Mit Eisenstange und Wagenheber sind drei Männer in Merklinde aufeinander losgegangen. Doch ein Sicherheitsproblem soll es in dem Stadtteil nicht geben. Sechs Bewohner sehen das ganz anders.
Vergangene Woche (8. Juli) kam es zu einer heftigen Schlägerei in Merklinde. Neben den Fäusten kamen auch eine Eisenstange, ein Wagenheber und ein Messer zum Einsatz. Der Vorfall ereignete sich an der Wittener Straße zwischen Hellweg und Neuer Hellweg. Ende vom Lied: eine verletzte Person, die ins Krankenhaus eingeliefert werden musste und eine zerbrochene Scheibe an einem Auto.
Bewohner des Stadtteils meinen, Merklinde hätte ein Sicherheitsproblem. In unserem Stadtteilcheck hat Merklinde nur 5 von 10 Punkten beim Faktor Sicherheit gesammelt.
Merklinde ist in Aufbruchstimmung? Darüber können Bewohner nur lachen
Die Stadt Castrop-Rauxel und der noch recht neue Stadtteilkümmerer Oliver Becker meinen: Merklinde sei in Aufbruchsstimmung. Es bewege sich viel. Die Anwohner und ansässigen Geschäftsleute sehen das aber ganz anders.
„Hier gibt es volle Kanne Stress“, erzählt ein Geschäftsinhaber an der Wittener Straße. Sein echter Name soll nicht genannt werden. Sein Name und alle nachfolgenden wurden durch die Redaktion geändert. Alle fürchten negative Konsequenzen.

Viele Bewohner rund um die Wittener Straße fühlen sich nicht sicher. © Victoria Maiwald
„Volle Kanne Stress“: Ordnungsamt sieht keinen Hotspot
„Hier ist nicht nur volle Kanne Stress, es wurde auch mehrfach versucht, in meinen Laden einzubrechen“, erzählt Thorsten, der Geschäftsinhaber, weiter. Er meint, Merklinde sei nicht sicher. „Die Polizei muss öfter mal kommen“, wünscht er sich.
Das Ordnungsamt der Stadt sieht in Merklinde keinen Schwerpunkt für Einsätze, sagt die Pressestelle auf Anfrage unserer Redaktion. Der Stadtteil werde nicht als Hotspot für Kriminalität und andere Probleme angesehen. Das größte Problem, das der Stadtteil hätte, seien die zahlreichen Schließungen.
Kinder und Erwachsene haben Angst
Darüber kann Janina nur lachen – sie arbeitet im Laden gegenüber von Thorsten und wohnt auch in Merklinde. „Hier gibt es andauernd Ärger, auch meine Kinder haben Angst.“ Sie erzählt, dass ihre Kinder schon oft auf dem Weg zur Schule von anderen Grundschülern angefeindet und beleidigt wurden. „Die machen auch vor Erwachsenen keinen Halt und haben mich auch schon heftig beleidigt.“
Janina beklagt auch den Müll, der von einigen Menschen einfach auf die Straße geworfen werde und das „unmögliche Verhalten gegenüber Frauen“. Sicher fühle sie sich hier nicht.
Drogen in Merklinde: „Hier wird viel gekifft“
Das meint auch Yusuf von nebenan. „Die Straße hier hat viele Probleme, auch mit Drogen. Hier wird viel gekifft und es werden Drogen verkauft.“ Er hat in seinem Geschäft schon Kameras installiert. „Das ist sicherer.“
Ein paar Häuser weiter wohnen und arbeiten Barbara und Erdal. Das Ehepaar hat die Auseinandersetzung am Freitag (8. Juli) mitbekommen. „Das war auch viel Show. Es ist zwar ein Wagenheber zum Einsatz gekommen, aber die haben sich eher damit beworfen, als sich damit geschlagen. Es ging wohl um ein Mädchen, alles sehr theatralisch“, erzählt Barbara.
Kommunikation rund um das „Problemhaus“ nicht möglich
Allerdings möchte sie die Situation in Merklinde auch nicht herunterkochen. Zwar fühle sie sich sicher in der Nachbarschaft, aber sie weiß, dass es hier viele Probleme gibt.
Besonders schlimm sei es rund um das sogenannte „Problemhaus“ an der Wittener Straße. Dort würden besonders viele Menschen leben, die teilweise kaum deutsch sprechen, sodass Kommunikation kaum möglich wäre.

Diese Häuser an der Wittener Straße sind vielen ein Dorn im Auge. © Iris Müller
Die Menschen müssen lernen, was geht und was eben nicht
„Das Problem ist einfach, dass die Menschen hierher kommen und sie niemand an die Hand nimmt.“ Barbara meint, die Menschen würden alleine gelassen. „Die Menschen kommen mit ihren Familien hierher und keiner hilft ihnen, sich hier zurecht zu finden. Es müsste Helfer geben, die erklären, wie die deutsche Kultur funktioniert, was geht und was eben nicht.“
Verhaltensweisen, die eben nicht gehen, sind beispielsweise in Barbaras Ladentür auf der Treppe sitzen und den Bürgersteig zuzumüllen. Oder nachts laute Musik zu hören. Handfeste Auseinandersetzungen würden zwar auch immer wieder ausgetragen. „Aber das machen die meistens unter sich aus“, meint Erdal.
Der Alltag in Merklinde ist schwer
Aber trotzdem ist es Erdal mulmig zumute, wenn seine Frau abends allein vor die Tür geht. „Es ist einfach die schlimmste Ecke der ganzen Stadt.“
Das Ehepaar findet, dass der Alltag in Merklinde einfach schwerer geworden ist und findet es schade, dass die Sprachbarriere so groß ist. „Wir können ja auch nichts sagen, weil sie uns leider nicht verstehen. Oft müssen wir die Polizei anrufen“, sagt Barbara.

An der Wittener Straße kam es am 8. Juli zu einer heftigen Schlägerei. © Victoria Maiwald
Bewohner in Merklinde fühlen sich alleine gelassen
In der Nähe des „Problemhauses“ wohnt Silke mit ihren zwei Söhnen. Auch sie muss bei dem Stichwort Sicherheit lachen. „Ich lasse meine Kinder hier nicht alleine rumlaufen, das ist zu gefährlich.“ Eine Zeit lang hat sie in Frohlinde gewohnt, jetzt wieder in Merklinde. „Der Unterschied ist echt krass.“
Die Bewohner sind sich einig: Die Stadt muss etwas unternehmen. Zwar gebe es jetzt einen Stadtteilkümmerer, aber das reiche nicht. Einige Menschen in Merklinde fühlen sich alleine gelassen, einige sind schon weggezogen, weil die Probleme immer größer werden.