417 Klüngelskerl-Besuche in vier Jahren: Castrop-Rauxeler hat die Nase voll
Schrottsammler
Die Flötentöne der Schrottsammler: eine unverkennbare Ankündigung. In Teilen von Castrop-Rauxel sind sie für viele zur nervigen Dauerbeschallung geworden. Über Gründe und Grenzen der Sammler.
Weiße Laster, die langsam tuckernd durch die Viertel fahren, begleitet von einer altbekannten Flötenmelodie: Schrottsammler gibt es nicht nur in Castrop-Rauxel reichlich. Während die einen Bewohner der Arbeit der Sammler dankbar entgegenblicken, beschweren sich die anderen über das hohe Aufkommen und fragen nach der Rechtmäßigkeit.
Das Geschäft mit dem Schrott ist weiterhin beliebt. Und das trotz einer städtischen Abfallentsorgung. In Castrop-Rauxel ist der EUV dafür verantwortlich.
Ein Grund dafür: Schrottsammeln ist durchaus lohnenswert. Der Preis für eine Tonne Altmetall liegt nach Angaben des EUV aktuell bei circa 240 Euro.
Mehrere Schrottsammler wöchentlich
Das bleibt nicht ohne Konsequenzen: Die Modalitäten des Markts zeigen sich in der Menge an Schrottsammlern. So ertönt die Melodie der Schrotthändler auch in Castrop-Rauxel seit Jahren in einer gefühlt höheren Frequenz. In manchen Straßen der Europastadt sogar zwei bis vier Mal in der Woche. Einige Anwohner sind genervt.
Dazu zählt auch H.P. Böddeker, der in Becklem lebt – einem der ruhigsten Ortsteile am Stadtrand von Castrop-Rauxel. Grundsätzlich begrüße er, dass die Sammler durch sein Wohnviertel fahren. Seit Jahren seien es jedoch einfach zu viele. „So viel Müll gibt es doch gar nicht“, sagt er. Und hat angefangen, Strichliste zu führen: 417 will er allein in seiner Straße in Becklem in vier Jahren gezählt haben.
Besonders stört ihn außerdem die Lautstärke der Flötenmelodie, mit der sich die Sammler ankündigen. Er notierte sich Farben und Kennzeichen der Transporter und wurde mit seiner speziellen Akte bei der Stadtverwaltung vorstellig.
Schrottsammeln unter diesen Bedingungen legal
Die Sammler, die bei dem Castrop-Rauxeler wöchentlich vorbeifahren, kommen zum Teil aus Bochum und Recklinghausen, aber sie haben auch Kennzeichen aus Rumänien und Polen.
Prinzipiell erlaubt ist das, wenn bestimmte Anforderungen erfüllt sind. Dazu zählt einerseits der Erwerb einer kostenpflichtigen Reisegewerbskarte bei der kreisangehörigen Stadt, in der man wohnt. Ebenso muss die Sammelabsicht der unteren Abfallwirtschaftsbehörde angezeigt werden. Zuletzt müssen Sammler der Behörde von der Dauer und dem Ausmaß der Sammlung berichten sowie über den Verbleib der Abfälle aufklären.
Nicht jeder Sammler hat eine solche Berechtigung. So verfolgt die untere Abfallwirtschaftsbehörde im Kreis Recklinghausen rund 200 Anzeigen im Jahr, bei denen der begründete Verdacht besteht, dass Schrott ohne Erlaubnis gesammelt wurde.
Das Geschäft bleibt dabei nicht ohne Konsequenzen, wenn es illegal ist. Sabine Latterner, Pressesprecherin des EUV-Stadtbetriebs, erklärt, dass der EUV aufgrund der Anmeldungen zur Sammlung von Altmetallen eigene Mitarbeiter sowie Fahrzeuge zum Einsatz rausschickt. Wenn dann die Geräte schon mitgenommen wurden, habe das „negative Auswirkungen auf die Planungen des EUV und somit auf die Auslastung“, erklärt Latterner.
Bei Verdacht die Polizei informieren?
Oft ist nicht klar ersichtlich, ob Schrottsammler illegal oder legal unterwegs sind. Corinna Kutschke von der Pressestelle der Polizei empfiehlt Bürgern, die Polizei zu rufen, wenn sie etwas merkwürdiges bemerken.
Zum Handeln sei die Polizei aber nur berechtigt, wenn die Sammler Hausfriedensbruch begehen oder Müll mitnehmen, der nicht für sie bestimmt war. Ist das nicht der Fall, handelt es sich um Ordnungswidrigkeiten für die das Ordnungsamt zuständig ist, so Kutschke.
Ebenso müssen Sammler neben einem „A-Schild“ am Auto Bestätigungen der unteren Abfallwirtschaftsbehörde dabei haben. Wenn jemand seinen Schrott abgeben will, kann er sich die Dokumente zeigen lassen.
Im September schrieb Böddeker eine Mail an Christian Scharf, den Bezirksbeamten der Polizei: „Da dieser Klüngelskerl im roten Ford Transit zum vierten Mal in Becklem unterwegs war, würden ich und einige Nachbarn gerne wissen, wann sie endlich etwas unternehmen, um diese unerwünschten Störenfriede aus unserem Wohnbereich herauszuhalten.“ Ende offen.