Eine Israelflagge. Ein breites Banner. Hunderte schweigende Castrop-Rauxeler rund um den Bürgermeister Rajko Kravanja. Jugendliche, Familien, aber auch viele ältere Menschen aus Politik und Gesellschaft: Das Gedenken zur Reichspogromnacht 1938 war noch nie so groß wie 2023. Und als die Medien um 17 Uhr Eilmeldungen absetzten, dass es Feuerpausen in Gaza geben wird, da zeigte Castrop-Rauxel Flagge.
Stadtjugendring und das Team Jugendarbeit der Stadt veranstalteten wie jedes Jahr den Schweigemarsch vom Jüdischen Friedhof an der Oberen Münsterstraße bis zum Platz, an dem einst eine Synagoge stand, bis die Nazis jüdisches Leben in Deutschland vernichteten. Selten war ein Thema aktueller als nach dem 7. Oktober 2023, als der Nahostkonflikt zwischen Israel und den Palästinensern neu entbrannte.
Auch Angesichts der vielen Pro-Palästina-Kundgebungen in den vergangenen Wochen war die Lage am Donnerstagnachmittag brisant: Polizei begleitete deswegen den Marsch und die spätere Kundgebung auf dem Simon-Cohen-Platz. Das tut sie jedes Jahr, aber in diesem Jahr waren mehr Sicherheitskräfte im Einsatz als sonst. So wie dieses Jahr auch viel mehr Menschen teilnahmen. Laut Polizei sollen rund 300 Teilnehmer unterwegs gewesen sein.
Es ging ruhig zu und ohne großen Aufruhr, ehe um 17.25 Uhr die Kundgebung begann. Frank Ronge, Vorsitzender des Stadtjugendrings, moderierte sie. „Wir wollen Zeichen setzen für die Grundrechte aller Menschen“, sagte Ronge, „Zeichen setzen für die Demokratie. Hass ist keine Meinung! Ein Zeichen setzen für Frieden und gegen Rassismus.“ Regierungspräsident Andreas Bothe und Bürgermeister Rajko Kravanja sagten auch einige Worte. „Ich bin stolz darauf, dass so viele Menschen gekommen sind“, so Kravanja, „um ein Zeichen zu setzen, das bedeutet: Nie wieder!“

Später wurde noch der Beitritt der Stadt Castrop-Rauxel zum Riga-Komitee im Jugendzentrum BoGi’s an der Leonhardstraße unterzeichnet. Hintergrund: In den Jahren 1941/42 wurden mehr als 25.000 Menschen aus verschiedenen Städten Deutschlands in das Ghetto von Riga deportiert und dort in überwiegender Zahl im Wald von Bikernieki ermordet.
Das deutsche Riga-Komitee hat sich zur Aufgabe gemacht, an all diese Schicksale zu erinnern und das Gedenken vor Ort zu ermöglichen. Es wurde am 23. Mai 2000 gegründet. Seitdem traten viele Städte dem Komitee bei und dokumentieren so ihr besonderes Engagement bei der Aufarbeitung der Deportationen aus ihrem Städten. Castrop-Rauxel ist die 77. Mitgliedsstadt des Riga-Komitees. Den Beschluss fasste die Politik im Stadtrat schon vor einigen Monaten.


