
Martin Böhme (l.), Fachdienstleiter Bevölkerungsschutz beim Kreis Recklinghausen, und Kreisbrandmeister Robert Gurk zeigen ein Schild, das auf einen Notfallinfopunkt hinweist. © Michael Wallkötter
Katastrophenschützer: Beim Blackout werden Menschen zu Schaden kommen
Bevölkerungsschutz
Ist die Bevölkerung im Kreis Recklinghausen angemessen auf einen längeren Stromausfall vorbereitet? Die Verantwortlichen im Kreishaus haben dazu eine klare Meinung.
Robert Gurk appelliert an die Menschen im Kreis Recklinghausen, sich mit einem möglichen Blackout auseinanderzusetzen. Denn er ist davon überzeugt, dass die Mehrheit der Bevölkerung aktuell nicht angemessen auf einen längeren Stromausfall vorbereitet ist. „Jeder sollte dringend Eigenvorsorge betreiben“, empfiehlt der Kreisbrandmeister.
Was es für Menschen bedeutet, wenn Elektrizität mehrere Tage nicht zur Verfügung steht, hat die Schneekatastrophe im Westmünsterland 2005 gezeigt. Selbstverständlichkeiten des Lebens funktionieren nicht mehr: Das fängt im eigenen Haushalt mit Heizung, Kühlschränken und Internet an und endet bei Supermärkten, Tankstellen und Geldautomaten.
Flächendeckende Ereignisse eine ganz andere Herausforderung
Die Kreisverwaltung Recklinghausen ist die Katastrophenschutzbehörde im Vest. Ihr Chef ist Martin Böhme, Fachdienstleiter für Bevölkerungsschutz. Im Gespräch mit der Redaktion weist er darauf hin, dass punktuelle Ereignisse gut durch den Katastrophenschutz gelöst werden können, flächendeckende Ereignisse aber eine ganz andere Herausforderung darstellen. 2600 Einsatzkräfte der Feuerwehr plus mehrere hundert Mitarbeiter der Hilfsorganisationen stehen 615.000 Menschen im Kreis RE gegenüber. „Da muss sich jeder auch auf seine eigenen Fähigkeiten verlassen“, so Martin Böhme.
Kreisbrandmeister Robert Gurk erwartet von der Politik, dass diese die Energieversorgung so aufstellt, dass sie sicher ist. Da dürfe es keine Kompromisse geben. „Wir vom Katastrophenschutz können den Blackout nicht wegleuchten“, sagt er. „Im Ernstfall werden Menschen zu Schaden kommen.“
Bürger können selbst Vorsorge betreiben
Wie können Bürger Vorsorge betreiben? Indem sie vor allem Vorräte an Trinkwasser und haltbaren Lebensmitteln anlegen. Ein batteriebetriebenes Radio, um auf dem Laufenden zu bleiben, gehöre ebenso in jeden Haushalt wie Taschenlampen und eine Reserve an Batterien, raten die Katastrophenschützer des Kreises. Wer Medikamente einnehmen muss, sollte sie in ausreichender Menge für mehrere Tage vorrätig haben. Und auch eine Bargeldreserve ist im Notfall hilfreich.
Experten rechnen eher nicht mit einem unkontrollierten flächendeckenden Blackout. Aber geplante Lastabschaltungen in Teilregionen sind durchaus ein realistisches Szenario. Für so einen Fall hat die Kreisverwaltung Notfall-Infopunkte eingerichtet - kreisweit insgesamt rund 80. Die werden bei längerem Stromausfall oder bei Totalausfall der Telefonnetze durch Rettungskräfte der Feuerwehren besetzt. Notfall-Meldungen von Bürgern werden dort entgegengenommen und per Funk an die Kreisleitstelle übermittelt. Eine Liste mit den Standorten ist auf der Internetseite der Kreisverwaltung hinterlegt. „Es empfiehlt sich, diese auszudrucken, um sie im Ernstfall zur Hand zu haben“, betont der Kreisbrandmeister. Die Notfall-Infopunkte sind im Kreis RE bereits zum Einsatz gekommen; zum Beispiel im November 2021, als das gesamte Notrufsystem in der Region durch eine Störung lahmgelegt wurde.
Bei Sirenenalarm Radio einschalten
Auch das Sirenensystem spielt im Zivilschutz eine wichtige Rolle. „Wir sind im Kreis Recklinghausen zum Glück sehr weit mit dem Ausbau“, erklärt Fachdienst-Leiter Martin Böhme. Wer den auf- und abschwellenden Sirenenton wahrnimmt, sollte unbedingt das Radio einschalten, um sich über die Lage informieren zu lassen.
Nachdem der Zivil- und Katastrophenschutz nach Ende des Kalten Krieges bundesweit drastisch zurückgefahren wurde, sind mittlerweile neue Strukturen geschaffen worden. Zündende Ereignisse für den Kurswechsel seien der Terrorangriff am 11. September 2001 in den USA und die Fußball-WM 2004 in Deutschland gewesen, berichtet Böhme.

Feuerwehrleute besprechen ihren Einsatz: Auch aus dem Kreis Recklinghausen waren im vergangenen Jahr Helfer bei der Hochwasserkatastrophe in den Krisengebieten vor Ort. © dpa
Spezielle Einheiten für den Katastrophenschutz im Vest
Explosionen, Brände, Chemieunfälle, Hochwasser - der Katastrophenschutz im Kreis RE sieht sich für solche Fälle gut aufgestellt. Auch im Vest sind spezielle Einheiten aufgebaut worden. Die Feuerwehrbereitschaft (130 Personen) ist logistisch auf mehrtägige Einsätze vorbereitet und innerhalb von Stunden abmarschbereit. Sie ist bei der Hochwasserkatastrophe im vergangenen Jahr in NRW und Rheinland-Pfalz ebenso zum Einsatz gekommen wie der Patiententransportzug und der Betreuungsplatz. Der Katastrophenschutz kann Behandlungsplätze für bis zu 50 Patienten schaffen, verfügt über einen Messzug zur Ermittlung von Schadstoffen in der Luft oder kann einen Hochwasserzug mit einer Hochleistungspumpe auf den Weg bringen.
Personal, Material, Fahrzeuge - ein großer Teil des Bedarfs wird von Kommunen und Hilfsorganisationen finanziert, Bund und Land sind unterstützend tätig. Martin Böhme und Robert Gurk würden sich wünschen, dass die Bundes- und Landesregierungen erkennen, „dass auch im Katastrophen- und Zivilschutz zusätzliche Ressourcen geschaffen werden müssen“.
Auf den Notfall vorbereiten
- Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (www.bbk.bund.de) hat für Katastrophen-Fälle eine Broschüre herausgegeben, damit Bürgerinnen und Bürger Vorsorge betreiben können. Darin enthalten ist auch eine Checkliste, wie ein Haushalt vorbereitet sein sollte.
- Eine Liste mit den Notfall-Infopunkten hat die Kreisverwaltung Recklinghausen (www.kreis-re.de/notfallinfo) in ihrem Internetportal veröffentlicht.
- Aufmerksam macht die Kreisverwaltung auf das Thema Selbsthilfe im Krisenfall gemeinsam mit allen Kommunen im RVR durch die Kampagne #besserbereit. Mehr Infos: www.besserbereit.ruhr.
Geboren 1960 in Haltern am See, aufgewachsen in Marl und jetzt wohnhaft in Dorsten: Ein Mensch, der tief verwurzelt ist im Kreis Recklinghausen und dort auch seit mehreren Jahrzehnten seine journalistische Heimat gefunden hat. Schwerpunkte sind die Kommunal- und Regionalpolitik sowie Wirtschafts- und Verbraucherthemen.