
© Ann-Kathrin Gumpert
Frohlinde: Ein ruhiger Stadtteil im Grünen ohne eigene Einkaufsmöglichkeiten
Stadtteilcheck
Ein Neubaugebiet für Familien, viel Grün am Mühlenteich und der Golfclub: Das alles ist Frohlinde. Zum dörflichen Kern gehören aber auch Mankos - vor allem bei Einzelhandel und Gastronomie.
Laura und Jan Dilchert (beide 30) wohnen mit Töchterchen Mara (19 Monate) im Grünen. Das Reihenhaus in Frohlinde ist von viel Wald, Feld und Wiese umgeben. Ein Paradies für den Nachwuchs.
Laura Dilchert ist schon in diesem Haus großgeworden. Als sie und ihre beiden Geschwister aus dem Haus waren, zogen die Eltern in eine kleinere Wohnung um. Laura und ihr Mann Jan nutzten die Chance und übernahmen 2015 das Haus, zogen von Habinghorst nach Frohlinde. Dort fühlen sie sich pudelwohl. „Es ist schön ländlich und ruhig hier, aber wir können alles, was wir brauchen, auch fußläufig in 15 Minuten erreichen“, sagt Laura Dilchert.
Denn Frohlinde liegt strategisch gut zwischen Schwerin und Dortmund-Kirchlinde. Dort gibt es die Einkaufsmöglichkeiten, die in Frohlinde fehlen. Die Wege sind kurz - auch zu den Autobahnen. So erzielt Frohlinde im Stadtteilcheck, genau wie der städtische Durchschnitt, 8 von 10 Punkten bei der Verkehrsanbindung. Bei der Lebensqualität liegt Frohlinde mit 9 Punkten sogar über dem städtischen Durchschnitt (8 Punkte).
Laura Dilchert hat in Frohlinde schon ihre Kindheit verbracht. Sie ist es gewohnt, dass sich die Freizeit der Frohlinder auch in den angrenzenden Stadtteilen abspielt. „Als Jugendliche waren wir oft im Café Frosch auf Schwerin“, so die 30-Jährige. Denn Freizeitangebote gibt es nur wenige in Frohlinde. „Die Kolpingfamilie ist da der einzige Anlaufpunkt.“ Sie organisiert zum Beispiel das große Familienfest, das jährlich das ganze Dorf zusammenbringt. Einen zentralen Treffpunkt für den Rest des Jahres gibt es in Frohlinde nicht. Der Golfclub spielt nur unter Golfern eine Rolle, ist aber sonst kein Teil der Dorfgemeinschaft. „Er stört uns aber auch überhaupt nicht“, sagt Jan Dilchert.
Das wurde in der großen Umfrage (noch) gut bewertet
Sauberkeit: Frohlinde ist ein sauberer Stadtteil. 9 Punkte gibt es im Check, der stadtweite Durchschnitt liegt bei 7. Das bestätigen Laura und Jan Dilchert. Aber etwas stört häufig, vor allem auf den Bürgersteigen: „Hier gibt es so viele Hundehaufen, die keiner wegmacht“, sagt Jan Dilchert. Ständig fahre man mit dem Kinderwagen durch, der Haufen klebe dann am Rad. Das ist unangenehm. „Da regen wir uns häufig drüber auf“, sagt Jan Dilchert.
Grünflächen: Volle Punktzahl für Frohlindes Grünflächen. Grundsätzlich bewerten die Castrop-Rauxeler ihre Grünflächen aber ohnehin sehr gut (Durchschnitt 9 Punkte). Nicht umsonst heißt es „Europastadt im Grünen“ - und das mitten im Ruhrgebiet. „Wir verbringen einen großen Teil unserer Freizeit in Frohlinde“, sagt Papa Jan Dilchert. „Wald, Fluss, Feld und Wiese - wir haben alles direkt um die Ecke“, ergänzt Mama Laura. Töchterchen Mara liebe es, Steine in den Fluss zu schmeißen. „Damit kann man sie stundenlang beschäftigen. Mal sehen, wie das ist, wenn sie älter ist.“
Auch Rudolf Wagener lobt die Naherholungsgebiete des Stadtteils. Der 83-Jährige wohnt schon sein Leben lang in Frohlinde. „Wir haben hier wundervolle Wanderwege mit Sitzgelegenheiten“, so Wagener. „Nicht umsonst haben wir früher immer ‚wanderbares Frohlinde‘ gesagt.

Der Mühlenteich ist beliebtes Ausflugsziel in Frohlinde. Die Initiative „Rettet den Mühlenteich“ setzt sich für den Erhalt des kleinen Naherholungsgebiets ein. © Matthias Stachelhaus
Beliebtes und bekanntes Ziel in der Freizeit ist der Mühlenteich. Der wurde im vergangenen Jahr im Zuge der Brandheide-Sanierung entschlammt. Die zunehmende Verlandung soll damit ein für alle Mal ein Ende haben. Die Bürgerinitiative „Rettet den Mühlenteich“ setzt sich für den Erhalt des Teichs ein. Dazu fragt sie auch immer wieder die Frohlinder, was sie sich für das kleine Naherholungsgebiet Mühlenteich wünschen.
Sicherheit: Die Frohlinder fühlen sich in ihrem Stadtteil sicher. 8 Punkte gibt es, das liegt knapp über dem stadtweiten Durchschnitt von 7 Punkten. Die Dilcherts bestätigen dieses Gefühl, auch wenn 2014 in ihr Haus eingebrochen wurde. Damals wohnten aber noch die Eltern dort, mittlerweile haben sie dich Sicherheitsvorkehrungen erhöht. „Wenn man mal abends mit dem Bus ankommt, habe ich jedenfalls keine Angst, alleine nach Hause zu laufen“, sagt Laura Dilchert.
Das wurde negativ bewertet
Gesundheit: Frohlinde bekommt hier nur 6 Punkte und schneidet damit schlechter ab als der stadtweite Mittelwert (8 Punkte). „Einen Arzt gibt es in Frohlinde nicht“, sagt Jan Dilchert. Zum Hausarzt fährt die Familie nach Habinghorst, wo sie vorher gewohnt hat. „Wenn man einen guten Hausarzt gefunden hat, will man den ja auch nicht wechseln“, sagt Laura Dilchert. Mit Tochter Mara müssen sie nach Ickern fahren, der Kinderarzt in Kirchlinde hat Aufnahmestopp. „Mit dem Auto geht das aber“, sagt Jan Dilchert. „Für Senioren ohne Auto ist es bestimmt schwieriger.“ Rudolf Wagener kennt das Problem. Der 83-Jährige muss alle Erledigungen mit dem Auto machen.

Gastronomie: Mit 4 Punkten schneidet Frohlinde in diesem Punkt am schlechtesten ab. Der städtische Durchschnitt liegt bei 6 Punkten. „Wir haben hier nur das Haus Ratte“, sagt Laura Dilchert. „Aber da ist ja eher eine Kneipe als ein Restaurant.“ Sonst gibt es nur ein Café beim örtlichen Bäcker. Essen gehen in Frohlinde ist also nicht möglich. Hierfür müssen Frohlinder in andere Stadtteile fahren. „Als ich noch ein Kind war, gab es zumindest einen Kiosk. Da waren wir in fünf Minuten und konnten ein paar Bonbons kaufen“, sagt Laura Dilchert. Den würde sich die Familie jetzt auch wieder im Stadtteil wünschen. Von früher fünf Gaststätten ist nur eine übriggeblieben“, bestätigt Rudolf Wagener.
Familienfreundlichkeit: Auch hier vergeben die Frohlider für ihren Stadtteil nur 6 Punkte. Damit liegt der Stadtteil aber genau im städtischen Mittel (6 Punkte). „In unserem Viertel wohnen viele ältere Menschen“, sagt Laura Dilchert. „Aber es gibt in Frohlinde auch viele junge Familien.“ Sie und ihr Mann finden Frohlinde perfekt für die kleine Familie. „Wir können hier spazieren gehen, haben viele Grünflächen“, so Laura Dilchert. „Das ist super für Mara, denn sie ist ein richtiges Draußen-Kind“. Auch die zwei Kindergärten und die Grundschule sind für sie fußläufig erreichbar.

Viele Freizeitangebote gibt es in Frohlinde nicht. Beim Familienfest der Kolpingsfamilie trifft sich aber das ganze Dorf. © Thomas Schroeter
Was die beiden sich aber noch wünschen, ist ein Kinderspielplatz. „In meiner Kindheit gab es noch einen Spielplatz am Mühlenteich, aber der ist Geschichte“, sagt Laura Dilchert. Der neue Spielplatz in der Neubausiedlung sei nicht ideal. „Da gibt es im Sommer keine Schattenplätze“, sagt Jan Dilchert.
Wohnen: Nur 5 von 10 Punkten gibt es für das Wohnen in Frohlinde. Damit liegt der Ortsteil knapp unter dem Mittel in Castrop-Rauxel (6 Punkte). „Wir wohnen total gerne hier“, sagt Familie Dilchert. Aber: Etwas passendes in Frohlinde zu finden, sei gar nicht so einfach. „Wenn wir nicht das Glück mit dem Haus meiner Eltern gehabt hätten, würden wir jetzt nicht in Frohlinde wohnen“, sagt Laura Dilchert. „Die meisten Häuser hier gehen unter der Hand weg, an Verwandte oder Bekannte.“ Sonst sei eine eigene Immobilie hier auch „unbezahlbar“.
Als Frohlinde Teil einer gemeinsamen Siedlung war
Frohlinde wurde erstmals im 12. Jahrhundert im Heberegister des Klosters Werden urkundlich erwähnt. Schon vorher bildete die Bauerschaft zusammen mit Merklinde und Kirchlinde den Siedlungsbereich „Linne“. Noch heute ist der Begriff „Linnedörfer“ dafür durchaus bekannt. Das Gut Frohlinde ist seit dem 13. Jahrhundert im Besitz der Grafen von Kleve, Inhaber des Gerichts Castrop. 1926 nahm die neu gegründete Stadt Castrop-Rauxel Frohlinde als Stadtteil auf.
Golfspielen in der Arbeiterstadt? Kaum zu glauben. Bis der 1987 gegründete Golfclub in den 90er-Jahren richtig durchstartete. © Helmut Orwat
Gehört zur Generation „Ich mach was mit Medien“. War schon als Kind Fan von der rasenden Reporterin Karla Kolumna. Nach der Ausbildung zur Medienkauffrau und dem Journalistik-Studium im Ruhrgebiet „hängen geblieben“. Vorher in Düsseldorf zu Hause, jetzt schon fast echte Bochumerin.
