Mit der Schließung der Eisdiele „La Perla“ verschwand im Jahr 2006 die einzige Außengastronomie vom Altstadtmarkt in Castrop-Rauxel, was viele Bewohner und Händler bedauerten. Um diese Lücke zu füllen, entschieden sich Elmar Bök und Marcus Vierhaus vom Brauhaus Rütershoff, fünf Jahre in Folge ein mobiles Café am Reiterbrunnen auf dem Altstadtmarkt anzubieten. Durch ein Kochzelt konnten sie ihre Gäste vor Ort bewirten.
Vor allem als im Jahr 2011 bekannt wurde, dass das Brauhaus Rütershoff sein provisorisches Café nicht weiter betreiben würde, wurde der Wunsch nach einer dauerhaften Lösung lauter. Auch Mitglieder des Cityrings Altstadt Castrop sahen in einer Außengastronomie ein wichtiges Mittel, um Menschen in die Innenstadt zu locken. Gerald Baars, Sprecher des Arbeitskreises Immobilien-Aufwertung im Cityring, erklärte: „Auf Außengastronomie auf dem Marktplatz zu verzichten, halte ich für absolut fatal.“ Die Idee des Cityrings: ein Glaspavillon mit besonderem Lichtdesign, der Raum für 50 bis 60 Sitzplätze bieten soll.
Sowohl die Stadt Castrop-Rauxel als auch der Cityring arbeiteten darauf hin, den Marktplatz umzugestalten. Wie genau wurde allerdings noch diskutiert. Im Laufe des Jahres 2012 erarbeitete eine Studentengruppe der Fachhochschule Dortmund verschiedene Entwürfe für ein Café auf dem Altstadtmarkt. Heiko Dobrindt, der Technische Beigeordnete der Stadt, erhielt fast 20 Entwürfe und sagte: „Die Semesterarbeiten enthalten interessante Lösungen. Ob eine davon realisiert werden soll und kann, muss nun erörtert werden.“ Trotz der anfänglichen Widerstände in der Politik und Verwaltung brachte der Cityring nachdrücklich den Wunsch nach einer attraktiven Marktplatz-Gastronomie vor.
Die Auseinandersetzung über die Notwendigkeit und Machbarkeit eines Marktcafés sorgte für gemischte Reaktionen in der Bevölkerung. Friedrich Wilhelm Welskop, ein Bürger aus Castrop-Rauxel, schrieb: „Das wiederholt angesprochene Café auf dem Marktplatz ist überflüssig. Es besteht hierfür in Castrop keinen Bedarf. Jedenfalls kann es nicht wirtschaftlich geführt werden. Es ist von vornherein zum Untergang verdammt.“
Schließung macht den Weg frei
Als im Jahr 2014 die Geschäftsräume des Modehauses „Daniel Borgerding“ frei wurden, eröffnete sich eine neue Möglichkeit. Bert Wagener von den Grünen sah in der sonnigen Lage der Räumlichkeiten „eine Chance, die nicht sehr häufig kommt.“ Er forderte die Stadtverwaltung auf, schnell zu handeln. Matthias Zimmer, ein Miteigentümer der Fläche, äußerte: „Eine Café-Lösung mit Außengastronomie ist ein möglicher Baustein in der Gesamtbetrachtung meiner Fläche.“
Schließlich führte das Engagement der Familie Leuthold dazu, dass die Brasserie „1910“, eine Mischung aus Kneipe und Resturant, am Altstadtmarkt entstehen sollte. „Bubi“ Leuthold, der bereits das „Tante Amanda“ führte, erklärte dazu: „Es soll so aussehen, als wenn es 1910 hier eine Gastronomie gegeben hätte und wir jetzt mal Staub geputzt haben.“ Geplant war, dass die Gastronomie neben einer Innenausstattung mit nostalgischem Flair auch die ersehnte Außengastronomie bieten sollte. Seine Kinder Lilli und Pascal Leuthold sollten den Laden führen und mit dem 1910 ihren eigenen Stil in der Gastronomiebranche finden, sagte Leuthold damals.

Die Pläne fanden bei vielen Menschen aus Castrop-Rauxel großen Zuspruch. Auf Facebook gaben viele Menschen den veröffentlichten Plänen einen „Like“. Der nostalgische Stil von 1910, den die Brasserie bekommen sollte, ließ im Juli 2014 auch eine Zeitungskarikatur von Rudi Grabowski entstehen, auf der Bubi Leuthold zu sehen war. In einer Sprechblase über ihm hieß es: „Jetzt muss die Stadtverwaltung bei der Neugestaltung des Marktplatzes natürlich auch einige Parkplätze für Pferde-Droschken einplanen!“
Nach monatelangen Bauarbeiten war es am 1. April 2015 soweit: Die Brasserie Leutholds „1910“ eröffnete und lud erstmalig Gäste in die Räumlichkeiten. Historische Pendelleuchten aus New York, eine Zinndecke aus Detroit, belgischer Blaustein als Bodenbelag, alte Bullaugen in den Toilettentüren oder die 100 Jahre alte Bleiverglasung aus dem Wichernhaus: das nostalgische Flair war für jedermann spürbar. So fand die lang ersehnte Außengastronomie Einzug auf den Marktplatz in der Castroper Altstadt, zu der sich 2023 noch das Café Extrablatt gesellen sollte.
Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel erschien ursprünglich am 23. November 2024.