
© Bernd Paulitschke
Muslim und Weihnachten – das passt für Said Rezek ganz gut zusammen
Weihnachten
Weihnachtsmärkte, Christstollen, Wichteln, das Krippenspiel: All diese Dinge hat Said Rezek bereits als Kind gemocht. Er ist Muslim und fragt: Warum sollte man deshalb nicht Weihnachten feiern?
Muslime scheuen Weihnachtsmärkte wie der Teufel das Weihwasser, so das gängige Vorurteil. Manche denken sogar, Muslime würden hierzulande Weihnachtsmärkte in Wintermärkte umbenennen – oder gar verbieten wollen. Abgesehen davon, dass ich keine Muslime kenne, die jemals eine derartige Forderung erhoben hätten, wäre ich sehr traurig darüber.
Jedes Jahr aufs Neue gehe ich durch die Buden in den unterschiedlichen Städten, sei es in Essen, Köln, Aachen oder Münster. Meine Frau hält häufig Ausschau nach Dekoration und Handwerkskunst, während ich mir das Teesortiment näher anschaue. Glühwein hingegen kommt uns als Muslimen nicht in die Tasse. Uns beiden gefällt vor allem die schöne Beleuchtung, die gute Laune, uns gefallen die Gerüche auf dem Weihnachtsmarkt.
Geschenke zu Weihnachten und zum Opferfest
Als erkennbarer Muslim ist jedoch nicht alles toll auf den Weihnachtsmärkten. Meine Frau trägt ein Kopftuch und manchmal bermerken wir ziemlich unangenehme Blicke. Was in den Köpfen dieser Menschen vor sich geht, können wir nur vermuten. Möglicherweise sind sie überrascht, dass Muslime zwischen den Buden unterwegs sind. Dabei haben wir viele muslimische Freunde und Bekannte, die gerne auf Weihnachtsmärkte gehen.
Meine ersten Weihnachtserinnerungen reichen weit in die Kindheit zurück. Meine Eltern, die auch bekennende Muslime sind, machten mir und meinen Geschwistern Weihnachtsgeschenke. Sie wussten um die Bräuche hierzulande und versuchten zu vermeiden, dass wir uns gegenüber unseren christlichen Mitschülern benachteiligt fühlen. Das Gegenteil war der Fall, denn schließlich wurden wir zum muslimischen Zucker- und Opferfest auch beschenkt.
Als Kind am Krippenspiel teilgenommen
Ich kann mich noch schwach daran erinnern, dass ich in der Grundschule an der Aufführung des Krippenspiels teilgenommen habe. Umso besser weiß ich noch, dass meine Eltern an diesem Tag sehr stolz auf mich waren. Die Aufführung hat wohlgemerkt in einer Kirche stattgefunden und meine Eltern haben in der ersten Reihe gesessen.
Dort haben wir auch diverse Weihnachtslieder gesungen, von denen ich heute noch einige auswendig aufsagen könnte. Angefangen von „O Tannenbaum“ über „Kling, Glöckchen“ bis hin zu „Stille Nacht, heilige Nacht“. Auch wenn ich keine religiösen Gefühle zu den Texten verbinde, vermittelten Sie mir gerade als Kind Geborgenheit. Außerdem gehören die Lieder aus meiner Sicht zum Allgemeinwissen, das jeder beherrschen sollte. Unabhängig davon, ob jemand Christ ist oder nicht.
Jesu Geburt im Koran und der Bibel
Was viele Nichtmuslime hingegen nicht wissen: Jesu Geburt steht ausführlich im Koran beschrieben. Der Hauptunterschied zwischen Christen und Muslimen besteht wiederum darin, dass Jesus im Islam ein Prophet und nicht der Sohn Gottes ist, wie es in der Bibel geschrieben steht.
Und wie könnte ich auch das Wichteln in der Schule vergessen? Spannend war nicht nur, welches Geschenk in der Tüte war. Mindestens genauso aufregend war es, von welchem Klassenkameraden man beschenkt wurde.
Weihnachtliche Erinnerungen machten übrigens nicht vor unserer Haustür halt. Auf Wunsch meines Bruders, der ein regelrechter Weihnachtsfan war, haben unsere Eltern sogar einen Weihnachtsbaum zu Hause aufgestellt, den wir liebevoll dekoriert haben.
Frohe Weihnachten im Namen eines Muslims
Mittlerweile bin ich selbst Vater und erinnere mich gerne an Weihnachten zurück. Meine Frau und ich werden unsere Tochter ebenfalls beschenken und die Weihnachtsfeiertage gemeinsam verbringen.
Meine Frau hat die Wohnung auch dieses Jahr ein wenig mit Tannenzapfen dekoriert. Was gibt es Schöneres, als leckere Dominosteine oder Christstollen im Kreise der Familie zu essen? In diesem Sinne wünsche ich allen, die es feiern: Frohe Weihnachten!
Said Rezek ist Volontär bei den Ruhr Nachrichten. Hier schreibt er über alles und jeden. Vorher war er als freier Journalist unter anderem für die WAZ und bei der taz tätig. Dort hat er vor allem über Medien und Migration berichtet.
