Er steht gern neben diesem Wahlplakat, von dem Christian Lindner, die Augen nach rechts gerichtet, auf einen Slogan schaut: „Alles geben. Auch für Deinen Job“ steht in dicken schwarzen Buchstaben auf gelbem Grund. BVB-Farben, aber auch FDP-Farben. Lindners Foto ist in schwarz-weiß gehalten. Tom-Jonas Roehl, den alle nur Tom nennen, hat genau das im Alter von 16 Jahren angesprochen: Das ist der Grund, warum der heute 24-jährige Castrop-Rauxeler sich für die Thesen der „Liberalen“ interessierte, ihre Ansichten annahm und heute als Bundestags-Kandidat für sie im Wahlkreis 121 Recklinghausen II antritt.
Roehl, der Sohn des amtierenden Ordnungsamts-Chefs und Bürgermeisterkandidaten von CDU und FDP 2025 in Castrop-Rauxel. Kreisvorsitzender der „Jungen Liberalen“ ist er seit 2020, Stadtverbandsvorsitzender der FDP in Castrop-Rauxel seit Anfang 2024. Roehl, der Student an der Ruhr-Universität Bochum, dessen noch kurze Jura-Karriere mit einem Schul-Praktikum beim Bundestagsabgeordneten Michael Breilmann ihren Anfang nahm.
Unser Treffen findet im Parteibüro der FDP in Castrop-Rauxel statt. Das ist seine Heimatstadt, hier hat er unzählige von diesen Lindner-Wahlplakaten selbst mit Kabelbindern an den Laternen befestigt. „Das ist die letzte Charge, die wir noch aufhängen wollen“, sagt er mit Blick auf etwa 40, die noch herumstehen im Raum. Neben allen möglichen anderen Utensilien: Leitern, Kekse, Klebeband, Pavillons – alles, was man für den Wahlkampf braucht.
2017 vor der Landtagswahl: er noch Schüler am Adalbert-Stifter-Gymnasium, die FDP mit der ersten Schwarz-Weiß-Kampagne für Lindner. „Über die Schule“, erzählt er, „habe ich mich mit der Politik beschäftigt und für was welche Partei steht. Die FDP und ich: Das passte.“
Abitur mit Durchschnittsnote 2,5
Aufgewachsen im behüteten Stadtteil Frohlinde im Süden von Castrop-Rauxel, ging er in die Lindenschule: Migrationsanteil verschwindend gering, Bildungsniveau hoch. Dann der Wechsel zum Altstadt-Gymnasium ASG, Abitur 2019 mit dem Notenschnitt 2,5. Und dann: ab in die Freiheit.
„Das von der FDP hoch gehaltene Freiheitsgefühl, nicht nur wirtschaftlich, sondern auch gesellschaftlich“ sei sein Ding. Jeder macht, was er will? „Sofern es sich im gesetzlichen Rahmen bewegt“, sagt der angehende Jurist.
Dass durch wenig Regulierung Reiche immer reicher und Arme immer ärmer würden in unserem marktwirtschaftlichen System, sehe er nicht so: „Es stört mich nicht, dass Reiche reicher werden, wenn Arme auch reicher werden. Ich möchte vor allem die Armen reicher machen“, sagt Roehl.

Das gehe, aber nicht, wenn man es so mache, wie es gerade laufe: „Wir brauchen Wachstum. Wenn wir Wirtschaftswachstum haben, profitieren alle. Dann müssen Arme nicht ärmer werden“, meint der 24-Jährige. Auch eine ökologische Transformation könne nur dann gehen, wenn die Wirtschaft nicht schrumpfe. „Sie kostet Geld, bringt aber auch Geld. Ich sehe keinen Widerspruch.“
Wir sprechen ihn auf die Schuldenbremse an. Er argumentiert mit den hohen Kapitalmarkt-Zinsen. „Allein 36 Milliarden Euro gibt der Bund für Zinsen im Jahr aus“, so Roehl. „Was man damit alles für Straßen, Schulen, Digitalisierung und ökologische Transformation machen könnte...“, meint er. Gesamteinnahmen über alle Gebietskörperschaften summiert von 1 Billion Euro müssten reichen, „wenn man sich auf staatliche Kernaufgaben konzentriert – und zwar ohne Lasten für jüngere Generationen“. Deutschland dürfe nicht überbordende Schulden machen. „Dann freuen sich Franzosen, Italiener, und alle anderen machen es nach.“
AfD wählen nicht nur Rechtsextreme
Die SPD habe gute Maßnahmen aus der Agenda 2010 sukzessive zurückgefahren. „Früher war sie Partei der Arbeiter, heute ist sie die Partei für Arbeitslose“, sagt Roehl. Sie habe ein System geschaffen für Menschen, sich auszuruhen. Er sei für „Alles geben“, wie auf dem Wahlplakat. Merz werde Kanzler, die CDU laufe auf 1 ein. Die Frage sei dann, in welcher Konstellation regiert werde. Seine FDP werde einziehen, auch wenn er die Umfragen nicht leugnen wolle: „Es gibt eine Stammwählerschaft und eine große Gruppe der noch Unentschlossenen. Sie fangen jetzt erst an, sich zu überlegen, wen sie wählen.“
Es gebe „deutlich mehr als 5 Prozent, die unterschreiben würden, was wir tun möchten. Mehr als 5 Prozent wollen die Liberalen im Bundestag haben“, meint er. Die Wählerschaft der AfD zum Beispiel speise sich bei weitem nicht nur aus Rechtsextremen. Es seien viele Unzufriedene aus den Ampeljahren darunter. „Die kann man für uns zurückgewinnen“, findet Tom Roehl.
Schwarz-Grün? Schwarz-Rot? Roehl sagt, er glaube an Schwarz-Gelb.