Fünf oder sechs Wochen ist es inzwischen her, da hörte Petra Hagemann das Gerücht über die Schließung des nächsten alteingesessenen Geschäfts in der Castroper Altstadt. Das Komische: Es gibt um ihren eigenen Laden, ihre Brillenphantasie am Markt – die „natürlich nicht“ schließt. Eine „richtig liebe Stammkundin“ habe sie an einem Samstag direkt angesprochen und gefragt, was dran sei an den Gerüchten rund um die Schließung. Beim Wandern habe sie davon gehört. Petra Hagemann fiel aus allen Wolken: „Ich war entsetzt.“ Der Kundin hingegen sei die Augenoptikermeisterin „sehr dankbar, dass sie gefragt hat.“
Petra Hagemann geht anschließend in die Offensive. Im Schaufenster hängt sie einen Zettel auf: „Die Gerüchteküche brodelt in der Stadt? Und wir selber bekommen es erst mit, wenn richtig liebe Stammkunden zu uns kommen, um einfach mal nachzufragen, ob etwas dran ist?“, steht darauf: „Gar nichts dran ist an dem Gerücht, dass wir unser Geschäft schließen!“ Normalerweise hängen im Fenster der Brillenphantasie bunte Zettel mit Gedichten, nun schwarz auf weiß dieses deutliche Statement.
Stille-Post-Prinzip?
Ihre Kunden fragte Petra Hagemann direkt, ob sie von dem Gerücht gehört hätten. Ein Ehepaar, dass zum ersten Mal in der Brillenphantasie ist, erklärte, tatsächlich etwas mitbekommen zu haben. Umso mehr freute sich Petra Hagemann, dass sie als Neukunden trotzdem kamen. Denn so ein Gerücht könne auch geschäftsschädigend werden: „Bei Neukunden habe ich Angst, dass sie nicht kommen, weil sie denken, dass ich eh bald schließe.“ Dabei gebe es seit der Schließung von Mues in der Altstadt vor rund einem Jahr durchaus Menschen, die in der Fußgängerzone auf der Suche nach einem neuen Optiker seien.

Woher das Gerücht überhaupt komme, kann sie sich nicht wirklich erklären. „Da wird offenbar etwas in die Welt gesetzt, von jemandem, der noch nie einen Fuß in meinen Laden gesetzt hat“, sagt sie: „Ich glaube aber nicht, dass es gestreut wurde, um sie zu schaden.“ Eher könnte sich eine Information irgendwann nach dem Stille-Post-Prinzip verselbstständigt haben. „Seit zwei Jahren färbe ich meine Haare nicht mehr und vielleicht dachten manche, dass ich jetzt auch Schluss mache“, sagt sie lachend, aber nur halb im Scherz. Vor kurzem sei sie 56 geworden und da könne sich ja jeder ausrechnen, dass sie noch einige Jahre vor sich habe. „Es läuft Bombe“, sagt Petra Hagemann, die die Brillenphantasie vor über 24 Jahren übernahm, nachdem ihr Vater damals plötzlich verstorben war.
Das Gerücht kann weg
Wenn sie dann irgendwann aber tatsächlich in Rente geht, wolle Petra Hagemann es ihren Kundinnen und Kunden ein oder sogar zwei Jahre im Voraus mitteilen, damit diese sich entsprechen darauf vorbereiten können. Genau so habe sie es vor einigen Jahren auch gemacht, als sie die Öffnungszeiten verkürzte. In den letzten Jahren wolle sie dann irgendwann eine „Abschiedstournee zelebrieren“. Aber bis dahin dürfte es noch einige Jahre dauern. „Und da das noch Zeit hat, kann das Gerücht jetzt weg“, heißt es auf dem Zettel im Schaufenster.

Ab dem 28.4. (Montag) macht die Brillenphantasie bis zum 6.5. (Dienstag) erstmal Urlaub. So lange bleibe der Zettel noch im Schaufenster, danach wird er abgehängt. Geschadet, wie ein Kunde befürchtete, habe er jedenfalls nicht.