An die 100 Menschen versammelten sich zur Mahnwache an der Gedenkstätte 10+1 im Goldschmieding-Park.

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Nach Vandalismus: Rund 100 Castrop-Rauxeler bei Mahnwache im Goldschmieding-Park

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Eine Woche nach der Zerstörung von Bäumen an der Gedenkstätte für die Opfer der NSU-Morde haben viele Castrop-Rauxelerinnen und Castrop-Rauxel am Sonntag Flagge gegen Rechts gezeigt.

Castrop-Rauxel

, 16.08.2021, 08:55 Uhr

Ein breites Bündnis von Castrop-Rauxelerinnen und Castrop-Rauxelern hat am Sonntag mit einer Mahnwache gegen die Zerstörung von Bäumen der Gedenkstätte „10+1“ im Goldschmieding-Park protestiert. Am vergangenen Wochenende (7./8.8.) waren zehn der elf Bäume beschädigt worden. Zwei wurden komplett abgeholzt, zwei weitere so schwer beschädigt, dass sie wohl nicht zu retten sind.

Aktuell ist noch unklar, ob der Vandalismus einen politischen Hintergrund hat. Vermutungen gehen aber in diese Richtung; der Staatsschutz ermittelt, hat aber noch keine Erkenntnisse. Aysel Cetin vom Integrationsrat der Stadt Castrop-Rauxel sagte, man müsse bei der Bewertung der Tat vorsichtig sein.

„Dumme-Jungen-Streich wäre genauso zu verachten“

Aber auch wenn es sich nur um einen „Dumme-Jungen-Streich“ gehandelt haben sollte, wäre dies „genauso zu verachten. Denn dann haben wir ein gesellschaftliches Problem.“ In jedem Fall sei die Tat geplant gewesen.

Der Integrationsrat um Aysel Cetin hatte zu der Veranstaltung eingeladen.

Der Integrationsrat um Aysel Cetin hatte zu der Veranstaltung eingeladen. © Volker Engel

Aysel Cetin, die die Veranstaltung mit dem Integrationsrat innerhalb weniger Tage auf die Beine gestellt hatte, zeigte sich „überwältigt“ von der Zahl der Teilnehmer. Das belege, „dass wir eine solidarische Gesellschaft sind“.

In mehreren Reden wiesen Politiker und Bürger auf die Bedeutung des Mahnmals hin. Bürgermeister Rajko Kravanja sagte, es mache ihn auch stolz, dass viele Menschen zusammengekommen seien. Es gehe darum, „ein ordentliches Zeichen zu setzen, dass Castrop-Rauxel zusammenhält“.

Fotis Matentzoglou vom Integrationsrat schlug vor, bei der Arbeit gegen Rechts stärker mit der Nachbarstadt Dortmund zusammenzuarbeiten. Man müsse klarmachen: „Die Gefahr darf nicht verharmlost werden. Wegschauen und verharmlosen sind nicht mehr erlaubt.“ Und er fügte hinzu: „Castrop-Rauxel hat keinen Platz für Rechtsextremismus!“

Ort des Mahnmals steht für freie Gesellschaft

Dem schlossen sich auch die aussichtsreichsten Bundestags-Kandidaten aus Castrop-Rauxel an: Michael Breilmann (CDU), Frank Schwabe (SPD) und Nils Stennei (Grüne). Breilmann sagte, es sei wichtig, dass so viele Bürger versammelt seien. Schwabe erklärte, der Ort des Mahnmals stehe für eine freie Gesellschaft. Man könne Anschläge nicht verhindern, aber man könne aufstehen und sagen: „Wir sind die Mehrheit.“

Zwei Bäume der Gedenkstätte waren am vergangenen Wochenende zerstört worden.

Zwei Bäume der Gedenkstätte waren am vergangenen Wochenende zerstört worden. © Volker Engel

Und Stennei betonte, Demokratie sei auch in Europa nichts Selbstverständliches. Er hoffe, dass sich „heute alle daran erinnern könnten, wie wichtig unsere demokratischen Grundwerte sind“.

Vielleicht am eindrücklichsten war das Statement des Castrop-Rauxeler Bürgers, dem die abgeholzten Bäume als einem der ersten aufgefallen waren, der unsere Redaktion und auch die Polizei und die Stadt informiert hatte. Bis zum vergangenen Wochenende sei ihm noch nicht bewusst gewesen, was der Baumkreis bedeute.

„Mut, gegen den Hass in der Gesellschaft aufzustehen“

„Ich glaube es ist wichtig, den Mut zu bekommen, gegen den Hass in der Gesellschaft aufzustehen“, sagte er. Deshalb sei es ihm wichtig, sein Gesicht zu zeigen und man dürfe sich durch Hass nicht die Seele zerstören lassen.

Unter anderem mit einer Schweigeminute erinnerten die Teilnehmer an die sinnlose Zerstörung.

Unter anderem mit einer Schweigeminute erinnerten die Teilnehmer an die sinnlose Zerstörung. © Volker Engel

Eine Schweigeminute beschloss die Veranstaltung. In den nächsten Wochen wird es nun darum gehen, möglicherweise doch noch die Täter ausfindig zu machen - und neue Bäume zu pflanzen. Um den Wert der Gedenkstätte zu betonen, soll es zudem ein Schild geben - damit allen Bürgerinnen und Bürgern klar ist, warum im Goldschmieding-Park elf Bäume in einem Kreis stehen.

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