Die Begeisterung für Glas wurde in Oliver Frese bei einem Versuch wach. Ein Sandsack wurde an einem Seil hängend gegen eine Windschutzscheibe gedonnert, um den Aufprall eines Wildtiers zu simulieren. „Ich fand es faszinierend, wie stabil diese Sicherheitsgläser sind“, erinnert sich der Geschäftsführer der Glaserei Frese. Bei dem Schülerpraktikum im Materialprüfungsamt war er 15 Jahre alt. Einen Ausbildungsplatz in einer Glaserei zu bekommen, sei vor rund 40 Jahren nicht so einfach gewesen. Die Zeiten haben sich geändert. „Heute bewerben sich die Firmen bei den Auszubildenden.“
Lieber selbstständig
Nach seiner Ausbildung war der Glaser einige Jahre als Facharbeiter. Er merkte: Dieses Handwerk ist genau das Richtige für ihn. Parallel besuchte er die Meisterschule, in Abend- und Wochenendform. „Dann wollte ich eigentlich einen bestehenden Betrieb übernehmen. Aber die damaligen Betriebsinhaber hatten alle finanziell sportliche Vorstellungen.“ Also fing er stattdessen bei Null an und machte sein eigenes Ding. Die meisten Städte im Umland hatten schon viele Glaser, in Castrop-Rauxel gab es erst zwei. So fiel die Standortentscheidung. Seit dem 1. März 1995 gibt es die Glaserei Frese offiziell.

„Haben viel dazugelernt“
Das Handwerk hat sich verändert. „Wir haben uns im Laufe der Jahre ganz anders aufgestellt und haben viel dazugelernt“, sagt Frese. Früher habe es längst noch nicht so viele Maschinen gegeben. Heute sei das Unternehmen technisch modern aufgestellt. Daher gelingt es dem kleinen Unternehmen, seinen Kunden individuelle Lösungen anbieten zu können. Das Portfolio reicht von riesigen Spiegeln für Tanzstudios über Glastüren, Duschabtrennungen und Sicherheitsglas für Balkonbrüstungen bis zu Trennwänden für Büroräume. Vier Facharbeiter anbieten in dem Betrieb am Westring. Unterstützt werden sie durch eine Bürokraft und eine Buchhalterin.

Industrie wirbt Nachwuchs ab
Die Glaserei Frese ist ein Ausbildungsbetrieb – zu den genannten vier Facharbeitern zählt der Chef seinen Azubi. „Viele junge Mitarbeiter, die bei uns die Ausbildung gemacht haben, sind noch ein paar Jahre hier, aber irgendwann wechseln sie“, sagt ihr Chef. Ein Teil gehe in die Industrie, weil sie da „leider mehr verdienen als bei uns“. Ein anderer Teil wechsele komplett die Branche.
Tariflohn lockt keinen mehr
Die Erfahrung des Glasers: „Um Mitarbeiter wirklich halten zu können, kann ich sie mittlerweile nicht mehr nur mit einem normalen Tariflohn locken. Da muss man schon ein paar Euro drauflegen – und sie immer wieder fördern und fordern. Andererseits: Je mehr Geld die Mitarbeiter verdienen, desto teurer werden die anteiligen Lohnkosten.“ Viele Endkunden beschwerten sich über gestiegene Preise. „Manche kriegen Schnappatmung, wenn ich einen Handwerker rausschicke, der 69 Euro pro Stunde kostet. Das ist ja auch viel Geld. Aber ich muss letztendlich immer die höheren Gehälter zahlen, weil die Mitarbeiter mehr verdienen wollen. Man muss das mittlerweile umsetzen, um den Betrieb am Laufen zu halten“.
Die Kollegen nehmen zudem jede Fortbildung gerne mit. „Sie wissen, dass sie mit einer höheren Qualifikation wiederum höher bezahlt werden. Das ist das Schwierige an der wirtschaftlichen Situation.“ Immerhin sei die Preisentwicklung für Material in der Branche zuletzt relativ ruhig.

Nachfolger in Sicht
„Wir merken, dass es immer schwieriger wird, Nachwuchs zu finden“, sagt Frese. Ein Altgeselle sei aus Gesundheitsgründen ausgeschieden. Einen geeigneten Auszubildenden habe im vergangenen Jahr nicht gefunden. Momentan könne er zwar „mindestens noch einen Kollegen brauchen“, doch es gehe auch so immer weiter. Nach drei Jahrzehnten im eigenen Betrieb blickt Frese begeistert zurück. „Ich bin gerne als Handwerker in Castrop selbstständig. Es gibt natürlich immer Höhen und Tiefen. Aber ich kann für mich festhalten, dass wir viele Sachen richtig gemacht haben.“
Ein Nachfolger für den Betrieb ist auch schon in Sicht: Obermonteur Marcel Wenk, den Frese ausgebildet hat, besucht zurzeit die Meisterschule. Irgendwann in den kommenden Jahren soll es den Generationenwechsel geben.
Die nächsten Trends
Was die Zukunft in der Glaserei bringt? „Der elektronische Bereich wird sicherlich bei uns einfließen.“ Demnächst werde es vermehrt Medien geben, die sich auf Glasoberflächen oder hinter Glas darstellen lassen. Auch Beleuchtungssysteme könnten eine größere Rolle einnehmen. Viele Menschen hätten bereits Spiegel mit Touch-Funktion im Badezimmer.
Frese arbeitet mit einer anderen Firma zusammen, um Glasschiebetüren mit Touch-Mechanismus oder Bewegungsmelder am Markt zu etablieren. Zurzeit sprächen allerdings noch einige sicherheitstechnische Gründe dagegen. Daher sei die Technik in Deutschland noch nicht verbreitet. „Wegen all der Entwicklungen ist es uns wichtig, unsere Jungs zu stärken, indem wir sie zu Schulungen und Fortbildungen schicken.“