Aus der Traum: Heike Neumann und ihre Schwester Linda Kleist müssen ihr Secondhand-Geschäft „Schatztruhe“ in der Castroper Altstadt dicht machen. Die Umsätze reichen einfach nicht, lediglich die laufenden Kosten ließen sich damit decken. „Es bleibt nichts hängen bei uns. Ein Jahr umsonst arbeiten reicht“, sagt Heike Neumann.
Dass das Geschäft kaum mehr abgeworfen hat, als die Schwestern hineingesteckt haben, führt Heike Neumann auch auf die zu geringe Bekanntheit des im Februar eröffneten Ladens zurück. „Wir sind einfach zu sehr am Rand der Altstadt“, sagt sie. Die meisten Leute seien am Markt- oder Münsterplatz unterwegs, nicht aber an der Mühlenstraße, in der das Secondhand-Geschäft liegt. „Hierhin kommen manche vielleicht noch, um zu Lach zu gehen, und entdecken uns dann zufällig. Die wissen gar nicht, dass es uns überhaupt gibt.“
Was passiert mit der Ware?
Noch immer kämen ab und zu Kunden vorbei, die die „Schatztruhe“ zum ersten Mal entdeckt hätten. „Als die Kirmes war zum Beispiel, da sind hier einige ganz erstaunt reingekommen“, erzählt Heike Neumann. Wer jetzt erstaunt hereinkommt, tut das nun vielleicht eher aufgrund der baldigen Schließung. Ein Zettel in der Eingangstür verrät, dass zum 31. Dezember Schluss ist.

Eine Kundin holt gerade ihre gebrauchten Kleidungsstücke wieder ab, die sie im Secondhand-Laden in Kommission gegeben hatte. „Man würde doch eigentlich meinen, dass es in Zeiten wie diesen besser laufen müsste für so einen Laden“, sagt sie. Zwei ihrer Hosen wurden verkauft, dafür erhält sie 12 Euro von Heike Neumann. Zwei andere Hosen nimmt die Kundin in einem Plastikbeutel wieder mit. So soll das jetzt mit allen laufen, die ihre gebrauchten Kleidungsstücke in der „Schatztruhe“ abgegeben haben. „Ich habe eine Liste mit den Telefonnummern und telefoniere die Leute jetzt nacheinander ab“, sagt Heike Neumann.
Wenn die Leute ihre Sachen nicht wieder zurückhaben möchten, könnte sie in den wenigen Wochen bis zur Schließung auf einem riesigen Kleiderberg sitzen bleiben. Auch deshalb will sie sich bei den Preisen verhandlungsbereit zeigen. „Hauptsache ich werde die Sachen los.“ Was die Leute nicht zurücknehmen, werde sie wohl spenden. „Vielleicht gebe ich es bei der Kleiderkammer ab.“ Damit meint Neumann den schräg gegenüber liegenden „Kleiderladen“, den das Deutsche Rote Kreuz in der zweiten Jahreshälfte eröffnet hatte. Ein Ärgernis für die Schatztruhe-Betreiberin. „Wie sollen wir damit konkurrieren? So macht man Städte kaputt.“
Todesstoß: Ausgelaufene Förderung
Der ausschlaggebende Faktor für das Ende des Secondhand-Landens ist aber das Auslaufen eines günstigen Mietmodells. „Wir hätten ab Januar rund 600 Euro Miete mehr zahlen müssen – netto, ohne Nebenkosten“, verrät Heike Neumann. Deshalb sei Ende September die Entscheidung gefallen, den Laden zu schließen.
Bis Ende des Jahres war die Miete günstiger. Grund dafür war das „Sofortprogramm Innenstadt NRW“, mit dem die Stadt Leerstände vermeiden will. Es sah vor, dass der Vermieter zunächst auf 30 Prozent der letzten Kaltmiete verzichtet. Die Stadt übernahm zusätzlich die Hälfte der alten Kaltmiete, wodurch die Mieter also nur noch 20 Prozent der vorherigen Monatsmiete zahlen mussten.
„Ein guter Gedanke“, findet Heike Neumann. „Aber es hat nicht funktioniert.“ Ohne die Vergünstigung durch die Fördergelder „hätte ich hier ein Negativgeschäft gehabt.“ Auch Unternehmer Louis Burmann war mit seiner „Gelbsolar“-Filiale nach Auslaufen der Förderung aus der Altstadt weggezogen.
Die Vermieter hätten sich sogar noch entgegenkommend gezeigt. Aber es half nichts. Zur Wahrheit gehöre auch, sagt Heike Neumann: „Ich habe unterschätzt, was so ein Laden für einen Aufwand bedeutet. Das Jahr hat mich wirklich geschafft.“ Die Freiberuflichkeit war zwar nichts Neues für Heike Neumann – selbstständig war sie auch vor der „Schatztruhe“ schon, mit einer Hausverwaltungsfirma. Mit Anfang siebzig aber will sie es nach der Schließung ruhiger angehen lassen: „Ich brauche jetzt erstmal ein Jahr Urlaub.“
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