Das Unternehmen Gelsen-Net baut in Castrop-Rauxel das Glasfasernetz aus.

© Gelsen-Net

Tausende Euro für einen Glasfaser-Anschluss, den andere kostenlos bekommen

rnGlasfaser-Ausbau

16.000 Euro sollte ein Castrop-Rauxeler zahlen, um an die Glasfaserleitungen der Firma Gelsen-Net angeschlossen zu werden. Eine Frau 5000 Euro. Andere bekommen das kostenlos. Wie kann das sein?

Castrop-Rauxel

, 05.12.2021, 20:56 Uhr / Lesedauer: 3 min

Es wirkt unfair, aber es ist wahr: Der Castrop-Rauxeler Thomas Schuchardt sollte 16.000 Euro hinblättern, damit Gelsen-Net sein Haus an das Glasfasernetz anschließt, das inzwischen unter den Bürgersteigen und Straßen der Stadt verlegt wurde. „Ich bin vom Breitband-Ausbau nicht sehr begeistert“, sagt er. Und es klingt noch freundlich formuliert. Eigentlich ist er sauer und kann Gelsen-Net nicht verstehen.

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Ralf Kasprzak, erzählt, er hätte 5000 Euro hinlegen müssen, um den Anschluss zu bekommen, weil die Leitungen auf der anderen Straßenseite im Gehweg verliefen. „Da, wo gar keine Häuser stehen“, sagt er. „Das kann doch nicht im Sinne des Erfinders sein, zumal es ja satte Förderungen für den Ausbau gibt – und trotzdem will uns das Unternehmen noch richtig zur Kasse bitten.“

Dabei sei doch vor zwei Jahren erst die Straße erneuert worden, an der er wohnt. „Da wäre es ein leichtes gewesen, direkt die notwendigen Vorkehrungen zu treffen. Aber nein, bremsen wir die Digitalisierung doch lieber noch ein bisschen aus...“, schimpft Ralf Kasprzak.

Erster Schritt: Beseitigung der weißen Flecken

Es sind zwei Beispiele für weitere Castrop-Rauxeler, die sich in diesen Wochen an die Firma Gelsen-Net wenden. Sie wollen gern ans schnelle Internet angeschlossen werden, und für das hat die Gelsenkirchener Telekommunikationsfirma ja den Zuschlag bekommen: „geförderter Breitbandausbau zur Beseitigung der weißen Flecken“ in Castrop-Rauxel, Herten und Recklinghausen. Erschlossen mittels Glasfaseranbindung mit mindestens 1 Gigabit Datenvolumen pro Anschluss. Als „weiße Flecken“ gelten Regionen mit einem Internetanschluss, der langsamer als 30 Mbit/Sekunde im Downstream ist. Damit verbunden war eine Förderung von Bund und Land NRW mit 68,35 Millionen Euro.

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Wer dachte, damit werde nun ganz Castrop-Rauxel versorgt, der sieht sich getäuscht: Mit dem bisherigen Ausbau hat Gelsen-Net nun theoretisch 315 Objekte, also Wohnhäuser, 31 Schulen und Unternehmensgebäude angeschlossen. Dahinter stecken in Summe 600 Wohneinheiten. Bei 75.000 Einwohnern ist das bei weitem noch nicht alles. Immerhin: Die können asynchrone Anschlüsse mit bis zu 1 Gbit/Sekunde beim Herunterladen und extrem geringer Latenz (Ping-Rate) buchen. Das kostet im Monat rund 90 Euro. Telefonanschluss inklusive.

Das Unternehmen Gelsen-Net baut in Castrop-Rauxel das Glasfasernetz aus.

Das Unternehmen Gelsen-Net baut in Castrop-Rauxel das Glasfasernetz aus. © Fotografie Olaf Fuhrmann

Der große Vorteil der Glasfaser-Technik, erklärt Karsten Kremer, Prokurist und zuständig für den Ausbau bei Gelsen-Net: Der Nutzer bekommt stets 100 Prozent der Leistung, weil er seine Faser nicht mit anderen Nutzern teilt. So ist das bei den bisher genutzten Kupferleitungen in der Erde, die schon mal schwanken und vor allem dann, wenn alle Nachbarn streamen, arbeiten, Videos gucken oder Videospiele spielen oder in einer Videokonferenz sitzen, weniger Leistung bei jedem Einzelnen ankommt.

Zweiter Schritt: Privatwirtschaftlicher Ausbau

Aber was ist mit den anderen? Gelsen-Net plant nach dem geförderten nun einen privatwirtschaftlichen Ausbau. „Wenn wir bauen, bauen wir ja in den Bürgersteigen und haben auch einen privatwirtschaftlichen Ausbau vorgesehen, haben also dort, wo wir die Trassen gelegt haben, das Ziel, 100 Prozent der Haushalte anzuschließen“, sagt Kremer. Dafür hat man 70 Kilometer Leerrohre im Boden verlegt, in die man nach einer weitergehenden Kunden-Akquise nun Leitungen legen kann.

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So könnte man am Rande der Trassen bald noch mal 830 Objekte mit 2600 Wohneinheiten anschließen, wenn Hauseigentümer das wünschen. Seit November läuft dieser Ausbau, der ebenfalls kostenlos sein wird. Vom Hausanschluss, oft im Keller, muss dann auch eine In-Haus-Verkabelung folgen, für die Gelsen-Net aber ebenfalls die Genehmigung braucht. Mit den großen Immobilienfirmen wie LEG, Vonovia, Vivawest und Co. liefen dazu schon Gespräche. Aber erst arbeite man mit kommunalen Wohnungsgesellschaften. In Castrop-Rauxel gibt es sie nicht mehr, seit die GeWo zerschlagen ist.

Dritter Schritt: Beseitigung der grauen Flecken

Und bei denen, die nicht in diesen Genuss kommen? Der Plan ist, auch den geförderten Ausbau der „grauen Flecken“ (nicht mehr als 100 Mbit/Sek) zu bekommen. Fördertöpfe solle es ab 2023 geben, das dauert also noch. Karsten Kremer empfiehlt Bürgern, sich mit Nachbarn zum Beispiel einer Stichstraße in Wohnvierteln vorzubesprechen und dann gesammelt an Gelsen-Net heranzutreten. Dort wird dann eine Erschließung geprüft.

Und so schließt sich der Kreis zu den Beschwerden: Kevin Schüpp schrieb uns, er „hätte den Ausbau zumindest akzeptiert. Im ersten Brief von Gelsen-Net stand auch drin, er sei kostenlos. Danach kam aber ein weiterer Brief, nach dem es ungefähr 700 Euro gekostet hätte. Da war das Thema für mich erst mal durch.“

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In der Tat: Sollte es wirtschaftlich für Gelsen-Net sein, könnte eine Verlegung zum Beispiel in eine Sackgasse, die an eine mit Glasfaser bereits erschlossene Straße angrenzt, möglich werden. Ein Hausanschluss könnte dann für 600 bis 700 Euro plus Zweijahresvertrag möglich werden. Das seien marktübliche Konditionen, so Karsten Kremer von Gelsen-Net.