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Kann der verregnete Winter in Castrop-Rauxel einem Hitzesommer vorbeugen?
Wetter
Der Februar 2020 war einer der regnerischsten Monate seit langem in der Region. Könnte ein verregneter Winter nicht einem Trockensommer vorbeugen? Landwirte und Meteorologen geben Antwort.
In den vergangenen Wochen hat es in Castrop-Rauxel und der Region außerordentlich viel geregnet. Ende Februar wurden in Emscher und Lippe ein Jahreshoch des Wasserstandes gemessen. Anwohner befürchteten Hochwässer, zu Überschwemmungen kam es jedoch nicht.
Fast dreimal so viel wie gewöhnlich zu dieser Zeit soll es in den vergangenen Wochen geregnet haben. Das bestätigt auch Thomas Kesseler-Lauterkorn vom Essener Klimabüro des Deutschen Wetterdienstes (DWD).
Dreifache Menge des Durchschnittsniederschlags
Insgesamt sei zwar viel Regen zu dieser Jahreszeit wegen des milden Winters nicht ungewöhnlich. Doch die aktuellen Messergebnisse verzeichnen eine Niederschlagsmenge, die weit über dem Durchschnitt liegt. „Der Normalwert der letzten 30 Jahre beträgt im Schnitt 55 bis 60 Liter Regen pro Quadratmeter. Die Werte für dieses Jahr betragen in der Region jedoch 140 bis 160 Liter. Dadurch kann man von einer fast dreifachen Menge des Durchschnittswertes sprechen“, sagt Kesseler-Lauterkorn.
Hobbymeteorologe aus Castrop-Rauxel
„Die starken Regenfälle sind jetzt erstmal vorbei,“ sagt der Castrop-Rauxeler Hobbymeteorologe Axel Kiefer. Er nimmt seit 25 Jahren die Wettervorhersage der Region in die Hand. Er hat in seinem Garten in Henrichenburg eine eigene Wetterstation aufgestellt.

Axel Kiefer betreibt seit 25 Jahren eine eigene Wetterstation in Henrichenburg. © Joel Kunz
Da er damals als Baupolier tätig war, war er vom Wetter und einer zuverlässigen Vorhersage abhängig. Deshalb habe er die Wettervorhersage damals kurzerhand einfach selbst in die Hand genommen - und eine eigene Wetterstation aufgestellt.
Tiefdruckgebiet über Nordpolargebiet
„Der Grund für das milde Wetter und die vielen Regenfälle in der letzten Zeit ist das Verhalten des Polarwirbels.“ Das ist ein Tiefdruckgebiet, das sich über dem Nordpolargebiet ausbreitet. In der Regel spalten sich Teile des Wirbels in Form von Kaltluftausbrüchen ab und gelangen nach Europa. Doch in diesem Jahr kam es nicht zu solchen Ausbrüchen, schildert Kiefer. „Deshalb hatten wir in diesem Februar mildes Wetter und viel Regen.“
Zu weiteren starken Regenfällen wird es wohl erst einmal nicht kommen. „Die Sonne steht durch den baldigen Frühlingsanfang nun höher und bald zieht hier ein Hochdruckgebiet durch.“
Kann ein Trockensommer damit ausgeglichen werden?
Nun könnte man vermuten, dass ein weiterer Hitzesommer mit der Menge an Regen ausgeglichen werden könnte. Denn würden die hohen Niederschlagsmengen nicht die vergangenen und einen zukünftigen trockenen Sommer wett machen?
„Leider ist das nicht so einfach möglich“, sagt Kesseler-Lauterkorn „Trotz des vielen Regens in diesem Jahr haben wir durch die trockenen Sommer der Jahre 2018 und 2019 immer noch ein statistisches Defizit. Einfacher ausgedrückt seien seit 2018 immer noch 400 Liter Regen zu wenig gefallen.“
„Immerhin ist bis zu einer Tiefe von 1,80 Meter der Boden im Moment mit Wasser gesättigt. Somit kann man zumindest von einem gewissen Ausgleich sprechen.“, sagt Axel Kiefer. In den tieferen Ebenen sei es jedoch immer noch zu trocken.

Auch beim Spargelanbau haben die vergangenen Regenfälle für Probleme gesorgt, sagt Landwirt Lars Dickhöfer. © Volker Engel
Durch die Trockenheit der vergangenen Sommer habe sich die Bodenbeschaffenheit verändert, sagt Ilias Abawi, Sprecher der Emschergenossenschaft. „Bisher hatte der Boden in der Region eine Art „Schwammfunktion“, das heißt, dass Wasser über längere Zeit gespeichert wurde. „Doch durch die vergangenen Sommer wurde der Boden dermaßen ausgetrocknet, dass sich die Beschaffenheit des Bodens verändert hat und die bisherige Schwammfunktion nicht mehr gegeben ist.“
Landwirte zeigen sich besorgt
Auch Landwirte sind besorgt über eine kommende Trockenheit. Es scheint zwar im Moment so, als stünde in der Landwirtschaft mehr als genug Wasser zur Verfügung. „Das Problem ist aber, dass das Wasser nicht bis zum Sommer im Boden gespeichert werden kann. Das Getreide nimmt jetzt zwar viel Wasser auf, aber für den ganzen Sommer reicht es trotzdem nicht.“, sagt Lars Dickhöfer, Landwirt und Betreiber des Hof Sanders in Castrop-Rauxel. Vor allem dass sehr viel Regen in kurzer Zeit fällt, sei ein Problem. Besser wäre es, wenn der Regen gleichmäßig über einen längeren Zeitraum verteilt fallen würde. Aber auch trotz der heftigen Regenfälle sei der Boden in den tieferen Ebenen noch immer viel zu trocken, so Dickhöfer.
„Im Moment fällt zwar viel Regen, doch trotzdem können sich die Landwirte nicht ausreichend auf einen Dürresommer vorbereiten.“, sagt Bernhard Rüb von der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen. „Auf Getreidefeldern ist es praktisch nicht möglich, Bewässerungssysteme zu installieren, da die Felder gepflügt und maschinell geerntet werden.“
Wirtschaftliche Folgen
Auch langfristig sei es schwierig, sich als Landwirt vorzubereiten. Auch trotz der vergangenen Jahre sei es nicht sicher, dass es jetzt jedes Jahr zu einem Dürresommer kommt. Die wirtschaftlichen Folgen eines weiteren trockenen Sommers seien auch nicht zu unterschätzen. „Die Bewegung von Wasser und Futtermittel ist sehr teuer. International können die Deutschen Landwirte dann nicht mehr mithalten“, sagt Rüb.