Die Mordkommission ermittelt, Enver G. (36) ist in Untersuchungshaft, das 57-jährige Opfer tot. Aber die Messer-Tat von Castrop-Rauxel von Donnerstagabend (13.2.2025) wirft weiterhin viele Fragen auf: Warum kam es überhaupt zur Messerstecherei? Was hatte die Frau (26), die den weißen Hyundai steuerte, mit der Sache zu tun? Jetzt gibt es weitere Details.
Nach Angaben des ermittelnden Staatsanwalts Henner Kruse rekonstruiert sich der Fall so: Die Frau traf sich mit dem 57-Jährigen am Castrop-Rauxeler Hauptbahnhof, weil sie vorgegeben haben soll, dass sie an einem Handy-Kauf interessiert sei. Der Mann, der kurze Zeit später in Pöppinghausen an schwersten inneren Verletzungen starb, war ihr und ihrem Bekannten als Handy-Dealer bekannt. Doch dieses Treffen war nur vorgeschoben.
Der Castrop-Rauxeler hatte demnach vor einiger Zeit Geld kassiert für einen Deal mit Enver G. 1500 Euro sollen es gewesen sein, für die er dem 36-Jährigen Handys habe verkaufen wollen. Nur: Die Ware lieferte er nach dem aktuellen Kenntnisstand der Ermittlungskommission nicht.
Die 26-Jährige selbst kannte den Recklinghäuser nach eigenen Angaben gegenüber der Ermittlungskommission durch Geschäfte mit Parfüms. Er habe ihr schon mal Parfüms verkauft, so Staatsanwalt Henner Kruse. Dass er nun in ihrem weißen Hyundai saß, war dem späteren Todesopfer offenbar nicht klar. Eine Art Falle, in die sie ihn gemeinsam lockten? Das ist noch Gegenstand der Ermittlungen, die bisher weitgehend auf den Schilderungen der 26-Jährigen beruhen. Denn der Beschuldigte stellte sich zwar am Wochenende mit seinem Rechtsanwalt bei der Polizei in Recklinghausen, schweigt aber seither zur Tat, wie Kruse am Montag noch mal bestätigte.


Jedenfalls saßen Donnerstagabend nun beide Männer auf der Rücksitzbank des Autos der 26-Jährigen. Dort kam es zur handgreiflichen Auseinandersetzung: Enver G. forderte wohl die Herausgabe des Geldes. Als der 57-Jährige sich weigerte, stach er zu. Und das nach Angaben der Staatsanwaltschaft schon im Auto: „Darauf deuten die Spuren hin“, so Staatsanwalt Henner Kruse.
Zunächst sei man davon ausgegangen, dass das Tatgeschehen, das zum Tode führte, sich möglicherweise erst auf der abgelegenen Straße in Pöppinghausen abgespielt habe. Dort aber soll Enver G. ausgestiegen und ums Auto herumgelaufen sein, um den Verletzten aus dem Auto zu befördern.
Rettungskräfte versuchten Reanimation
Weil er schwer verletzt war und um Hilfe rief, wurde er wenig später, gegen 18.30 Uhr, von Zeugen vor Ort in einer Böschung gefunden. Rettungskräfte, die wenig später eintrafen, kämpften zwar um sein Leben, konnten aber nichts mehr tun. Die Polizei setzt das Fluchtfahrzeug wenig später in Recklinghausen an der Alten Grenzstraße fest. Dort nahmen sie die Fahrerin, die wohl auf Anweisung von Enver G. gehandelt haben soll, fest. Der Recklinghäuser flüchtete zu Fuß weiter.
Die Frau mit dem Hyundai aus dem Raum Rhein-Sieg-Kreis / Siegburg ist nach einem Verhör wieder auf freiem Fuß. Der Tatverdächtige ist in Untersuchungshaft. Die Tatwaffe dagegen ist noch nicht gefunden worden. „Der Mann hat das Messer auf der Flucht wohl aus dem Fenster geworfen, aber wir haben es noch nicht gefunden“, erklärte Staatsanwalt Henner Kruse am Montag. Man werde zu diesem Zweck wohl noch Polizeikräfte einsetzen.
Enver G.: Nicht vorbestraft
Der Tatverdächtige, der sich am Samstag (15.2.) stellte, sei bisher nicht wesentlich vorbestraft. Sein Führungszeugnis sei ohne Einträge. Es gebe zu ihm polizeilich gesehen einzig eine fahrlässige Körperverletzung bei einem früheren Verkehrsunfall, so Staatsanwalt Henner Kruse.
Ermittelt wird in dieser Sache wegen Totschlags, nicht wegen Mordes. Die Vorsätzlichkeit spreche für Totschlag, weil man die Merkmale für Mord hier nicht erkenne. Dazu zählten die Befriedigung des Geschlechtstriebs, Habgier oder sonstige niedrige Beweggründe, Heimtücke, Grausamkeit oder gemeingefährliche Mittel oder die Verdeckung einer anderen Straftat. Wut oder Enttäuschung des Täters, ohne dass das Opfer hierfür einen Anlass gegeben hat, würde dazu zählen.
Auf Mord steht als Strafmaß immer lebenslänglich. Bei Totschlag geht der Täter mindestens fünf Jahre in Haft. Bei besonderer Schwere kann ein Gericht auch hier lebenslängliche Haft verhängen.