Dr. Martin Montag ist Chefarzt im Evangelischen Krankenhaus und geht bei nicht erhöhtem Impfdruck von steigenden Corona-Zahlen aus.

© Tobias Weckenbrock

Keine Corona-Patienten auf Intensivstation – Ärzte sind dennoch skeptisch

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In den Krankenhäusern in Castrop-Rauxel ist die Corona-Lage entspannt. Trotzdem warnen Ärzte vor steigenden Infektions-Zahlen - und erklären, wieso die Impfung auch den Kliniken hilft.

Castrop-Rauxel

, 01.09.2021, 20:00 Uhr / Lesedauer: 2 min

Am Dienstag (31.8.) hat Castrop-Rauxel die Schwelle zur dreistelligen Inzidenz überschritten. Im ganzen Kreis Recklinghausen gab es an dem Dienstag laut dem Intensivregister Divi sechs Patienten, die wegen einer Corona-Infektion auf der Intensivstation behandelt werden.

Im Castroper Rochus-Hospital gibt es aktuell keinen Corona-Intensivpatienten. Überhaupt würden nur zwei Menschen wegen einer Corona-Erkrankung im Krankenhaus behandelt, erklärt Dr. Christian Szymanski von der Klinik der Inneren Medizin. Die beiden Personen werden auf der Corona-Station mit Medikamenten behandelt. Kreisweit sind es nach Angaben des Kreises 18 Patienten.

Dr. Christian Szymanski vom St.-Rochus-Hospital ist ein Verfechter der Corona-Impfung.

Dr. Christian Szymanski vom St.-Rochus-Hospital ist ein Verfechter der Corona-Impfung. © Matthias Stachelhaus

Geimpfte seien unter den Krankenhaus-Patienten länger nicht mehr gewesen. Wenn sie sich infiziert hätten, hätten sie Symptome einer milden Grippe gehabt und nicht in der Klinik behandelt werden müssen, sondern seien nur in Quarantäne gewesen. Deswegen stellt Szymanski klar: „Ich bin ein absoluter Befürworter der Impfung. Je mehr sich impfen lassen, desto optimistischer bin ich.“

Arzt des EvK warnt: Ohne Impfdruck werden die Zahlen steigen

Eine Prognose will der Arzt aber nicht abgeben. „Wir müssen weiter achtsam sein. Gerade im Herbst könnten die Zahlen wieder steigen. Wir haben gelernt, flexibel zu sein.“ Daher werde es auch trotz der aktuell entspannten Lage im St. Rochus künftig bei den zehn verfügbaren Intensivbetten bleiben.

Dr. Martin Montag, Chefarzt der Klinik für Anästhesie und Intensivmedizin im Evangelischen Krankenhaus (EvK) in Castrop-Rauxel, geht davon aus, dass die Infektionszahlen steigen werden, wenn es keinen höheren Impfdruck gibt. „Dann werden sich die Zahlen dramatisch erhöhen, es wird mehr Krankenhaus-Aufenthalte und auch mehr Tote geben.“

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Montag erklärt weiter: „Wir haben jetzt mehr Infizierte als zum gleichen Zeitpunkt im vergangenen Jahr. In der dritten Welle wurden etwa zehn Prozent der Erkrankten stationär behandelt, zwei Prozent kamen auf die Intensivstation und ein Prozent ist gestorben. Die Zahl wird wahrscheinlich kleiner werden, aber es werden weiterhin noch Menschen damit sterben.“

Bei der Frage, ob eine 2G- oder eine 3G-Regel sicherer wäre, gibt es für ihn aus medizinischer Sicht eine klare Antwort. „Ganz klar 2G, aber ob das richtig und angemessen ist, ist eine politische und gesellschaftliche Frage. Ein Geimpfter ohne Test ist ein geringeres Risiko als ein Ungeimpfter.“

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Aktuell gibt es im Evangelischen Krankenhaus keine Corona-Patienten. Nur eine einzige geimpfte Person sei in den vergangenen Wochen mit Corona im Krankenhaus gewesen – und das auch nicht wegen Erkrankungs-Symptomen, sondern aus einem anderen Grund. Die Infektion sei nur zufällig aufgefallen. Generell seien nur vereinzelt Menschen wegen des Coronavirus ins Krankenhaus gekommen, hätten aber alle nach einer ambulanten Behandlung wieder entlassen werden können.

Dass die Pandemie-Lage in Zukunft anhand der Hospitalisierungsrate und nicht mehr der Inzidenz bewertet werden soll, wie ein Vorschlag von Gesundheitsminister Jens Spahn vorsieht, den das Bundeskabinett am 31. August absegnete, hätte für Montag eine entscheidende Auswirkung.

Arzt vergleicht Änderungsvorschlag von Minister mit Sprint

Denn die Hospitalisierungsrate würde das Infektions-Geschehen mit mehr Verzögerung darstellen als die Inzidenz, da Corona-Patienten bei schweren Verläufen in der Regel erst nach 10 bis 14 Tagen ins Krankenhaus kämen.

Montag versucht das anhand eines Beispiels zu verdeutlichen: „Man muss sich einen Sprint vorstellen, vor dem man sich fragt, wie viel Vorsprung gebe ich dem anderen Läufer, bis ich selbst loslaufe? Bei der Bewertung durch die Inzidenz ist das weniger als bei der Hospitalisierungsrate. Durch die neue Regelung wird man den anderen zwar auch irgendwann einholen, aber es wird länger dauern.“