg von Fußgängern und Radfahrern gemeinsam zu nutzen ist.

Das Verkehrszeichen weist darauf hin, dass der Weg von Fußgängern und Radfahrern gemeinsam zu nutzen ist. © Dieter Düwel

Trotzdem fühlt sich Anika Levin nicht sehr wohl auf den gemischten Rad- und Gehwegen: „Da ich häufig mit meinem E-Bike unterwegs bin und auch schon mal etwas zügiger fahre, muss ich sehr vorsichtig sein, da immer die Gefahr besteht, dass Fußgänger oder auch Hunde unvermittelt in die Spur laufen. Inzwischen klingele ich schon mal zur Vorsicht, wenn ich von hinten heran fahre und bedanke mich beim Vorbeifahren. Leider gefällt das nicht jedem. Ich bin auch schon mal angemeckert worden.“

Rücksichtnahme im Mischverkehr

Lothar Widlitzki hat mit Fußgängern im Mischverkehr kaum Probleme: „Ich versuche einfach, Rücksicht zu nehmen. Dann klappt’s meistens ganz gut. Unangenehmer sind da schon manche Begegnungen mit Hundehaltern.“

Rücksichtnahme empfiehlt sich vor allem auf den Gehwegen, die von Radfahrern mitbenutzt werden dürfen. Fußgänger haben aber trotzdem Vorrang.

Gehwege können durch das Zusatzschild auch für Radfahrer freigegeben werden.

Gehwege können durch das Zusatzschild auch für Radfahrer freigegeben werden. © Dieter Düwel

Hier gilt besondere Vorsicht, denn es darf nur Schrittgeschwindigkeit gefahren werden. Autofahrer glauben immer noch, dass das „Fahrrad-frei-Schild“ auf einen benutzungspflichtigen Radweg hinweist. Oft wird gehupt oder gedrängelt, um dieses dem Radfahrer deutlich zu machen.

Sichere Radwege: Fahrradstraßen und „Protected Bike Lanes“

Auf welchen Wegen können sich Radfahrer relativ sicher fühlen? Größte Sicherheit für Radfahrer bieten Fahrradstraßen und „Protected Bike Lanes“.

Auf den Fahrradstraßen dürfen Radler die gesamte Fahrbahn benutzen und auch nebeneinander fahren. Motorisierter Verkehr ist nur zugelassen, wenn Zusatzschilder angebracht sind. Radfahrer haben immer Vorrang. Der EUV plant, die Wewelingstraße in Pöppinghausen zur ersten Fahrradstraße in Castrop-Rauxel umzuwidmen.

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In der „Protected Bike Lane“, die ursprünglich aus den USA kommt, wird dem Autoverkehr eine komplette Spur weggenommen. Man nutzt den Platz für einen mindestens zwei Meter breiten geschützten Radfahrstreifen, der durch eine Barriere aus Pollern oder Blumentöpfen geschützt ist und nicht von Autofahrern überfahren oder zugeparkt werden kann. Leider gibt es im Castrop-Rauxeler Stadtgebiet einen solchen Radweg nicht.

Castrop-Rauxeler Radwege müssen attraktiver werden

Wie schätzen heimische Radfahrer das Radwegenetz in Castrop-Rauxel ein?

Anika Levin übt Kritik: „Die Wege sind entweder häufig gar nicht vorhanden oder in die Jahre gekommen. Ich würde mir sehr wünschen, dass Radwege - wie Münster es jetzt weitgehend gemacht hat – durchgängig rot markiert werden. Das würde sowohl Rad- als auch Autofahrern sofort ins Auge springen.“

Anika Levin nutzt gern ihr E-Bike und fühlt sich auf rot eingefärbten Radfahrstreifen wohl.

Anika Levin nutzt gern ihr E-Bike und fühlt sich auf rot eingefärbten Radfahrstreifen wohl. © privat

Lothar Widlitzki bemängelt, dass viele Radwege nicht durchgängig sind: „Die Weiterführung verläuft entweder auf Fußwegen, wie zum Beispiel an der Wartburgstraße oder ohne Radweg auf den Straßen, wie zum Beispiel in Schwerin und Frohlinde.“

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Es bleibt zu hoffen, dass das Radwegenetz in unserer Stadt attraktiver, vor allem sicherer gestaltet wird. Nur dann werden mehr Castrop-Rauxeler auch im Alltag aufs Rad umsteigen.

Eine nützliche Übersicht über die verschiedenen Arten von Radwegen mit Erklärungen und Bildern findet man auf der Website von Radfahren.de: https://www.radfahren.de/story/radwege-sichere-radinfrastruktur/. Die wichtigsten Regeln für Radfahrer hat der ADFC in der Rubrik „Verkehrsrecht für Radfahrende“ erklärt: www.adfc.de/artikel/verkehrsrecht-fuer-radfahrende/. Die neuesten Änderungen der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) sind im April 2020 in Kraft getreten. Sie bringen einige Verbesserungen für die Sicherheit von Radfahrern im Straßenverkehr.