Lkw fuhr auf sie zu, bis sie stürzte Lea vom Ordnungsamt Castrop-Rauxel erlebte Angriff im Job

Lea vom Ordnungsamt erlebte einen Angriff im Job
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Drei Stunden Aufenthalt im Krankenhaus, eine Knieprellung und ein „ganz schlimmer Schock“: Dass dieser Arbeitstag so enden würde, hätte Lea T. nicht gedacht.

Die Frau arbeitet beim Ordnungsamt der Stadt Castrop-Rauxel. An diesem Tag im Herbst 2023 ist Markttag. Und Lea ist seit den frühen Morgenstunden in der Altstadt unterwegs: In ihrer Arbeitsmontur, einer dunkelblauen Jacke mit dem Schriftzug Ordnungsamt und dazu passender Hose, kassiert sie noch fällige Standgebühren bei den Händlerinnen und Händlern ab. Prüft, ob sie ihre Stände auch richtig aufgebaut haben. Weist die Fahrerinnen oder Fahrer von fälschlicherweise in den Straßen stehenden Autos und Lkw darauf hin, dass sie hier heute weder durchfahren hätten noch halten dürfen.

Schilder wie dieses weisen darauf hin, dass eine Durchfahrt während der Marktzeiten nicht erlaubt ist.
Schilder wie dieses weisen darauf hin, dass eine Durchfahrt während der Marktzeiten verboten ist. Doch viele Fahrerinnen und Fahrer von Autos und Lkw ignorieren das, sagt Lea vom Ordnungsamt Castrop-Rauxel. © Janina Preuß

Ansprache führt zu Eskalation

Auch am Telekom-Shop an der Ecke, wo Münsterstraße und die Straße Am Markt zusammenkommen, tut Lea das. Ein Mann hat mit seinem großen Lkw dort gehalten, will Waren ausladen. „Sie dürfen hier nicht stehen, heute ist Markt, haben Sie denn das Schild nicht gesehen?“, sagt Lea da zu ihm. „Und er hat einfach direkt damit begonnen, mich anzuschreien“, erzählt sie.

In dieses Blumenbeet an der City-Apotheke stürzte Lea vom Ordnungsamt Castrop-Rauxel im Herbst 2023, als ein Lkw bedrohlich auf sie zufuhr. Der Schaden an der Beeteinfassung ist immer noch zu sehen.
In dieses Blumenbeet an der City-Apotheke stürzte Lea vom Ordnungsamt Castrop-Rauxel im Herbst 2023, als ein Lkw bedrohlich auf sie zufuhr. Der Schaden an der Beeteinfassung ist immer noch zu sehen. © Anna Katharina Wrobel

Verbale Angriffe und Beleidigungen sind nicht neues für Lea, die hat sie in den vergangenen fünf oder sechs Jahren, die sie in diesem Bereich arbeitet, schon so oft erlebt. „Sie prallen meistens an mir ab.“ Doch das, was der Mann im Anschluss tut, entsetzt sie. „Er ist wieder in seinen Lkw gestiegen und damit bedrohlich auf mich zugefahren. Ich müsste rückwärts zurückweichen, etwa 30 Meter. Schließlich bin ich in das Blumenbeet neben der City-Apotheke gefallen. Erst da hat er aufgehört, mich mit dem Wagen zurückzudrängen.“ Er habe rückwärts zurückgesetzt, sei dann vorwärts in die Straße Am Markt eingebogen und habe seine Auslieferung fortgesetzt, als sei nichts passiert.

„Immer aggressiver“

Lea hat Glück: Passanten, die den Vorfall gesehen haben, kommen, erkundigen sich nach ihrem Befinden, helfen ihr auf. Sie kann sich bewegen und schaltet schnell. Geht wenige Meter weiter, um Fotos von dem Lkw und seinem Kennzeichen zu machen. Ruft schließlich die Polizei. Als diese eintrifft, ist der Fahrer jedoch schon weg, hat Fahrerflucht begangen. Das entsprechende Gerichtsverfahren gegen ihn läuft noch.

Das ist auch der Grund, warum Lea ihren richtigen Namen in dem Artikel nicht lesen möchte. Aber sie ist bereit, über Angriffe gegen Mitarbeitende im öffentlichen Sektor zu sprechen. Ihr Eindruck: „Beleidigungen sind quasi ‚Tagesgeschäft‘ für uns. Und die Leute werden immer aggressiver. Wenn ich meine Arbeitskleidung trage, kann ich fast schon sicher sein, dass ich mindestens einen Spruch oder beleidigende Kommentare zu hören bekomme.“

Alarmierende Zahlen

Zahlen des Deutschen Gewerkschaftsbundes unterfüttern das: Laut einer repräsentativen Befragung, die der DGB 2020 durchführte, sind in den Jahren 2018 bis 2020 67 Prozent der Beschäftigten im öffentlichen und privatisierten Sektor Opfer von verbaler oder körperlicher Gewalt geworden. Wie viele Beschäftigte der Stadt Castrop-Rauxel solche Erfahrungen machen mussten, konnte die Verwaltung auf Nachfrage bisher nicht beantworten. Aber auch in der Europastadt hat es Mitte Dezember 2023 bekanntlich einen solchen Vorfall gegeben: Ein Notfallsanitäter soll damals von einem 19-Jährigen, dem er eigentlich helfen wollte, ins Gesicht geschlagen worden sein.

Das hat Lea zum Glück nicht erfahren müssen: Der Vorfall im Herbst vergangenen Jahres endete für sie schlussendlich mit einem „schlimmen Schock“. Den habe sie nunmehr weitestgehend verdaut, sagt sie. Wenngleich sie erst komplett damit abschließen könne, wenn das Gerichtsverfahren abgeschlossen sei. „Man muss schon ein dickes Fell haben bei uns.“ Das habe sie sich über die Jahre zugelegt. „Ich nehm das nicht mehr von der Arbeit mit nach Hause“, sagt Lea ganz pragmatisch.

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