Demokratie fördern, ein Zeichen gegen Rechts setzen – mit diesem Hintergrund die Idee von der „Tour de Demokratie“. Eine Arbeitsgruppe des Bündnisses für Demokratie in Castrop-Rauxel geht nun auf eine ungewöhnliche Bildungsreise.
Jürgen Domjahn hatte die Idee. Mit Josef Wagener und Christina Waimann entwickelte er das Programm für die „Tour de Demokratie“: eine Radreise vom 30. Juni bis 5. Juli. Es geht von Castrop-Rauxel bis nach Bergen-Belsen. Zu einem denkwürdigen geschichtlichen Ort, an dem Zehntausende starben. Warum dorthin und was ist genau geplant?

„Nach Recherchen im Archiv des Konzentrationslagers sind auch zwei Castrop-Rauxeler Bürger in Bergen-Belsen dem Nazi-Terror zum Opfer gefallen“, sagt Jürgen Domjahn. Es handele sich um Józef oder Joseph Borowski und Mathias Kalterherberg.“ Weiteres sei bisher nicht bekannt.
Er hoffe, dass es noch Castrop-Rauxeler gibt, die etwas über die beiden wissen, sagt er auch mit Blick auf die Leserschaft unserer Zeitung. Jüdische Mitbürger sollen sie nicht gewesen sein. Auch Stadtarchivar Thomas Jasper hat die Recherche aufgenommen. Würde man mehr Informationen haben, könnten auch für diese beiden Castroper Bürger Stolpersteine gelegt werden, so die Idee der Initiatoren einer unvergleichlichen Tour, für die man mit Arbeit und Leben NRW einen Partner gewinnen konnte. Das heißt: Wer mitfährt, kann Bildungsurlaub dafür beantragen.
Zum Ablauf: Bei der Tour de Demokratie gehe es um mehr als nur diese beiden Opfer des Nationalsozialismus. Die rund 350 Kilometer lange Strecke führt über Hamm, Halle, Espelkamp, Steinhude und Winsen nach Bergen-Belsen. An allen sechs Orten warten interessante Gäste auf die Gruppe, die in Castrop-Rauxel von Bürgermeister Rajko Kravanja verabschiedet wird.
So wird Dr. Philip Seel von der Arnold Freymuth Gesellschaft über die Bedeutung der Gerichte zur Sicherung der Demokratie in der NS-Zeit und heute sprechen, ein höchst aktuelles Thema.
Der Castrop-Rauxeler Bundestagsabgeordnete Frank Schwabe will in Espelkamp zur Gruppe stoßen. Ein Ort, der nach dem Zweiten Weltkrieg erst als Lager für Kriegsflüchtlinge, später als moderne Plansiedlung für Vertriebene Bedeutung gewann. Der Bochumer Bundestagsabgeordnete der Grünen Max Lucks wird sich in Halle mit dem Thema Menschenrechte beschäftigen.
In der Gedenkstätte in Bergen-Belsen endet dann die Fahrt, die darauf abzielt, den Teilnehmern ein tieferes Verständnis für demokratische Prozesse und deren historische Wurzeln zu vermitteln.

Mit dabei werden rund zehn Jugendliche aus dem KiJuPa sein. Eine Gruppe hat sich gerade schon bei einem Workshop „Erinnern mit Stolpersteinen“ mit dem Thema beschäftigt. Sie suchte die Stolpersteine in der Innenstadt Castrop-Rauxels auf, fertigte Zeichnungen vor Ort an und verband diese mit Texten aus dem Stadtarchiv sowie mit persönlichen Gedankengängen zu Bildern auf Leinwänden.
„Die Radtour können sie nicht mitmachen“, sagt Claudia Wieser, Koordinatorin des Kinder- und Jugend-Parlaments, „aber sie wollen in Bergen-Belsen dabei sein.“ Mit dem Bus geht es also am 4. Juli nach Winsen und dann am kommenden Tag zusammen mit den Tour-Teilnehmern nach Bergen-Belsen.
Mit dabei sind sie auch bei einer Vorbereitungsfahrt. „Die beiden Gruppen sollen nicht erst am Ende der Fahrt aufeinandertreffen“, sagt Claudia Wieser. Ziel dieser ersten kleinen Tour ist Waltrop. Dort wird an das Entbindungslager erinnert, dessen Befreiung sich am 4. April jährt. Von 1943 bis 1945 waren dort schwangere Zwangsarbeiterinnen interniert. „Die Babys wurden abgetrieben oder nach der Geburt, wenn sie rassistisch geeignet waren, zur Adoption freigegeben. Gemeinsam mit Paul Reding werden wir an dem Denkmal in Waltrop dieser Gräueltaten gedenken“, sagt Jürgen Domjahn.
Tour de Demokratie – Bildungsurlaub
- Die Tour de Demokratie führt vom 30.6. bis 5.7. mit dem Fahrrad nach Bergen-Belsen. Übernachtet wird in komfortablen Hotels entlang der Strecke. Teilnahmebeitrag pro Person: 395 Euro, 495 Euro im Einzelzimmer. Die Rückfahrt erfolgt mit dem Bus.
- Das genaue Programm findet sich bei Arbeit und Leben NRW unter arbeitundleben.nrw/weiterbilden. Anmeldungen sind möglich. Informationen hat auch das Castrop-Rauxeler Organisationsteam, das per Mail info@casdemokratisch.de zu erreichen ist.
- Wer Informationen zu Józef Borowski und Mathias Kalterherberg hat, kann sich an Jürgen Domjahn, juergen.domjahn@mailbox.org, wenden.