
© Abi Schlehenkamp (Archiv)
Nachfrage nach Plätzen im Castrop-Rauxeler Frauenhaus war nie so hoch
Schutz vor häuslicher Gewalt
Die Kapazitäten des Castrop-Rauxeler Frauenhauses sind mehr als erschöpft. Leiterin Katrin Lasser-Moryson (42) sieht die Gründe dafür auch im Corona-Lockdown.
Seit Dezember befindet sich Deutschland in einem harten Lockdown, um die Verbreitung des Coronavirus zu verlangsamen. Zwar gingen die Infizierten-Zahlen zurück, „doch die sozialen Folgen werden die Gesellschaft noch rund fünf Jahre begleiten", meint Katrin Lasser-Moryson. Sie spürt die Auswirkungen im Frauenhaus in Castrop-Rauxel.
Lockdown-Auswirkungen führen schnell zu Streit
Während des Lockdowns summierten sich die Anfragen auf freie Plätze. Die Einrichtungsleiterin weiß, warum: „In den letzten Monaten saßen viele Paare und Familien zusammen auf engstem Raum. Dazu kommt oft Kurzarbeit. Zusätzlich sind die Kinder zu Hause. Diese Konstellation führt schnell zu Streit."
Normalerweise bietet das Frauenhaus in Fällen von häuslicher Gewalt Hilfe an. Doch aktuell gerät die Einrichtung an ihre Grenzen. „Wir haben aktuell eine Auslastung von 158 Prozent, weil wir unsere Quarantäne-Außenstelle nun ebenfalls regulär für Hilfesuchende zur Verfügung gestellt haben“, schildert Katrin Lasser-Moryson.
Quarantäne-Außenstelle ist ebenfalls belegt
Acht Personen halten sich regulär in den Räumlichkeiten auf, die eigentlich für Neuankömmlinge vorgesehen sind. Um die vier Angestellten sowie die anderen Bewohnerinnen zu schützen, mussten die neu aufgenommenen Personen zunächst zwei Wochen in der Außenstelle verbringen. Erst nach dieser Zeit wurden die Hilfesuchenden in die Hausgemeinschaft aufgenommen.
Zwölf Plätze stehen dem Frauenhaus zur Verfügung - und damit mehr, als eine Stadt wie Castrop-Rauxel vorhalten müsste. 2006 veröffentlichte der Europarat den Richtwert, dass es in einer Stadt pro 7500 gemeldeten Personen einen Frauenhausplatz geben soll. Bei rund 75.300 Einwohnern in Castrop-Rauxel entspräche das zehn Plätzen.
Damit liegt Castrop-Rauxel über dem landesweiten Durchschnitt. Wie das Recherchenetzwerk „Correctiv“ ausgewertet hat, stehen in Nordrhein-Westfalen nur 0,52 Frauenhausplätze pro 7500 Einwohner bereit – und fast alle sind belegt. „Wir nehmen nur neue Personen auf, wenn absehbar ist, dass jemand auszieht“, erklärt Lasser-Moryson.
Lokalpolitik möchte Frauenhaus politisch begleiten
Die Lokalpolitik hat dem Frauenhaus ihre Unterstützung zugesichert. Im Koalitionsvertrag haben SPD und Grüne festgelegt, „den Ausbau der Kapazitäten des ansässigen Frauenhauses politisch zu begleiten und umzusetzen“. Kurzfristig, sagt Lasser-Moryson, könnten finanzielle Hilfen Abhilfe schaffen, um Räumlichkeiten für Schutzsuchende anzumieten.
Langfristig seien ein zweites Frauenhaus und mehr Personal nötig. „Wir brauchen noch eine halbe Stelle in der Verwaltung sowie eine weitere Sozialpädagogin“, sagt die Einrichtungsleiterin mit Blick auf die Langzeitfolgen des Lockdowns.
Geboren in der Stadt der tausend Feuer. Ruhrpott-Kind. Mag königsblauen Fußball. Und Tennis. Schreibt seit 2017 über Musik, Sport, Wirtschaft und Lokales. Sucht nach spannenden Geschichten. Interessiert sich für die Menschen und für das, was sie bewegt – egal in welchem Ort.