„Das hatten wir auch selbst gebaut, das muss dann weg, oder?“, ruft jemand aus der hintersten Ecke der Radstation in Castrop-Rauxel. „Ja leider“, ruft Dominik Preißler, Sozialpädagoge von der Rebeq zurück. Die Stimmung ist sichtlich bedrückt. Ein Gefühl voller Zukunftssorgen, Angst und Frust macht sich in dem kleinen Raum der Radstation zwischen dem Simon-Cohen-Platz und dem Münsterplatz breit.
Denn jetzt ist es Realität: Die Radstation schließt ihre Türen. Eine letzte Runde mit dem Fahrrad düst ein Teilnehmer durch die Räumlichkeiten. Mit der Schließung beginnt für die Teilnehmer der Radstation eine Zeit voller Perspektivlosigkeit. „Fast alle Mitarbeitenden sind Langzeitarbeitslose und sind über die AGH, also Arbeitsgelegenheit zur Radstation gekommen“, erzählt Dominik Preißler. Er ist für die Mitarbeiter dort zuständig gewesen. Der Abschied macht ihn besonders wehmütig.

Schlechte Stimmung
25 Jahre alt wäre die Radstation dieses Jahr geworden. „Dieses Jahr ist ein Jubiläumsjahr, aber stattdessen schließen wir“, sagt Dominik Preißler. Eigentlich wollte auch Roland Randermann, der Leiter der Station, am letzten Tag dabei sein. „Herr Randermann lebte die Radstation, die Schließung hat ihn richtig mitgenommen“, sagt Jennifer Vait, Sozialarbeiterin bei Rebeq und die Standortleiterin. Dominik Preißler und sie fühlen sich hilflos. „Wir sind in einer privilegierten Situation, aber die Menschen, die in der Radstation gearbeitet haben, haben jetzt keine Perspektive mehr.“ Die politische Entscheidung, das Projekt für die Arbeitslosen einzustellen, trifft deshalb auf Unverständnis.
Die Teilnehmer haben meist schwere Schicksalsschläge und Krankheits-Diagnosen hinter sich, die es ihnen oft nicht mehr ermögliche, in den klassischen Berufen arbeiten zu gehen. „Für sie bricht eine Tagesstruktur weg, die sie brauchen, um nicht in einen alten Trott zu verfallen“, sagt Dominik Preißler. Er hat schon viele Menschen dort begleitet und wieder auf die gerade Bahn gebracht. „Erst vor ein paar Tagen kam ein alter Mitarbeiter der Radstation zu mir und hat sich bei mir bedankt, weil er durch mich und die Arbeit in der Radstation nach 16 Monaten endlich schuldenfrei ist, einen unbefristeten Arbeitsvertrag hat und glücklich ist.“
Perspektivlosigkeit
Dirk Bremer hatte sich in der Radstation regelrecht hochgearbeitet. Mittlerweile hat er einen befristeten Vertrag in einer geförderten Stelle und ist dadurch Teil der Leitung geworden. Er verliert deshalb auch nicht direkt seinen Job. „Ich arbeite weiter als Hausmeister bei der AGH auf der Erinstraße und bin froh, weiterhin Geld bekommen zu können.“ Er hat nur gute Erinnerungen an die Zeit bei der Radstation - doch macht er sich große Sorgen um seine Freunde. „Es ist traurig für die Teilnehmer. Wenn es ganz schlecht läuft, landen viele wieder ohne Perspektive auf der Straße“, sagt Dirk.
Jegliche Versuche, die Radstation zu retten, haben nicht geklappt, am Ende sei es das Geld gewesen, welches eine Weiterführung nicht möglich machte, erklärt Jennifer Vait. „Es gibt natürlich noch die Möglichkeit als Hausmeister, Assistenz in einer Kita, in Tierheimen oder Seniorenheimen zu arbeiten, aber für viele passen diese Berufe nicht“, sagt sie.
Einen kleinen Hoffnungsschimmer hat die Sozialarbeiterin aber noch, dass die Radstation irgendwann wieder öffnen kann. „Die Stadt hat uns schon gefragt, ob wir das Projekt weiterführen würden, wenn genug Geld da wäre.“ Dass es dazu in den nächsten Jahren kommt, daran glaubt Jennifer Vait aber nicht. „Die Hoffnung bleibt und stirbt zuletzt“, sagt sie.
