
© Ronny von Wangenheim
Pflegefachschule meldet starke Nachfrage: Schüler sind „Helden in Ausbildung“
EvK Castrop-Rauxel
Pflegenotstand, hohe Belastung, Tausende fehlende Fachkräfte: Ob Pflegefachkraft gerade ein Traumjob ist? An einer Pflegefachschule ist die Nachfrage groß: Jetzt startete sogar ein Zusatzkurs.
In der Eingangshalle der Pflegefachschule der Evangelischen Krankenhausgemeinschaft hängt ein Transparent. Jeder Name steht für einen Schüler. Sie sind „Helden in Ausbildung“, auch das steht dazu lesen. Die beiden letzten Worte sind durchgestrichen: Sie beenden gerade die Ausbildung.
Helden, Klatschen, öffentliche Anerkennung. Das ist eine Seite. Die Arbeitsbedingungen sind dagegen schwierig. Vor allem, weil zu wenig Pflegefachkräfte da sind. Doch es gibt den Nachwuchs. Karina Schneider (23) und Paul Bühner (17) sind zwei der Pflegefachschüler, die im November ihre Ausbildung an der Pflegefachschule begonnen haben.
Erstaunlich: Sie gehören zu einem Zusatzkurs. „Die Nachfrage war so groß, dass wir beschlossen haben, in diesem Jahr einen weiteren Ausbildungslehrgang anzubieten“, sagt Martin Hückelheim, Leiter der Zentralen Pflegefachschule der Evangelischen Krankenhausgemeinschaft Herne/Castrop-Rauxel.
Mit dem Zusatzkurs startete auch eine neue Lehrerin
Es ist der dritte Kurs in diesem Jahr. 22 angehende Pflegefachkräfte starteten am 2. November. Und mit ihnen eine neue Lehrerin: Dorothee Willmes verstärkt das Team. Den ersten Theorieblock haben sie inzwischen hinter sich. „Es ist mehr als erwartet. Aber es macht Spaß“, sagt Karina Schneider.
Jetzt sammeln die Schüler praktische Erfahrungen. Karina Schneider und Paul Bühler haben ihren ersten Einsatzort beide im EvK in Castrop-Rauxel. Sie auf der Inneren, er in der Chirurgie. Paul Bühler kennt die Meinung über den Pflegeberuf. „Ich sehe das eher als Herausforderung“, sagt er. Der Beruf sei ihm praktisch in die Wiege gelegt, erzählt er von seiner Familie, die alle im sozialen Bereich arbeiten.

Ein Zusatzkurs startete an der Zentralen Pflegefachschule der Ev. Krankenhausgemeinschaft Herne/Castrop-Rauxel. © Ev. Krankenhausgemeinschaft
Das wollte er auch. „Gesellschaftlich etwas Gutes tun“, darum geht es dem Castrop-Rauxeler. Eine Erzieherausbildung hat der 17-Jährige abgebrochen. Das war nicht das Richtige. Die ersten Eindrücke von der Pflegefachschule sind positiv. „Es gibt unfassbar viele Möglichkeiten“, blickt er schon etwas in die Zukunft.
Übernahmechancen sind fast hundertprozentig
Auch für Karina Schneider war die Vielseitigkeit des Berufs ein Grund, die Ausbildung zu beginnen. Nach einem Jahrespraktikum hat sie sich ganz bewusst für eine Zukunft als Pflegefachfrau entschieden. Und die Zukunftsaussichten sind bestens. Martin Hückelheim spricht von einer Übernahmechance von nahezu 100 Prozent.

Martin Hückelheim in der Pflegefachschule. Für die Schüler, die jetzt ihre Prüfung machen, wurde das Transparent aufgehängt. Sie sind "Helden". © Ronny von Wangenheim
Er betont: „Die Erfahrungen, die wir alle während der Corona-Pandemie gemacht haben, haben noch einmal deutlich vor Augen geführt, wie wichtig gut ausgebildete Pflegefachkräfte sind. Kaum ein anderer Beruf ist so bedeutsam für unsere Gesellschaft und gleichzeitig so krisensicher wie der Pflegeberuf.“
Schlecht bezahlt, auch das heißt es immer wieder über Pflegekräfte. Die beiden Schüler sehen das nicht so. Im ersten Ausbildungsjahr bekommen sie 1165 Euro, im dritten Jahr 1328 Euro, dazu 33 Urlaubstage. „Die Ausbildungsvergütung ist eine der höchsten“, sagt Martin Hückelheim. Karina Schneider sagt: „Geld ist nicht das Problem. Eher, dass Zeit für die Patienten fehlt.“ Und auch Paul Bühler weiß jetzt schon: „Zeit ist Mangelware.“
Umgang mit psychischer und körperlicher Belastung gehört zur Ausbildung
Auch der Schulleiter berichtet von schlechten Rahmenbedingungen. „Der Markt ist leer, viele Stellen unbesetzt, oft ist die Fluktuation sehr hoch.“ Aber er spricht auch davon, dass die Arbeit befriedigend ist. „Es ist ein toller Beruf“, sagt er aus eigener Erfahrung.
Weil der Stress hoch ist, gehört zur Ausbildung aber auch der Umgang mit psychischer und körperlicher Belastung. Paul Bühler sagt: „Es ist klar, dass es belastende Situationen gibt. Aber ich glaube, ich kann damit umgehen.“
180 Plätze gibt es in der Schule, die in Herne ihren Standort hat und den Nachwuchs für die Krankenhäuser in Herne und Castrop-Rauxel sichern soll. Die Ausbildung ist EU-weit anerkannt. Und sie hat sich geändert. Wurde früher noch unterschieden, sind seit 2020 Altenpflege, Kinderkrankenpflege und Krankenpflege zusammengefasst. Und nach der Ausbildung gibt es viele Möglichkeiten, sich für bestimmte Fachrichtungen weiterzubilden.
Menschen mit Helfersyndrom sind falsch im Beruf
Was muss ein Mensch mitbringen, der sich für den Beruf interessiert. Martin Hückelheim sagt: „Er ist nicht für Menschen, die danach gieren, zu helfen.“ Statt eines Helfersyndroms sollen angehende Pflegefachkräfte teamfähig, kommunikationsfähig, offen und flexibel sein.
Wo die beiden angehenden Pflegefachkräfte nach der dreijährigen Ausbildung arbeiten werden, wissen sie noch nicht. Während Karina Schneider sich für Kinderkrankenpflege interessiert, ist Paul Bühler noch offen. Nach mehreren Stationen in Krankenhäusern, aber auch bei Kooperationspartner in der Ambulanten Pflege, der Pädiatrie oder im Hospiz werden sie mehr wissen. Erst einmal sind sie drei Jahre lang „Helden in Ausbildung“.