Der Engelsburgplatz, oben die B235, unten die Bahnhofstraße: Warum ist hier eigentlich kein Kreisverkehr, kann man sich gut und gerne fragen bei der Größe dieses Verkehrsknotenpunktes mit seinen zahlreichen Ampeln. © RVR 2020 / Aerowest
Verkehrsplanung
Kann der Engelsburgplatz ein Kreisverkehr werden? Das sagt ein Experte
Mehrere Verkehrsunfälle gab es am Engelsburgplatz in Castrop-Rauxel. Viele stellen die Frage: Warum ist dieser Knotenpunkt mit unzähligen Ampeln und Abbiegespuren kein Kreisverkehr? Wir auch.
Im Jahr 2016 war es, als unsere Redaktion die Verkehrsplanung der Stadtverwaltung anfragte: Warum gibt es nicht mehr Kreisverkehre in Castrop-Rauxel? Ein grundsätzliches Befürworten war damals deutlich heraus zu hören. Nun stellt sich diese Frage erneut, ganz gezielt mit dem Blick auf den Engelsburgplatz.
Denn hier im Umfeld kam es vor kurzem zu einem schweren Verkehrsunfall. Immer wieder stellen Menschen die Frage, warum es hier nicht einfach einen Kreisverkehr gibt. Der hätte in vielerlei Hinsicht Charme: keine Ampeln, keine Linksabbiegespuren. Eine klarere Verkehrsführung für alle.
Dass es diesen Ansatz gibt, ist auch aus verkehrsplanerischer Expertensicht nicht abwegig. Dem Mobilitätskonzept auf Stadtteilebene für Rauxel, erst dieses Jahr veröffentlicht, ist folgender Absatz zu entnehmen: „Perspektivisch sollte geprüft werden, ob der gesamte Knotenpunkt in einen Kreisverkehr umgebaut und die Vielspurigkeit für den Kfz-Verkehr zurückgenommen werden kann. Bei einer Flächenumverteilung wäre die Führung des Radverkehrs dann
grundsätzlich zu überprüfen. Hier ist eine Detailstudie erforderlich.“ Erstellt vom Via Planungsbüro aus Köln.
2016 antwortete der damalige Technische Beigeordnete der Stadt, Heiko Dobrindt, auf ein Papier mit zehn Thesen für den Bau von mehr Kreisverkehren noch: „Auch die Stadt Castrop-Rauxel hat großes Interesse, weitere Knotenpunkte zu Kreisverkehrsplätzen umzubauen. Die Vorteile liegen auf der Hand: Sie besitzen weniger Konfliktpunkte.“ Die Bereiche, wo Fahrzeuge untereinander oder mit Fußgängern oder Radfahrern zusammenstoßen könnten, seien gegenüber der klassischen Kreuzung reduziert. „Hinzu kommt, dass die im Kreisverkehr gefahrenen Geschwindigkeiten durch das Umfahren der Insel deutlich reduziert werden und damit auch die Unfallschwere reduziert wird“, so Dobrindt.
Aber: „Sie funktionieren nur bis zu einer bestimmten Verkehrsbelastung, die in der Regel unter den Kapazitäten von signalgesteuerten Knotenpunkten liegt. Dann kommt es zu Stausituationen und Konflikten, die mit einer Ampel nicht aufkommen oder wesentlich besser abzubauen sind.“
Wir haben jetzt einen Verkehrsplaner aus der Nachbarstadt Dortmund dazu befragt: Würde sich am Engelsburgplatz ein Kreisverkehr anbieten? Christian Bexen ist einer von drei Geschäftsführern der „Planersocietät“ aus Dortmund, Diplom-Ingenieur Raumplanung/Verkehrsplanung, und bezieht im Interview Stellung.
Christian Bexen ist Geschäftsführer der Planersocietät, einem Verkehrsplaner-Büro aus Dortmund. © Planersocietät
Es gibt eine viel geäußerte Idee: Macht einen Kreisverkehr daraus! Ist das naheliegend und machbar?Zentrales Kriterium ist, dass ein Kreisverkehr nur bis zu einer bestimmten Belastung ausgelegt ist. Das kann mal bei 30.000, bei 40.000, bei 20.000 Fahrzeugen am Tag liegen, je nach Bauweise.
Das ließe sich ja leicht ermitteln…Ja, durch eine Verkehrszählung. Aber man muss auch prüfen: Wie stark sind die einzelnen Zufahrten belastet? Sind die Flüsse relativ gleich verteilt oder gibt es eine Hauptachse, auf der fast alle ein- und ausfahren? Wenn Zweiteres der Fall ist, dann funktioniert ein Kreisverkehr nicht.
Sie sehen ja das Luftbild. Also auf der Basis: Was würden Sie sagen? Es ist ja nicht so, als gäbe es keine zweispurigen Kreisverkehre in Deutschland… Bekannt ist der Ludgerikreisel in Münster.Das Gebilde hier ist ja derzeit eher wie ein X geformt. Nur ein einzelner runder Kreisverkehr ist dort darum vielleicht auch schwierig darzustellen, wenngleich es die Grünfläche in der Mitte ja schon gibt.
Viele führen die Platzfrage ins Feld: Ein Kreisel braucht mehr Platz als eine Kreuzung. Vielleicht auch mehr als dieser Vielfach-Knotenpunkt mit den vielen Ampeln und Abbiegespuren?Ihr Beispiel, der Ludgerikreisel in Münster, hat einen Durchmesser von rund 90 Metern. Der große Unterschied des Engelsburgplatzes zu einem Kreisverkehr ist da aus meiner Sicht in der Tat nicht zu sehen. 50 bis 60 Meter Durchmesser braucht der zweispurige Kreisel aber mindestens, wenn man Gehwege und Radwege noch nicht mitrechnet. Die kämen noch hinzu. Die Innenfläche darf dabei nicht befahrbar sein. All das müsste man von einem Ingenieurbüro ausmessen und ausrechnen lassen. Und dann eine Verkehrssimulation daneben legen. Hier haben wir ja auch noch die nachrangigen Zufahrten Frebergstraße, die aber für die Feuerwehr vorrangig sind.
Was meinen Sie nun unterm Strich?Ich bin eher im Bereich Verkehrskonzepte tätig, weniger in der konkreten Detailplanung. Aus meiner Sicht: Ich kann mir anhand der Bilder einen Kreisverkehr wegen der Zufahrten in X-Form hier nur schwer vorstellen. Eines muss man auch noch dazu sagen: In Deutschland sind wir zweispurige Kreisverkehre nicht so gewohnt wie zum Beispiel in Frankreich. Es wäre zu erwarten, dass der Innenkreisel deutlich weniger stark befahren wäre als der äußere. Dann könnte es auch wieder Probleme mit dem Verkehrsfluss geben. Ein Gedanke noch: In Recklinghausen gibt es nun neu einen Schlaufen-Kreisverkehr. Das könnte hier vielleicht auch ein Thema sein. Der funktioniert allerdings nur einspurig. Aber auch hier gilt: Zentral ist die Kapazitätsfrage. In Weil am Rhein hat man einen solchen eingeführt und nun wieder abgeschafft.
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