Eine neue Regelung sorgt unter Castrop-Rauxeler Gastronomen für Kritik: Seit dem 1. Januar greift eine neue Verpackungsordnung, die viele Läden dazu verpflichtet, Mehrwegverpackungen beim to-go-Verkauf von Speisen und Getränken anzubieten.
Betroffen sind konkret alle Gastronomiebetriebe, die eine Verkaufsfläche von mehr als 80 Quadratmetern und mehr als fünf Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern besitzen. Achtung: Bei Betrieben mit mehreren Filialen zählt die Mitarbeiterzahl aller Filialen, bei Restaurants mit Lieferdienst werden auch Lager- und Versandflächen einberechnet.
Bedenken bei Gastronomen
Einige Bäckereien, Cafés und Restaurants in Castrop-Rauxel dürften also unter diese Verpflichtung fallen - und müssen Kunden künftig die Möglichkeit geben, ihre Speisen in Mehrwegverpackung mitzunehmen.
„Keine gute Idee“, findet das Selam Tasdemir vom türkischen Restaurant „Topkapi Grill“ in der Castroper Altstadt. Er selbst bietet kein Mehrweg an, beschäftige aber nach eigenen Aussagen nicht viele Mitarbeiter.
Angst vor hygienischem Risiko
Die Mehrwegverpackungen hält er vor allem für ein hygienisches Risiko. „Die Leute bringen das Essen nach Hause und teilen es mit ihren Haustieren“, sagt er. Wenn sie die Verpackung dann anschließend wieder zurück ins Restaurant bringen, „bringen sie auch Bakterien mit“, so Tasdemir. „Ich habe Angst vor Salmonellen.“
Ohnehin werfe eine solche Regelung „viele Fragen“ auf. Durch die Energiekrise und die gestiegenen Kosten habe er andere Sorgen. 5,90 Euro kostet der Döner wegen der Preissteigerungen mittlerweile in seinem Laden.
Aufwand zu groß
Aldo Segat von „Il Caffé“ ist froh, dass er mit der Größe seines Verkaufsraums noch nicht unter die neue Regelung fällt. Mehrwegverpackungen bietet er deshalb nicht an. „Der Aufwand ist sehr groß. Für uns als kleiner Betrieb wäre das sehr schwierig“, erklärt er. Auch in nächster Zeit werde er daher kein Mehrwegsystem einrichten.
Besonders aufwendig an den Verpackungen werde es, wenn man dafür Pfand einführe. „Das ist undenkbar. Mit Pfand werde ich niemals arbeiten“, so Segat. Die Gäste könnten die Speisen im „Il Caffé“ stattdessen in ihren eigenen Behältern mitnehmen.
Nur wenig Mehrwegangebot
Auch viele andere Cafés und Bäckereien in Castrop-Rauxel bieten nach Angaben von Mitarbeitern noch keine Mehrwegverpackungen an - zum Beispiel „Das Café“ und „Café Antik“.
Im „Café Zuhause“ heißt es auf Anfrage der Redaktion, dass sich das gar nicht rentieren würde. Nachfrage bestehe ohnehin nicht. Ebenfalls keine Mehrwegverpackungen gibt es nach Auskunft von Mitarbeitern beispielsweise in der Bäckerei „Schickentanz“ in der Castroper Altstadt und am „Kaffeehaus am Münstertor“.

Das Restaurant „Leuthold‘s 1910“ hat sich eine andere Lösung überlegt: Hier können die Gäste die Speisen und Getränke für einen Pfandaufpreis auf Nachfrage im Glas oder auf dem Teller mitnehmen.
So ließe sich ein Mehraufwand vermeiden. Ansonsten gebe es die Speisen nach Auskunft der Inhaberin auf Pappe zum Mitnehmen – das sei sowieso nachhaltig, so die Besitzerin. Das to-go-Geschäft des Restaurants falle aber ohnehin eher gering aus.
Deutschlandweite Kritik
Kritik erhält die neue Verordnung nicht nur von den Castrop-Rauxler Gastronomen: Schon während des Gesetzgebungsverfahrens machten der Zentralverband des Deutschen Handwerks und das Bäcker- und Fleischerhandwerk auf die zusätzlichen Belastungen für die Unternehmen aufmerksam.
Die deutsche Umwelthilfe hält die Maßnahme dagegen für unzureichend. Das Müllproblem werde so nicht gelöst. Sie schlägt vor, Einweg-Geschirr grundsätzlich 20 Cent teurer zu machen als Mehrweggeschirr.
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