Bormanns Werke, Bormanns Streits Die Verbissenheit eines großen Künstlers aus Castrop-Rauxel

Bormanns Werke, Bormanns Streits: Künstler oft im Streit oder vor Gericht
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Künstler und Bildhauer Jan Bormann sorgt mit seinem Vorgehen gegen Martina Tielker von der Castroper Leselust aktuell für Schlagzeilen. Der 85-jährige gebürtige Dortmunder untersagte der Buchhändlerin per Rechtsanwalt, einen Wandkalender zu verkaufen, der 13 Fotografien aus Castrop-Rauxel von Peter Hoffmann zeigt. Auf dem Titelblatt ist eines seiner bekanntesten Kunstwerke, die Sonnenuhr auf der Halde Schwerin, zu sehen – aber kein Urhebervermerk auf den Erschaffer dieser Riesen-Skulptur auf der höchsten Erhebung der Stadt.

Wer Jan Bormanns Wirken verfolgt, der stellt in letzter Zeit immer häufiger fest: Der Künstler kämpft mit eisernen Bandagen für seine Werke und sein Wirken. Dabei scheut er auch keine gerichtlichen Auseinandersetzungen. Wir geben einen Überblick über sein Werke und seine Streits.

So sah das Bormannsche Kunstwerk auf der Rennbahn aus, als der Künstler es abtransportieren ließ.
So sah das Bormannsche Kunstwerk auf der Rennbahn aus, als der Künstler es abtransportieren ließ. © Archiv
Jan Bormann mit seiner Plastik im Westfalenpark: Hier ist sie gut aufgehoben, meint der Künstler.
Jan Bormann mit seiner Plastik im Westfalenpark: Hier ist sie gut aufgehoben, meint der Künstler. © Archiv

Zur Person

Der Bildhauer wurde im Mai 1939 in Dortmund geboren und ist bekannt für seine Arbeiten im öffentlichen Raum, insbesondere für die Schaffung von Landmarken aus Stahl auf Halden im Ruhrgebiet. Bormann gilt als einer der Pioniere dieser Kunstform und wird oft sogar als „Vater der Halden“ bezeichnet. Skulpturen sind in vielen Städten des Ruhrgebiets zu finden, darunter etwa 30 Objekte allein in Dortmund und viele weitere in seinem Wohnort Castrop-Rauxel.

Bormann absolvierte eine Ausbildung zum Steinbildhauer und legte die Meisterprüfung ab, bevor er in den 1970er-Jahren an einer Hochschule unterrichtete. Er schuf verschiedene Brunnenanlagen, darunter ein Ensemble aus drei Kugeln aus Rotlava in Dortmund und die Quader-Säule mitsamt dem Pflaster und den übrigens Quadern auf dem Lambertusplatz in der Castroper Altstadt. Bekannt sind auch die Landmarke Spurwerkturm in Waltrop, der Schweriner Ring in Castrop-Rauxel, ein Deportations-Denkmal an der Ruhrallee in Dortmund, die Bormannsche D-Säule eingangs der Siedlung Deininghausen in Castrop-Rauxel, das Dufhues-Denkmal in Bochum, die Emscher-Welle in Dortmund, der Rosenbrunnen im Westfalenpark, der Theaterbrunnen in Dortmund und vieles mehr. Die Sonnenuhr war 1993 sein erstes Halden-Kunstwerk, das erste Haldenkunstwerk des Ruhrgebiets überhaupt.

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Bormann kritisiert Städte

Bormann äußert sich oft kritisch zu den Bedingungen für Kunst im öffentlichen Raum. Er bemängelt die mangelnde Pflege und Wartung seiner Werke durch die Städte, in denen sie stehen. Bormann setzt sich dafür ein, dass Künstler in Planungsprozesse einbezogen werden und ihre Arbeiten stärker gewürdigt werden.

Ausführlich wurden zuletzt zwei Gerichtsprozesse auch öffentlich betrachtet: In einem geht es um die „Flüsterbrücke“ am Dortmunder Phoenix-See. Das Kunstwerk besteht aus zwei großen Muscheln, die in großer Distanz zueinander stehen und über die man im Flüsterton miteinander kommunizieren kann. Im Jahr 2024 klagte Bormann gegen die Stadt Arnsberg mit der Forderung, ein Plagiat seines Kunstwerkes an einem Fluss in der sauerländischen Stadt zu vernichten. Sein Werk in Dortmund-Hörde von 2011 sei ein Unikat. In Arnsberg steht eine Kopie dessen seit 2017.

Einem Kompromiss könne er nicht zustimmen. Auch die Aufstellung eines Schildes in Arnsberg, dass er der Ideengeber gewesen sei, sei keine Option. „Damit würde ich den Diebstahl erlauben“, sagt Bormann. Er habe „weltweit eine Einmaligkeit“ erschaffen. Seine Klage, verhandelt am Landgericht Bochum, scheiterte, weil er einem Vergleich nicht zustimmte. Er kündigte Berufung an, trotz eines Streitwerks von 10.000 Euro.

2011 wurde die Flüsterbrücke am Phoenixsee installiert. Künstler Jan Bormann verfolgte damals den Aufbau genau. Eine Kopie des Werks in Arnsberg von 2017 will er nun vernichten lassen.
2011 wurde die Flüsterbrücke am Phoenixsee installiert. Künstler Jan Bormann verfolgte damals den Aufbau genau. Eine Kopie des Werks in Arnsberg von 2017 will er nun vernichten lassen. © Peter Bandermann (Archiv)

Gerichtsverfahren um Drohnenbilder

Bormann war auch Beteiligter in einem kürzlich letztinstanzlich entschiedenen Streit um das Recht oder Unrecht, von Kunstwerken im öffentlichen Raum wie seiner Sonnenuhr Drohnenbilder gewerblich zu veröffentlichen. In einem Buch, dem „definitiven Haldenführer Ruhrgebiet“, stand ein Foto von der Schweriner Halde. Das Gericht entschied: Drohnenbilder unterliegen nicht der sogenannten Panoramafreiheit, die Fotos im öffentlichen Raum erlaubt. Sie dürften nicht kostenfrei genutzt werden. Ein Präzedenzfall, angeregt von der Verwertungsgesellschaft Bild/Kunst, die für die Rechte der Künstler an ihren Werken eine wichtige Rolle spielt.

Die Halde Schwerin ist durch die Sonnenuhr des Künstlers Jan Bormann auch von unten gut sichtbar.
Die Halde Schwerin ist durch die Sonnenuhr des Künstlers Jan Bormann auch von unten gut sichtbar. Die 24 Stelen mit dem Geokreuz war 1993 das erste Halden-Kunstwerk des Ruhrgebiets. © Angela Wiese

Feuerwehr-Ärger um Brunnen-Quader

Aber die großen Prozesse sind nicht alles aus dem speziellen Kapitel in seinem Schaffen und Werk, der Kritik, die Bormann immer wieder anbringt: In Castrop-Rauxel hatte Bormann schon Streit mit Feuerwehrchef Vogel, weil der Vier-Jahreszeiten-Brunnen laut Feuerwehr eine wichtige Rettungsfläche für die Häuser und die Kirche am Lambertusplatz darstellt. Es ging darum, die dazugehörigen Quader umzustellen. Bormann lehnte das mit Verweis auf sein Gesamtkunstwerk aus Brunnen, Quadern und der Pflasterung des Platzes ab. Er zeigte mehrfach alternative Rettungsflächen auf. Auch der Zustand des Brunnens, der jedes Jahr Grünspan entwickelt oder vermüllt wird, war häufiger Stein des Anstoßes für Kritik an der Stadtverwaltung.

Der Lambertusplatz: Die Würfel gehören zum Gesamtkunstwerk von Jan Bormann. Der Brunnen nennt sich „Vier Jahreszeiten“.
Der Lambertusplatz: Die Würfel gehören zum Gesamtkunstwerk von Jan Bormann. Der Brunnen nennt sich „Vier Jahreszeiten“. © Nora Varga

Reiterbrunnen-Reinigung

Gleiches gilt für den Reiterbrunnen, eines der Wahrzeichen von Castrop-Rauxel. Der Brunnen am Marktplatz bedarf ebenfalls regelmäßiger Pflege, die eigentlich der EUV Stadtbetrieb übernimmt. Mindestens einmal aber übernahm Bormann die Reinigungsaufgabe, weil er mit dem Zustand nicht einverstanden war. Nicht ohne auf die Versäumnisse der Stadt hinzuweisen. Das Wasser sei kontaminiert; man müsse ein Warnschild anbringen, sagte er vor einigen Jahren öffentlich.

Ein Mitarbeiter der Kärcher-Niederlassung am Westring/Engelaustraße reinigt das Kunstwerk von Jan Bormann.
Ein Mitarbeiter der Kärcher-Niederlassung am Westring/Engelaustraße reinigt ein Kunstwerk von Jan Bormann. © Daniele Giustolisi

„Liegende Form“ für 18.000 Euro restauriert

Die Stadt kritisierte Bormann auch 2014. Sein „Zeichen für die Zukunft“, die „Liegende Form“, eine 14 Tonnen schwere Plastik auf dem Rennbahn-Gelände, war 40 Jahre nach dem Aufstellen verlottert, besprüht und verunstaltet. Sie war lediglich eine Leihgabe an die Stadt, die in den 70er-Jahren die geschichtsträchtige Rennwiese zu einem Park umbaute. Im Herbst 2021 beauftragte er schließlich ein Unternehmen mit einem Kranwagen, die Skulptur, die vor 1975 an den Westfalenhallen in Dortmund gestanden hatte, in sein Atelier an der Herner Straße zu schaffen. Einmal jährlich, hieß es im Leihvertrag mit der Stadt, sei die Skulptur zu reinigen. Das sei aber nicht geschehen, befand Bormann. Die Stadt habe sie verwahrlosen lassen.

Die Skulptur aus rotem Pfälzer Sandstein fand nach der Überarbeitung neuen Platz im Westfalenpark. In der Nähe des Eingangs Buschmühle liegt sie heute mit freiem Blick zum Florianturm. Das freut Jan Bormann besonders. „Hier weiß ich die Arbeit in guten Händen“, sagt er. „Das ist ein tröstlicher Ausgang nach dem ganzen Ärger.“ Er selbst berechnete die Kosten für die Wiederherstellung des Zustandes von 1975 auf 18.000 Euro. Die Stadt lehnte sein Ersuchen aber ab: Sie habe die Plastik regelmäßig gereinigt, aber hafte nicht für Verlust oder Zerstörung. Das kleine städtische Kulturbudget könne für die Reinigung und Reparatur nicht genutzt werden.

Jan Bormann vor dem Eisenmann in der Dortmunder Nordstadt.
Jan Bormann vor dem Eisenmann in der Dortmunder Nordstadt. © Archiv

Unser kommentierendes Fazit

Jan Bormann schafft beachtenswerte Kunst im öffentlichen Raum. Die ist oft genug Teil von Vandalismus, Beschädigung, aber auch der natürlichen Verwitterung. Sie steht an öffentlich zugänglichen Stellen und wird mitunter häufig fotografiert. Manchmal steht sie möglicherweise auch im Weg. Vor allem bei Rettungseinsätzen kann das hoch-problematisch sein.

Bormann ist zurecht besorgt um seine Kunstwerke, die unsere Landschaft und Städte bereichern (auch wenn nicht jedes Bauwerk jedermanns Geschmack entspricht). Er darf Ansprüche, die aus Leihverträgen hervorgehen, geltend machen. Auch auf das Urheberrecht darf er pochen. Anerkennung ist für Künstler ein zentrales Thema, für das sie mitunter leidenschaftlich kämpfen (müssen).

Dabei macht aber der Ton die Musik. Mit manch einem kompromisslosen Vorgehen erreicht der Künstler sein Ziel nicht, sondern exakt das Gegenteil.