Gewalt gegen Lehrer nimmt zu „Die Akzeptanz für die, die hier ihren Job machen, nimmt ab“

Gewalt gegen Lehrer: An zwei befragten Schulen soll das kein Thema sein
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Gewalt gegen Lehrkräfte auf einem besorgniserregenden Niveau: Das ist das Fazit einer Studie der Lehrergewerkschaft Verband Bildung und Erziehung (VBE). Bundesweit wurden 1300 Schulleiter gefragt, wie zufrieden sie mit ihrem Job sind und wie es mit dem Thema Gewalt gegen Lehrer aussieht.

„Fakt ist: Gewalt gegen Lehrkräfte und Schulleitungen ist an der Tagesordnung und wird seit dem Beginn der Corona-Pandemie zu einem immer größeren Problem in den Schulen. Darüber hinaus sehen wir einen dramatischen Rückgang der Berufszufriedenheit von Schulleitungen“, so fasste Udo Beckmann, VBE-Bundesvorsitzender am 11. November die Ergebnisse zusammen. In NRW wurden mehr Fälle gemeldet als in den anderen Bundesländern.

Ein Jugendlicher, der sich bedrohlich vor einem Lehrer aufbaut und diesen anschreit, beleidigt oder gar tätlich angreift – das ist laut Studie Alltag in vielen Schulen Deutschlands. In Castrop-Rauxel ist das kein Thema. Zumindest nicht an den beiden Schulen, mit deren Schulleitungen wir darüber gesprochen haben. Das generelle Thema „Gewalt an Schulen“ wird allerdings schon wichtiger. Und ein Phänomen verstärkt sich gerade.

Coolness-Training an der WBG

Die Studie spricht von psychischer Gewalt in Form von Bedrohung, Beleidigung oder Belästigung, Cyber-Mobbing und von körperlichen Angriffen gegenüber Lehrkräften durch Schüler und Eltern. Am Adalbert-Stifter-Gymnasium (ASG) sagt Schulleiter Joachim Höck: „Derartige Vorfälle sind hier nicht aufgetreten“. An der Willy-Brandt-Gesamtschule (WBG) ist Gewalt gegen Lehrer auch für Schulleiterin Violetta Kroll-Baues kein Thema. „Wir legen großen Wert auf einen respektvollen Umgang“, sagt sie.

Joachim Höck ist Schulleiter am ASG.
Joachim Höck ist Schulleiter am ASG. © Matthias Stachelhaus

Und die Gesamtschule tue etwas, damit Gewalt erst gar kein großes Thema werde. Es gebe viel Gewaltprävention, so Violetta Kroll-Baues. Gerade sind vier Kollegen in der Ausbildung zum Anti-Aggressivitäts-Trainer und Coolness-Trainer. Vorgesehen ist das Training künftig in den 5. bis 7. Jahrgängen. In diesem Schuljahr machen die siebten Klassen den Anfang. Auch ein Krisenteam gibt es, dass sich mit Gewaltprävention beschäftigt.

Das Team könne auch immer mal wieder auf dem Schulhof eingreifen. Es komme vor, dass fremde Schüler auf den Schulhof kämen, so berichtet Violetta Kroll-Baues von ihrer Gesamtschule. Ein Phänomen, das auch Joachim Höck auf dem Schulhof des Adalbert-Stifter-Gymnasiums seit Beginn dieses Schuljahres zunehmend bemerkt. „Schüler, die meinen, sie müssten sich hier die Zeit vertreiben“, so beschreibt Höck. Viel dagegen tun könne man nicht, der Leo sei öffentlicher Raum.

Lehrer, Polizisten, Sanitäter

Kürzlich kam es allerdings zu einem Konflikt zwischen Schülern des ASG und anderen Schülern, da mussten dann auch die Polizei und die Eltern eingeschaltet werden. Auch der Unterricht sei schon mal von fremden Schülern gestört worden.

Nimmt Gewalt also zu? Kann auch Gewalt gegen Lehrer in Castrop-Rauxel Thema werden? Joachim Höck verweist auf allgemeine Tendenzen und sieht eine Gesellschaft, in der zunehmend Menschen ihre individuellen Interessen „verbal und körperlich sehr robust durchsetzen wollen.“

Er erläutert: „Wir leben in einer Gesellschaft, in der Lehrer, aber auch Polizisten oder Sanitäter, die sich alle wegen ihres Jobs auch mal durchsetzen müssen, in den Fokus von Gewalt geraten. Die Akzeptanz für die, die hier ihren Job machen, nimmt ab.“ Dass solche Situation in die Schulen reinkommen, müsse verhindert werden.

Der VBE-Landesvorsitzende Stefan Behlau hatte bei der Vorstellung der Studie erklärt, die Zahlen seien ein deutliches Signal für eine Stärkung der Präventionsarbeit in den Schulen. Er forderte eine ausreichende Versorgung an Lehrkräften, flächendeckende Schulsozialarbeit, kleinere Klassengrößen und die nötigen Fortbildungen: „Bestmögliche Bildung und Erziehung sind der beste Schutz gegen Gewalt.“