Der Bunker in der Altstadt: Schutzfunktion hat er keine mehr.

© Paul Horst

Kein Strom, kein Wasser, kein Internet? Was tun im Katastrophenfall?

rnKatastrophenschutz

Naturkatastrophen, technische Unglücksfälle, kriminelle Aktionen: Was tun, wenn es in Castrop-Rauxel keinen Strom, kein Wasser, kein Internet gibt? Ein Überblick zum Bürger- und Katastrophenschutz.

Castrop-Rauxel

, 13.03.2022, 19:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

Wenn in Castrop-Rauxel bislang über Stromausfall nachgedacht wurde, über Katastrophen und wie man sich davor schützen kann, ging es vor allem um Sturm oder andere Unwetter. Mit dem Krieg in der Ukraine ist die Bedrohung durch menschengemachtes Unheil viel näher gerückt. Wir haben beim Kreis und der Stadt gefragt, wie Bevölkerungs- und Katastrophenschutz aussieht.

Der Kreis gibt nicht viele Informationen heraus. „Zum Schutze der Bevölkerung“ wolle man Maßnahmen nicht öffentlich machen, sagt Pressesprecherin Svenja Küchmeister. „Demjenigen, der die Infrastruktur lahmlegen will, wollen wir die Angriffsziele nicht verraten.“

Castrop-Rauxel unterhält „für Schadenslagen unterhalb der Katastrophenschwelle“ einen Stab für außergewöhnliche Ereignisse (SAE), umgangssprachlich auch Verwaltungsstab genannt. Treffpunkt bei der Bewältigung von Großeinsatzlagen ist ein Mehrzweckraum an der Feuer- und Rettungswache. „Der SAE führt regelmäßige Übungen durch“, teilt die Stadt mit.

? Wie werden Bürger gewarnt?

Gewarnt werden Castrop-Rauxeler Bürger von Warn-Apps – oder gut hörbar durch Sirenen. Rund 90 Sirenen-Standorte wurden nach dem Zweiten Weltkrieg im Stadtgebiet aufgebaut. Mit dem Ende des Kalten Kriegs verschwanden sie in den 1990er-Jahren bis auf drei Sirenenstandorte zur Alarmierung der Feuerwehr.

Solche Sirenen stehen auf vielen öffentlichen Gebäuden im Stadtgebiet. Diese ertönt bei einem Alarm in Dingen.

Solche Sirenen stehen auf vielen öffentlichen Gebäuden im Stadtgebiet. Diese ertönt bei einem Alarm in Dingen. © Tobias Weckenbrock

Inzwischen setzt der Staat wieder auf zentral steuerbare Warnsysteme. Die Stadt Castrop-Rauxel baut insgesamt 28 elektronische Sirenenanlagen auf. Gesamtkosten: 300.000 Euro. Derzeit sind 17 Standorte betriebsbereit, die verbleibenden Standorte sollen noch in 2022 aufgebaut werden. Anschließend soll es wieder einmal im Monat samstags einen Probealarm geben.

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Die Sirenen können automatisiert über die Kreisleitstelle der Feuerwehr in Recklinghausen ausgelöst werden, einzelne Sirenen auch manuell durch die Feuerwehr Castrop-Rauxel. Alle Sirenen können mit Akkus auch bei Stromausfall etwa weitere 48 Stunden ausgelöst werden. Weitere Informationen finden sich unter www.castrop-rauxel.de/sirenen.

? Was geschieht bei einem Ausfall der Stromversorgung oder Telekommunikation?

Bei einem Ausfall der Stromversorgung oder Telekommunikation werden durch ehrenamtliche Einsatzkräfte der Feuerwehr, sowie bei Bedarf des örtlichen Technischen Hilfswerkes (THW), die zehn Notfall-Info-Punkte (NIP) im Stadtgebiet besetzt:

  • Feuer- und Rettungswache, Frebergstr. 1
  • Feuerwehr-Gerätehaus Rauxel-Dorf, Bernhard-Awe-Str. 5
  • Feuerwehr-Gerätehaus Habinghorst, Dornbachstr. 15
  • Feuerwehr-Gerätehaus Henrichenburg, Hedwig-Kiesekamp-Str. 7
  • Feuerwehr-Gerätehaus Merklinde, Wittener Str. 274
  • Polizeiwache Castrop, Erinstr. 1
  • Marktschule Ickern, Kirchstr. 56
  • Lindenschule Frohlinde, In der Fühle 81
  • Dorfkirche Pöppinghausen, Pöppinghauser Str. 158 Berufsbildungszentrum Dingen, Westheide 63

Ein Notfall-Infopunkt ist an der Marktschule Ickern.

Ein Notfall-Infopunkt ist an der Marktschule Ickern. © Tobias Weckenbrock

Es ist festgelegt, dass erst die Feuer- und Rettungswache mit dem Führungsstab Feuerwehr besetzt wird. Zeitgleich fährt ein motorisierter Melder (vergleichbar mit der Zeit vor unserer heutigen Technisierung) zu den fünf Löschzugführern der ehrenamtlichen Einsatzkräfte in die Ortsteile Castrop, Rauxel-Dorf, Habinghorst, Henrichenburg und Merklinde. Von dort wird die weitere Meldekette in Gang gesetzt.

An Notfall-Infopunkten finden Bürger bei einem längeren Ausfall des Strom- und Telefonnetzes Ansprechpartner.

An Notfall-Infopunkten finden Bürger bei einem längeren Ausfall des Strom- und Telefonnetzes Ansprechpartner. © Thomas Schroeter

Die ersten sechs Anlaufstellen (vier Gerätehäuser, Feuer- und Rettungswache und Polizeiwache) sind damit einsatzbereit als Anlaufstelle für Bürger, die Notrufe absetzen oder sich informieren wollen. Einzelne, ausgelagerte Notfall-Info-Punkte werden nach und nach besetzt.

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Für eine generelle Kommunikation zwischen den Notfall-Info-Punkten, Feuerwehr, THW, Rathaus, Krankenhäusern, Polizei und Leitstelle Recklinghausen wurden spezielle technische Vorkehrungen in Zusammenarbeit mit der Telekom getroffen, welche für mehrere Tage ohne externe Stromversorgung funktionieren. Darüber hinaus existiert auch auf Kreisebene ein Gefahrenabwehrplan Stromausfall, der bei Großeinsatzlagen greift.

? Wo gibt es im Notfall Wasser?
Für den Fall des Ausfalls der Wasserversorgung wurden im Stadtgebiet mehrere Trinkwasserbrunnen errichtet. Ein Teil davon ist stromabhängig, der andere Teil durch Stromaggregate unabhängig von der Stromversorgung. Wo diese Brunnen steht, sagt die Stadt nicht, da es hier auch um kritische Infrastruktur geht.
? Lagern Kreis oder Stadt Vorräte oder Ausrüstung?

Vorräte für besondere Fälle, zum Beispiel Lebensmittel, Hygieneartikel oder auch Ausrüstungsgegenstände wie Bettgestelle werden nicht eingelagert, so die Stadt. Auch der Kreis Recklinghausen hat keine Vorratslager, aber Pläne für den Notfall. Hier sei jeder Bürger selbst gefragt. Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) bietet dazu Informationen.

? Gibt es Vorräte an Jodtabletten für den nuklearen Ernstfall?

Auch zum Thema Jodtabletten gibt es keine Informationen vom Kreis. Sie sollen verhindern, dass sich durch Strahlung radioaktives Jod in der Schilddrüse sammelt. Der Staat lagert Vorräte für den nuklearen Ernstfall. Die Stadt Castrop-Rauxel verweist auf den Kreis, der Vorräte lagere, die er bei Bedarf ausgebe.

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? Gibt es in unseren Friedenszeiten so etwas wie Schutzräume für Bürger?

Nutzbare Schutzräume gibt es in Castrop-Rauxel nicht. Auch der Hochbunker in der Altstadt eigne sich nicht mehr als Schutzraum, teilt die Stadt mit. Sie versucht seit langem, den Bunker zu verkaufen. Weiter informiert sie: „Planungen für eine allgemeine Evakuierung und kurzfristige Unterbringung bei entsprechenden Ereignissen liegen natürlich vor.“

Selbsthilfe im Katastrophenfall

  • Brandschutzerziehung und -aufklärung gehören laut Gesetz über den Brandschutz, die Hilfeleistung und den Katastrophenschutz zur Pflichtaufgabe der Gemeinden. Auch über die Möglichkeiten der Selbsthilfe muss informiert werden. „Bei der Bevölkerung gilt es, Sensibilität für Risiken zu erzeugen und auf einem hohen Niveau zu erhalten“, so die Stadt.
  • „Der Stärkung der Selbsthilfefähigkeit und des Gefahrenbewusstseins der Bevölkerung kommt daher eine große Bedeutung zu“, so informiert sie weiter. Denn selbst ein sehr gut aufgestelltes staatliches Hilfeleistungssystem müsse sich im Falle einer Katastrophe zunächst auf die Gefahrenschwerpunkte konzentrieren. Das könne dazu führen, dass viele Betroffene vorübergehend auf sich selbst oder auf die gegenseitige Hilfe innerhalb der Bevölkerung angewiesen sind.
  • Der Kreis Recklinghausen informiert auf seiner Internetseite www.kreis-re.de/notfallinfo, was bei Stromausfall zu tun ist und wie man sich vorbereiten kann.
  • Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe hat einen umfangreichen Ratgeber für Notfallvorsorge und richtiges Handeln in Notsituationen für die Bevölkerung bereitgestellt.