Die Stadt Castrop-Rauxel hat in den vergangenen Jahren im Bürgerbüro Anmeldeverfahren abgearbeitet, die für Fragen sorgen. Es geht dabei um Hunderte Menschen aus der Türkei, rund 100 davon mit dem Geburtsort Gölköy, einer Kleinstadt in der Provinz Ordu am Schwarzen Meer. Pikant: Die Meldeadresse vieler dieser Neu-Castrop-Rauxeler soll Vinckestraße 114 gewesen sein. Dort gibt es zwar auch ein paar Wohnungen, aber vor allem ist dort über Jahre die Ditib-Gemeinde Ayasofya zu Hause gewesen.
Ein Hinweis einer Quelle, mit der sich unsere Redaktion traf, erreichte uns in dieser Sache, die belegen konnte, dass diese Praxis mindestens seit 2019, also über mehrere Jahre hinweg betrieben wurde. Zeitweise sollen dort gleichzeitig 230 Menschen an dieser einen Wohnanschrift gemeldet gewesen sein.
Beim Termin wurden unserer Redaktion Belege zweier E-Mails aus 2019 gezeigt, in denen der damalige Leiter des Bürgerbüros die Mitarbeiter darauf hinwies, man möge diese Serien-Anmeldungen abarbeiten und akzeptieren, sofern die Antragsunterlagen vollständig eingereicht seien. In einer Mail war Bürgermeister Rajko Kravanja in Kopie als Adressat angegeben.
Es soll sich bei den Personen stets um Werksarbeiter eines in Castrop-Rauxel ansässigen Unternehmens handeln. Auch aus September und Oktober 2024 gibt es frische Melde-Dokumente in dieser Hinsicht, die uns die Quelle auszugsweise vorlegte. Zu einem Zeitpunkt, zu dem die Moscheegemeinde schon zur Nordstraße / Querstraße in Habinghorst umgezogen war.

Anmelder sollen dabei nicht die gemeldeten Personen selbst gewesen sein, sondern das Prinzip war stets: Das Unternehmen wurde mit Sammelanmeldungen im Bürgerbüro vorstellig. In der Regel waren die so angemeldeten Personen nie selbst im Rathaus. Vielleicht auch selten oder gar nicht in Castrop-Rauxel.
Wir befragten die Stadtverwaltung zu diesen Vorgängen. Auf Adressen oder das Unternehmen werde sie mit Hinweis auf den Datenschutz nicht konkret eingehen, heißt es in einer Antwort. Stattdessen formuliert sie in ihrer E-Mail auf unsere schriftliche Anfrage, generell sei Arbeitnehmerinnenmangel in ganz Deutschland ein großes Thema. Für manche Berufsfelder gelte das in besonderem Maße, unter anderem für Monteure. Das Unternehmen mit Standort in Castrop-Rauxel sei bundesweit tätig. Die Gesellschaft hat nach Recherchen unserer Redaktion auch einen Sitz in der Türkei. Sie ist im Bereich Elektrotechnik/Montage zu verorten.
Stadt wollte unkompliziert helfen
Das eigentliche Verfahren würde so aussehen, so die Stadt, dass sich Arbeitnehmende in der Stadt, in der sie arbeiten, offiziell anmelden und in der Stadt, in der sie zuvor gearbeitet haben, wieder abmelden. Das würde ein aufwändiges Hin und Her von zahlreichen Ab- und Anmeldungen innerhalb eines Jahres bedeuten. Daher habe die Stadtverwaltung „aus Gründen der Wirtschaftsförderung“ in der Vergangenheit versucht, dem Castrop-Rauxeler Unternehmen mit einem unkomplizierten Verfahren zu helfen.
„Natürlich handelt es sich um Arbeitnehmende, die sich offiziell in der Bundesrepublik Deutschland mit gültigem Arbeitsvisum aufhalten dürfen“, so Stadt-Pressesprecherin Maresa Hilleringmann. Wo sie sich aber konkret aufhielten oder wohnten, spielt offenbar keine Rolle.
Was 2019 mit wenigen Monteuren begonnen habe, sei aufgrund eines Wachstums des Unternehmens zu einer deutlich dreistelligen Zahl angestiegen. Offenbar hatte die Stadtverwaltung das so nicht kommen sehen. „Diese vereinfachte Regelung der An- und Abmeldungen wurde aufgrund personeller Wechsel im Bürgerbüro nochmal geprüft und ist seitens der Stadtverwaltung nun beendet“, schreibt Hilleringmann jedenfalls zum aktuellen Stand. Offen ist, ob das ohne eine Anfrage unserer Redaktion und letztlich ohne den Hinweis der Quelle auch geschehen wäre.
Verwaltung hofft auf gute neue Lösung
Die Stadtverwaltung hoffe, dass im Sinne der Investitionssicherheit für das Unternehmen auch in Zukunft eine Lösung gefunden werden könne. Zunächst muss sie sich aber nach Informationen unserer Redaktion mit unseren Recherchen und auch mit behördlichen Ermittlungen auseinandersetzen. Die Polizei soll auf diesen Sachverhalt mit der hohen Zahl an Gemeldeten an einer Adresse, an der eine Moschee ist, ebenfalls aufmerksam gemacht worden sein. Unsere Quelle sagt, Polizeibeamte ermittelten.
Eine Anfrage an die Polizeibehörde Recklinghausen läuft.
Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel erschien ursprünglich am 20. Dezember 2024.