„Du bringst angeblich Glück“ Gülsah Malkus-Peter (43) aus Castrop-Rauxel hilft, wo sie nur kann

„Du bringst angeblich Glück“: Gülsah Malkus-Peter hilft, wo sie nur kann
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Die Geschichte der Ehrenamtlerin Gülsah Malkus-Peter beginnt, als die 15-Jährige 1995 auf dem Weg zu einem Schweriner Bolzplatz ist. „In der Grimbergstraße und der Funkestraße haben damals viele türkische Familien gewohnt“, erinnert sich die 43-Jährige heute. Vier Mädchen, einige Jahre jünger als sie, laufen zu ihr und fragen, ob sie ihnen nicht die Mathe-Hausaufgaben erklären könne. Zuerst hatten die Mädchen Gülsahs jüngeren Bruder Deniz gefragt, der aber auf seine Schwester verwies. „Bei uns in der Familie ist es total normal, den Leuten zu helfen“, sagt sie: „Hier wurde nie jemandem die Tür zu geschlagen.“

Also hilft Gülsah den Mädchen – und macht ihre Sache offenbar gut. „Dann klingelte es ständig“, sagt sie. Jeden Samstag und Sonntag sitzen andere Kinder im Haus der Familie Malkus und Gülsah hilft geduldig bei den Schularbeiten. „Ich habe dafür nie etwas genommen“, sagt Gülsah Malkus-Peter. „Höchstens mal eine Packung Milchpralinen.“

Als Realschülerin sei sie für viele Kinder – vor allem aber bei deren Eltern – ein Vorbild gewesen. „Die türkischen Eltern wollen damals mehr für ihre Kinder als nur die Förder- oder Hauptschule“, sagt sie. Damals sei der Gang auf die Realschule oder gar das Gymnasium noch nicht so selbstverständlich gewesen wie heute. Später hilft sie auch beim Schreiben von Bewerbungen. „Du bringst angeblich Glück“, sagte damals ein Freund ihres Bruders zu ihr. Wenig später hatte er einen Ausbildungsplatz.

Ein Leben aus dem Kalender

Als Oberstufenschülerin meldet sich die Straßenfußballerin beim TuS Henrichenburg an. Doch eine Verletzung setzt sie jäh außer Kraft. Da fragt sie eine Mutter von BG Schwerin: „Möchtest du nicht die Jungs trainieren? Die F3 sucht noch eine Trainerin.“ Gülsah muss nicht lange überlegen und sagt zu: „Plötzlich habe ich dann eine kleine Horde 5- und 6-Jähriger trainiert. Das hat richtig Spaß gemacht.“ Später pfeift sie auch Spiele als Schiedsrichterin.

Familie Malkus bei der Europameisterschaft 2008: Gülsah, Reinhard, Deniz und Ruziye Malkus vor dem Spiel der Türkei gegen Deutschland.
Familie Malkus bei der Europameisterschaft 2008: Gülsah, Reinhard, Deniz und Ruziye Malkus vor dem Spiel der Türkei gegen Deutschland. © Witte

1998 gründet Gülsah mit ihrer Mutter Roziye Malkus zusammen den Internationalen Bildungs- und Kulturverein für Frauen (IBKF). Dienstags, mittwochs und donnerstags gibt die hier Deutsch-Nachhilfe und leitet Kreativ-Workshops. Montags und freitags trainiert sie ihre Fußballmannschaft. „Seit der neunten Klasse lebe ich aus dem Kalender“, sagt sie.

„Sein Versprechen auch halten“

Auch als es Gülsah Malkus 2002 zum Studium nach Braunschweig verschlägt, kommt sie jedes Wochenende zurück in ihre Heimatstadt: Samstags hilft sie beim Jugendtanz und -theater, sonntags morgens steht sie als Schiedsrichterin auf dem Sportplatz. 2008 kommt sie zurück nach Castrop-Rauxel und startet mit Mitspielerinnen zusammen beim SuS Merklinde die Frauen- und Mädchenabteilung – und übernimmt auch selbst ein Team: „Man muss sein Versprechen auch halten“, sagt sie. Das sei ihr besonders wichtig.

Heute hat Gülsah Malkus-Peter zwei Kinder, eine elfjährige Tochter und einen fünfjährigen Sohn. Trotzdem hört bei ihr die Arbeit im Ehrenamt nie auf. Sie kümmert sich beim IBKF um Organisatorisches und berät vor allem Frauen in Verwaltungs- und Sozialfragen. Es geht um Anträge für Wohngeld, um den Kitanavigator, Arztbesuche oder manchmal auch nur um ein Gespräch bei einer Tasse Tee oder Kaffee. Gülsah Malkus-Peter hilft, wo sie kann, sammelt für Erdbebenopfer in der Türkei oder für eine Familie, die sonst wohl keine Weihnachtsgeschenke für ihren Sohn gehabt hätte. „Das Schönste ist, wenn man merkt, dass von den Menschen die Last abfällt“, sagt sie.

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