Pfarrer geteilter Meinung zu Reform-Plänen aus Paderborn „Nähe zu den Menschen kaum mehr möglich“

Reform-Pläne aus Paderborn: „Nähe zu den Menschen kaum mehr möglich“
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Vor etwa 20 Jahren waren es noch über 500 Pfarrgemeinden im Erzbistum Paderborn, die alle für sich eine Verwaltungseinheit als Pfarrei waren: ein Pfarrer als Leiter, ein Kirchenvorstand als Leitungsgremium, ein Pfarrgemeinderat als Planungsgremium gemeindlicher Arbeit.

Heute sind es noch 87 Einheiten: Pastoralverbünde, Pastorale Räume und Großpfarreien wurden zusammengeschlossen, damit es für all diese Räume noch genügend Pfarrer gibt, die den Dienst am Altar und die Seelsorge leisten können. Der Priestermangel war das Gebot der Stunde: eine Pfarrei ohne Pastor undenkbar. Doch diese Vergrößerung der Einheiten war nicht die letzte. Das Erzbistum Paderborn hat in der vergangenen Woche angekündigt, die Organisationsstrukturen auf 25 Seelsorgeräume zu vergrößern.

Für Castrop-Rauxel wird das mit Ausnahme der Lambertus-Gemeinde in Henrichenburg mit ihren knapp 2000 Mitgliedern (Bistum Münster) ziemlich sicher bedeuten: Das heutige Dekanat Emschertal wird wohl zu einem solchen Seelsorgeraum. Castrop-Rauxeler und Herner und Wanne-Eickeler Gemeinden werden unter einem gemeinsamen Dach geführt. Das wird zwar vom Erzbistum um Bischof Udo Markus Bentz und Generalvikar Michael Bredeck so noch nicht explizit gesagt, doch eine kleinere Gesamt-Einheit, etwa St. Lambertus + Corpus Christi, also nur auf Castrop-Rauxeler Stadtgebiet, würde wahrscheinlich nicht zum anvisierten Ziel von 25 bistumsweiten Seelsorgeräumen gereichen.

Nils Petrat, der noch recht neue Pfarrer der Fusionspfarrei St. Dionysius aus Herne, ließ schon verlauten, dass er mit einem Zusammenschluss von Herne, Wanne und Castrop rechne. Doch was sagen die Pfarrer von Corpus Christi (Ickern, Habinghorst, Bladenhorst und Rauxel) und St. Lambertus (Castrop, Dorf Rauxel, Merklinde, Frohlinde, Obercastrop) dazu? Unsere Redaktion fragte Pastor Zbigniew Szarata und Christoph Gundermann vor den Ostertagen an. Ihre Antworten fallen unterschiedlich aus.

Erzbischof Dr. Udo Markus Bentz ist erst seit 2024 in Paderborn tätig. Der einstige Mainzer Weihbischof muss das Bistum, das sich von Ostwestfalen und dem Sauerland bis ins östliche Ruhrgebiet erstreckt, reformieren.
Erzbischof Dr. Udo Markus Bentz ist erst seit 2024 in Paderborn tätig. Der einstige Mainzer Weihbischof muss das Bistum, das sich von Ostwestfalen und dem Sauerland bis ins östliche Ruhrgebiet erstreckt, reformieren. © Martin Krehl

Das sagt Christoph Gundermann

„Die gesellschaftlichen Entwicklungen gehen an der Kirche nicht vorbei. Ich begrüße sehr, dass das Erzbistum Paderborn diese Entwicklungen nicht passiv beobachtet, sondern darauf reagiert. Selbstverständlich werden Umbrüche nicht durchweg als positiv wahrgenommen und fordern ständig heraus. Nichtsdestotrotz ist es immer besser zu handeln, als sich nur in den Entwicklungen treiben zu lassen.

Positiv ist, dass das Erzbistum einen klaren Weg, konkrete Schritte und einen Zeitplan vorgelegt hat. Das schafft Sicherheit im Prozess, an dem sich viele beteiligen können und der in seinen Details noch gestaltbar ist. Wie sich die Situation im Dekanat Emschertal und für Castrop-Rauxel darstellen wird, zeigt der weitere Prozess. Es wäre ein Blick in die Glaskugel, dabei jetzt schon Ergebnisse zu prognostizieren, wobei einige Vermutungen naheliegen. Es stellen sich viele Fragen, die zu beantworten sein werden.

Die Pfarrei St. Lambertus, die am 1. April aus dem Pastoralverbund Castrop-Rauxel-Süd entstanden ist, ist ebenfalls aus einem mehrjährigen Prozess heraus entstanden. Die pastoralen Planungen und die Strukturen auf der Verwaltungsebene sind entstanden und werden weiter entwickelt. Durch die Erfahrungen auf diesem Weg ist eine gute Basis geschaffen, von der aus jetzt auch die neuen Herausforderungen angenommen werden können.

Eines scheint mir dabei sehr wichtig: Es geht nicht (ausschließlich) um Strukturen. Es geht um unseren Glauben. Es geht darum, den Glauben so authentisch und glaubwürdig zu leben, dass ihn auch die folgenden Generationen in Überzeugung annehmen können. Dabei ist jeder Gläubige gefragt, den eigenen Glauben in neuen Strukturen zu leben und eine lebendige Beziehung zu Christus zu pflegen. Vertrauen wir Glaubende wirklich auf die Zusage Jesu, die er im Matthäusevangelium gemacht hat? ‚Seid gewiss: Ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt.‘

Ich habe in Castrop bei erheblichen Veränderungen sehr viele Menschen getroffen, die durch alle Strukturen hindurch eine persönliche Beziehung zu Christus suchen und aus dieser Motivation heraus Wege gegangen sind, die herausfordern. Ich hoffe, wünsche und bete, dass auch der jetzt vom Erzbistum skizzierte Weg von dieser Suche nach Christus geprägt ist und ihr dient.“

Christoph Gundermann war bis 2021 Pfarrer von zwölf Gemeinden im Sauerland. Dann kam er nach Castrop-Rauxel und musste jetzt den mitunter schwierigen Zusammenschluss von sechs Gemeinden im Süden der Stadt managen. Es war wohl nicht die letzte Fusion.
Christoph Gundermann war bis 2021 Pfarrer von zwölf Gemeinden im Sauerland. Dann kam er nach Castrop-Rauxel und musste jetzt den mitunter schwierigen Zusammenschluss von sechs Gemeinden im Süden der Stadt managen. Es war wohl nicht die letzte Fusion. © Volker Engel (2021)

Das sagt Zbigniew Szarata

„Es ist durchaus möglich, dass das Dekanat Emschertal in der Zukunft ein Seelsorgeraum wird. Dafür sprechen einige Begegnungen, Veranstaltungen und Erfahrungen, die auf der Ebene des jetzigen Dekanates stattgefunden haben.

Wie auch immer, es stehen uns große Veränderungen bevor, die kaum eine positive Auswirkung auf die Pastoral haben können. Wir Seelsorger können pastoral etwas erreichen, wenn wir die Nähe zu den Menschen nicht aus den Augen verlieren. Das wird künftig kaum mehr möglich sein.

Dass diese Botschaft uns jetzt erreicht, während wir uns in den Prozessen der Immobilienstrategie befinden, ist für unsere ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sehr deprimierend. Des Weiteren stehen in unseren Gemeinden des Erzbistums die Wahlen für den Pfarrgemeinderat und Kirchenvorstand an.

Die Begeisterung, jetzt in einem Gremium mitzuwirken, wird sich in Grenzen halten. Es wird zwar mit Optimismus in Paderborn vom Einsatz der Ehrenamtlichen gesprochen, aber diese fehlen uns schon seit Jahren. Bei meinen engsten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist aktuell viel Unsicherheit. Dennoch wollen wir die Veränderungen wohlwollend begleiten.“

Zbigniew Szarata als Koch beim Karneval: Das Gemeindeleben im Norden von Castrop-Rauxel ist bunt. Der Pfarrer berichtet von Niedergeschlagenheit bei den Gläubigen, die sich ehrenamtlich engagieren.
Zbigniew Szarata als Koch beim Karneval: Das Gemeindeleben im Norden von Castrop-Rauxel ist bunt. Der Pfarrer berichtet von Niedergeschlagenheit bei den Gläubigen, die sich ehrenamtlich engagieren. © Archiv