Vier neue Filialen plant die Bäckerei Malzers in diesem Jahr. 150 sind es heute schon im ganzen Ruhrgebiet. Eine davon wird noch im Jahr 2023 in Ickern eröffnen. In eine ehemalige Filiale des Textilhändlers Zeeman zieht ein Back-Café ein. Dabei gibt es unweit dieser Stelle schon zwei Handwerks-Bäckereien. Eine davon ist in Sorge. Ist das berechtigt? Wir sprachen mit Christian Scherpel (29) aus der Malzers-Geschäftsleitung.
Herr Scherpel, was führt Sie und Ihr Unternehmen nach Ickern?
Der Standort ist interessant, da das ein Stadtteil ist, in dem wir noch nicht sind. Ickern ist mit 15.000 Einwohnern attraktiv, der Stadtteil wächst. Unsere nächste Filiale ist beim Rewe in Habinghorst, ungefähr zwei Kilometer entfernt. Dieser Abstand ist für uns schon groß, denn keiner will weit fahren zu seiner Bäckerei. Der Bäcker ist ein Nahversorger. Er muss für viele Kunden fußläufig erreichbar sein.
Aber in Ickern gibt es doch schon eine ansehnliche Backwaren-Verkaufs-Dichte...
Das in Ickern ist kein ungewohntes Bild. Die Bäckerei-Dichte ist im ganzen Ruhrgebiet hoch. Allein in der Dortmunder Innenstadt haben wir fünf Malzers-Filialen, da sind aber auch noch 15 andere Bäckereien innerhalb des Walls.
Sie fürchten den Wettbewerb also nicht?
Nein, wir glauben, dass es auch guttun kann, wenn es verschiedene Betriebe gibt, die daran arbeiten, dass die Kunden ein gutes Angebot haben. Alle werden sich anstrengen, die Kunden zu überzeugen, und das ist für die Bewohner doch das schönste. Dass Bäckereien so nah zusammen sind, ist nicht neu, auch und gerade nicht in Ickern. Auch die Bäckerei Auffenberg hat doch in Huckarde oder anderswo Geschäfte aufgemacht. Jeder Bäcker, der expandiert, kommt in ein Viertel, wo andere schon da sind.
Dann mal los: Was haben Sie denn in Ickern geplant?
Unser Café in Ickern soll im Oktober eröffnen. Wir stellen in diesem Monat den Bauantrag, dann hoffen wir auf den Umbau ab September. Das geht dann recht schnell. Wir bauen da eine relativ große Filiale mit 300 Quadratmetern Geschäftsfläche. Wir betreiben dann dort neben dem Theken-Verkauf ein Innen- und Außencafé. Alle Brötchen werden frisch vor Ort gebacken, wie in all unseren frei stehenden Geschäften bieten wir dazu frisch zubereitete Snacks und Gastronomie an: Kuchen, belegte Brötchen, Kaffee. Innen werden wir rund 40 Sitzplätze haben, außen sind weitere 20 Sitzplätze vor dem Schaufenster geplant.

Wie viele Mitarbeiter werden dort für Malzers arbeiten?
Das ist noch nicht ganz klar, wir müssen dafür erst sehen, wie die Filiale angenommen wird. Das sind aber so 10 bis 20 Personen. Wir brauchen recht viele Leute, weil wir vor Ort backen und frisch belegen. Wir sind zurzeit bei 2800 Mitarbeitern. Darunter allein 400 Bäckermeister und -gesellen sowie Konditoren in der Backstube, etwa 60 in der Unternehmens-Verwaltung.
Jetzt mal zur Kritik gegenüber Ihrem Unternehmen. Würden Sie sich als Handwerksbetrieb bezeichnen?
Wir sind ein gewachsener klassischer Handwerksbetrieb, 1901 in Wanne-Eickel gegründet, heute in der 5. Generation inhabergeführt durch mich und meinen Vater. Klar, wir sind so groß gewachsen, dass wir inzwischen mehr Maschinen auf Graf Bismarck in Gelsenkirchen im Einsatz haben, die die Arbeit einfacher machen, aber wir sind Handwerker durch und durch. Mein Vater und ich sind selbst Bäckermeister. Brote und Kuchen werden in der Zentrale produziert, die Brötchen lebend gekühlt zweimal am Tag ausgeliefert und vor Ort gebacken. Der Teig entwickelt sich dabei die ganze Zeit weiter. Der Expansionskurs hat 1986 mit meinem Vater begonnen, 1993 ist die Produktion aus einem Wohngebiet in Wanne-Eickel umgezogen.
Wir bleiben aber ein Handwerksunternehmen: Unsere Devise ist, 50 Kilometer um die Backstube im Herzen des Ruhrgebiets herum zu bleiben. Unsere Lkw fahren bis Moers, Duisburg, Bergkamen und Schwerte.
Alexander Auffenberg betonte, er bilde vor Ort Bäcker und Konditoren aus.
Wir beschäftigen zurzeit etwa 200 Auszubildende in sechs Berufen: Bäcker, Fachkräfte für Lebensmitteltechnik, die in der Maschinenführung arbeiten, Industriekaufleute und IT-Kaufleute in der Verwaltung, Bäckerei-Fachverkäufer und Fachkräfte für Systemgastronomie im Verkauf. Ein Drittel unserer Beschäftigten sind Quereinsteiger, die anderen Facharbeiter. Wir sind selbst Fachkräfte und glauben, dass Fachkräfte bessere Produkte herstellen. Nicht alle Rezepturen sind einfach, da gibt es verschiedene Dinge, die man bedenken muss. Wir backen noch nach Rezepten von meinem Opa, zum Beispiel Osterlämmer, wo die Masse dreimal angeschlagen werden muss. Das ist kompliziert, da braucht man Fachwissen.
Warum haben Sie nicht schon 2018 das Angebot von Thomas Vieting angenommen, der seine Backstube abgeben wollte?
Hier geht jetzt ein Bäcker, ein anderer kommt. Darum verstehe ich die Aufregung gar nicht. Wir wussten von dem Ende bei Vieting auch nicht, als wir unterschrieben haben. Zum Vieting-Angebot: Zwischen 2018 und heute liegen große Veränderungen, es hat sich viel verändert durch Corona und den Ukraine-Krieg. Wir arbeiten heute anders als vor fünf Jahren und treffen darum auch andere Entscheidungen als damals.

Die Handwerks-Bäcker hier setzen auf regionalen Einkauf. Ein weiteres Argument gegen Malzers?
Unseren regionalen Bezug haben wir in unserem ersten Nachhaltigkeitsreport deutlich gemacht, der gerade fertig geworden ist. Unser Mehl kommt auch aus Recklinghausen, vermutlich aus derselben Mühle wie beim Mitbewerber. Unser Haus-Metzger ist Dilchert aus Herne. Der Dinkelbauer kommt aus Oberhausen, mit dem waren wir letztens noch auf dem Feld. 75 Prozent unserer Ausgaben verbleiben in NRW, 49 Prozent sogar im Ruhrgebiet. Wir waren selbst überrascht, als wir diese Zahlen für den Report erhoben haben. Aber das kommt dabei heraus, wenn man auf lokale Lieferanten setzt.
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