Ein Leser unserer Serie zum Radfahren in Castrop-Rauxel hält die Stadt für ein „Entwicklungsland“. Wir haben jede Menge Feedback zum Themenschwerpunkt gesammelt. Es fällt deutlich aus.
Rund um Castrop-Rauxel gibt es zweifellos eine Vielzahl reizvoller Strecken mit guter Anbindung an das Radwegenetz des Ruhrgebiets“, schreibt Leser Ulrich Becher. „Erheblicher Handlungsbedarf besteht allerdings bei innerstädtischen Radwegen. Im Gegensatz zu den Radwegen durchs Grüne bestehen dort Gefahren durch Begegnungen mit parkenden, überholenden und abbiegenden Autos. Innerstädtische Radwege müssen die gleiche Priorität erhalten wie Radwanderwege.“
Die Einschätzung von Ulrich Becher bestätigt, was unsere Testfahrten im Alltagsverkehr und im Freizeitverkehr ergaben: Während der Radtourist in unserer Stadt gute Bedingungen vorfindet, ist der Alltagsradfahrer erheblichen Gefahren und Unannehmlichkeiten ausgesetzt. Leser Peter Will setzt noch einen drauf: „Castrop-Rauxel ist Fahrradwege-technisch ein Entwicklungsland, Fortschritte gibt es lediglich im Freizeitwegenetz.“
Generell werden einige Kreuzungen und die Überquerung der Hauptstraßen im Stadtgebiet als problematisch angesehen. Peter Will nimmt die Kreuzung Henrichenburger Straße / Römerstraße ins Visier: „In Richtung Norden fahrend muss ich mich von der rechten Spur in die mittlere Spur einordnen. Das ist immer ein Vabanquespiel.“ Hinter der Kreuzung wird die Lage für Radfahrer nicht besser, da sie sich in den Autoverkehr einreihen müssen. Die Freigabe des Bürgersteigs für den Radverkehr ist für Will keine Lösung: „Es gibt zwar vor der Kreuzung einen Hinweis darauf, dass der Bürgersteig freigegeben ist für Radfahrer, aber die Auffahrt ist sehr holprig und weist sehr hohe Kanten auf. Haben sie das schon mal gemacht, wenn ein Kind im Kindersitz mitfährt? Unmöglich!“
Leser Michael Knepper hält die Ickerner Straße für „eine der unangenehmsten und gefährlichsten Straßenabschnitte“ in Castrop-Rauxel: „Sie wurde vor einigen Jahren mit einem Schutzstreifen ausgestattet. Der ist aber mittlerweile abgefahren und nicht mehr zu erkennen. Eine Fahrt mit dem Rad ist zwischen Heine- und Vinckestraße ein äußerst risikoreiches Unternehmen.“
Er sei erfahrener und sicherer Radfahrer, meide jedoch die Fahrt mit dem Rad auf dieser Straße. Unterstützung erhält Michael Knepper von unserem Leser Axel Kiefer: „Die Radwegmarkierungen auf der Ickerner Straße sind fast völlig abgefahren. Für ortsfremde Autofahrer ist ein Radweg kaum zu erkennen.“
Offensichtlich wurden diese Klagen über den schlechten Zustand der Schutzstreifen vom Landesbetrieb Straßen.NRW, der Träger der Ickerner Straße ist, erhört. Wie uns der Landesbetrieb mitteilte, wurden Mitte März sämtliche Schutzstreifen neu aufgetragen.

Peter Will findet es besser, den Gehweg am Berufskolleg zu nutzen, als die Straße selbst. Die sei schmal, hier sei ein Radfahrer ein Verkehrshindernis. © Dieter Düwel
Probleme gibt es nach Ansicht unserer Leser auch auf der Wartburgstraße. Peter Will benutzt am Berufskolleg lieber den Bürgersteig, trotz des regen Schülerverkehrs: „Eine Wegführung vom Kreisverkehr auf die Straße ist nicht vorhanden, die Autostraße ist recht schmal, sodass ich ein Verkehrshindernis bin, trotz der 30 km/h Zone.“
Leser Ulrich Becher vermisst ebenfalls einen Radweg auf der wichtigen Nord-Süd-Achse: „Seit Jahren ist der Radweg-Lückenschluss an der Wartburgstraße zwischen Freiheitsstraße und Heerstraße für eine sichere Verbindung der nördlichen Stadtteile Becklem und Henrichenburg zur Innenstadt, zum Habinghorster Schulzentrum und zum Hauptbahnhof im Gespräch. Ein Radweg fehlt dort ebenso wie an der parallel verlaufenden B 235.“

Leser Axel Kiefer hält diese Kreuzung an der Victorstraße für gefährlich, weil die Hausecke an der Bahnhofstraße schwer zu überblicken ist. © Düwel
Kritik ernten auch Abschnitte auf der Nord-Süd-Achse Bahnhofstraße sowie im weiteren Verlauf auf dem Altstadtring. Leser Axel Kiefer sieht im Einmündungsbereich der Victorstraße Gefahren für Radfahrer: „Wenn man aus Norden kommt und über den Bahnhofsvorplatz fährt und dann weiter in Richtung Stadtmittelpunkt fahren möchte, muss man die Victorstraße an der Ampel überqueren. Unmittelbar danach muss ich in einem nicht einsehbaren 90-Grad-Bogen um eine Hausecke wieder in die Bahnhofstraße einbiegen, was ein hohes Unfallrisiko für Radfahrer und Fußgänger mit sich birgt.“
Peter Will erhofft sich zwar Verbesserungen für den Radweg am Altstadtring bei der geplanten Umgestaltung, macht aber deutlich auf die bestehenden Mängel aufmerksam: „Ein Unding sind hier die schmalen Übergänge an den Kreuzungen und an den Auf- bzw. Ausfahrten. Die Übergänge sind eine Frechheit. Oder sind sie gesponsert worden, um sich ein Mountainbike zu kaufen?“
Das Problem der abgenutzten Radwegemarkierungen liegt auch Leser Herbert Thon am Herzen: „Die Weißmarkierungen sind oft aufgrund von Abnutzung auch für Autofahrer nicht mehr zu erkennen, sodass die Fahrzeuge dann die Radwege berühren. Man darf sich nicht wundern, wenn Radfahrer dann die Bürgersteige aus persönlicher Sicherheit benutzen.“

Der Radweg entlang der Dortmunder Straße Richtung Frohlinde unter der "Soda"-Brücke ist eine Zumutung. © Durek
Gefahrenpunkte werden ebenfalls im Süden unserer Stadt gesehen. Leser Roland Durek benutzt häufig die Dortmunder Straße: „Zwischen der Ampelkreuzung Vincennesstraße und der Stadtgrenze ist der Radfahrer völlig ungeschützt dem Pkw-Verkehr ausgesetzt, mit täglicher Nahtoderfahrung.“ Positiv dagegen sieht er den Fahrradstreifen im Bereich des Schweriner Bergs: „Um von Schwerin in den Stadtkern von Castrop zu fahren, benutze ich den Fahrradstreifen. Das ist okay.“
Dringend notwendig sind nach Meinung unserer Leser an einigen Stellen neue Fahrbahndecken für Fahrradwege, wie z.B. an der Beethovenstraße, die Peter Will als unzumutbar bezeichnet: „Hier benötigen die Radwege dringend eine neue Decke. Der Übergang von der Beethovenstraße zur Wittener Straße ist renovierungsbedürftig. Wir haben kaum noch Fahrradfahrer, die mit 10 bis 14 km/h fahren, die Geschwindigkeit ist heute eher über 20 km/h. Das haben die Stadtplaner noch zu wenig im Visier, oder fahren sie kein Fahrrad und nur Auto?“
Auch die Gerther Straße kommt bei der Beurteilung schlecht weg. Leser Andreas von Pronay hält den Abschnitt zwischen dem letzten Haus auf der rechten Seite und den Wassertürmen in Richtung Gerthe für höchst problematisch: „Hier gibt es weder einen Bürgersteig noch einen Radweg. Hinzu kommt die unübersichtliche Rechtskurve, sodass die Autofahrer beim Überholvorgang sehr dicht an den Radfahrern vorbeifahren.“
Neben wirklich gefährlichen Straßenabschnitten bemängeln unsere Leser aber auch Streckenabschnitte, die ihnen den Genuss des Fahrradfahrens bisweilen verleiden. Leserin Gaby Koslowski ärgert sich: „Was mir in den Außenbereichen Castrop-Rauxels negativ auffällt, ist der oft furchtbare Zustand von kleinen Straßen durch Feld und Wald, die eigentlich wunderbar als Alternative zu den Hauptstraßen zu nutzen wären.“
Als Beispiele führt sie die Lohburger Straße in Ickern oder den Abschnitt der Bladenhorster Straße, der in die Brandheide führt, an. Außerdem bemängelt sie, dass man im Kreuzungsbereich B235/Siemensstraße als geradeausfahrende Radfahrerin über mehrere Ampeln und Nebenstraßen fahren muss, während der Autoverkehr einfach geradeaus fahren kann: „Das empfinde ich als Schikane!“

Am Bahnwärterhäuschen unweit der Klöcknerstraße führt der Radweg von der Straße weg. Diesen Schwenk hält ein Leser für unnötig. © Düwel
Der relativ neue Radweg an der Klöcknerstraße erntet Kritik von unserem Leser H. Kastel. Ihm ist der Schwenk des Radwegs weg von der Straße, vorbei am Bahnwärterhaus, ein Dorn im Auge: „Bei der Planung des Radwegs wurde offensichtlich davon ausgegangen, Radfahrer seien immer an einem schönen Ausflug ins Grüne interessiert. Wie anders lässt sich der Schwenk erklären? Ich möchte keinen Ausflug machen, sondern zügig von A nach B fahren.“ Außerdem seien der Übergang vom asphaltierten Radweg auf den geschotterten Wanderweg sowie die Querung des Radwegs über die oft stark befahrene Klöcknerstraße einem raschen Fortkommen per Fahrrad hinderlich.

Radschutzstreifen statt Fahrradweg auf dem Bürgersteig: So ist die Situation derzeit am Biesenkamp. © Marcel Witte
Völliges Unverständnis für die Schließung des Radwegs am Biesenkamp zeigt unsere Leserin Birgit Josefine Luig: „Wie kann es sein, dass angesichts von Dieselfahrverboten, der Verkehrsberuhigung von Innenstädten und von zunehmendem Radverkehr Fahrradwege geschlossen werden? Ich werde von einem sehr sicheren Radweg auf einen Randstreifen eng anliegend an die parkenden Autos verbannt, wo ich ständig Angst um Leib und Leben haben muss.“
Desweiteren beklagt sich die Leserin darüber, dass Radwege oft im Nichts enden: „Ich kalkuliere das ein und fahre direkt auf der Straße. Schließlich möchte ich zügig und pünktlich zur Arbeit kommen. Da kann ich mir Verzögerungen durch ständiges Anhalten nicht leisten.“

Leser Holger Knapp ist fast täglich auf dem Emscherradweg unterwegs. In den vergangenen Jahren traf er dort immer wieder auf Absperrungen wegen des Emscherumbaus. © Holger Knapp
Leserzuschriften gab es auch zum Emscherradweg, der offensichtlich nicht nur für Radtouristen attraktiv ist, sondern auch als Radverkehrsverbindung zwischen Henrichenburg und Ickern. Holger Knapp nutzt diese Verbindung täglich, bedauert aber, dass es aufgrund des Emscherumbaus in den vergangenen Jahren immer wieder zu Teilsperrungen gekommen ist.
Knapp schreibt: „Die Arbeiten sind nun im Wesentlichen abgeschlossen. Daher wäre mein Wunsch, zumindest eine durchgängige Verbindung des Emscherradwegs wieder befahrbar zu machen. Ideal wäre, den südlichen Emscherweg als Fußgänger (Hunde-)weg und den nördlichen Teil als Radweg einzurichten. Dann kämen Fußgänger und Hundebesitzer den Radfahrern nicht in die Quere.“
Leser Rainer Brüning weist auf das seiner Ansicht nach noch große Verbesserungspotenzial der Fahrradstrecke „Grüne Acht“ in den Bereichen Wagenbruch und Langeloh hin: „Es fährt nicht jeder ein Mountainbike und mit einem normalen Fahrrad holt man sich an manchen Stellen leicht eine „Acht“ in den Rädern.
Zum Thema Kreisverkehr äußert sich Axel Kiefer und bedauert die Benachteiligung von Fahrradfahrern: „Warum muss ich als Radfahrer beim Durchfahren eines Kreisverkehrs auf dem Fahrradweg an jeder Querung die Vorfahrt gewähren? Eigentlich müssten die Autofahrer den Radlern Vorrang lassen, wie in den Niederlanden. Da ist das an jedem Kreisverkehr so geregelt und funktioniert bestens.“ Herbert Thon schließt sich an: „Vorbildlich sorgt man in Holland für Radfahrer!“
Abschließend zwei allgemeine gegensätzliche Meinungen zum Fahrradfahren in Castrop-Rauxel: Gaby Koslowski möchte „eine Lanze für die Stadt Castrop-Rauxel brechen. Es hat sich viel getan in den vergangenen Jahren, um das Fahrrad als vollwertiges und wünschenswertes Verkehrsmittel zu fördern. Es gibt kaum noch Radwege auf Bürgersteigen, Radstreifen machen den Radverkehr für Autofahrer sichtbar oder Einbahnstraßen sind für den Radverkehr in beide Richtungen geöffnet.“
Demgegenüber fordert Birgit Josefine Luig, die täglich mit dem Rad von Frohlinde zur Holzstraße fährt, endlich klare Entscheidungen von der Politik zur Förderung des Radverkehrs: „Ich bin eine gleichberechtigte Verkehrsteilnehmerin und fahre zudem umweltfreundlich. Ich erwarte von der Politik echte Lösungen für die Probleme der Fahrradfahrer, faule Kompromisse und mäßig gute Lösungen akzeptiere ich nicht mehr! Ich bin daher zu einer sehr offensiven Radfahrerin geworden, die eher mittig auf der Straße fährt als sich in eine Notsituation drängen zu lassen.“
In Castrop-Rauxel geboren und in der Heimatstadt geblieben. Schätzt die ehrliche und direkte Art der Menschen im Ruhrgebiet. Besonders interessiert am Sport und den tollen Radwegen im Revier.
